Essen. Die Evangelische Kirche in Essen verabschiedet ihren Schulreferenten Dietmar Klinke. Der Nachfolger ist Reli-Lehrer an einer Brennpunktschule.
Die Evangelische Kirche in Essen bekommt einen neuen Schulreferenten. Alexander Maurer (52) löst im Februar des nächsten Jahres Dietmar Klinke (63) ab, der in Ruhestand tritt. Der Schulreferent des Kirchenkreises ist für die rund 550 evangelischen Religionslehrer in der Stadt zuständig – er begleitet sie unter anderem mit Fort- und Weiterbildungen. Wobei Maurer künftig auch für die Religionslehrer in den Städten Mülheim und Oberhausen zuständig sein wird – ständig schrumpfende Steuereinnahmen machen bei der Kirche neue Zuschnitte in der Zuständigkeit notwendig.
Dietmar Klinke, der 1976 am Helmholtz-Gymnasium sein Abi machte und nach dem Theologie-Studium zunächst als Pfarrer arbeitete, später zwölf Jahre lang Berufsschulpfarrer am Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg war und den Job des Schulreferenten der Evangelischen Kirche ab 2006 innehatte, betont zum Abschied: „Der Religionsunterricht gehört zum Bildungsauftrag der Schulen. Daran musste man häufiger erinnern.“
Das Schulfach Religion wird gerne weggedrängt
Das heißt: Immer wieder führte Klinke Gespräche mit Schulleitern, die Schulgottesdienste ausfallen lassen wollten. Oder die Religionsstunden gerne an den Rand des Stundenplans verlegten – sodass sie im Zweifel geräuschlos ausfallen können.
Aufbau einer eigenen Schule scheiterte
In Dietmar Klinkes Amtszeit fällt auch der vier Jahre andauernde Versuch der Evangelischen Kirche in Essen, eine eigene Gesamtschule zu gründen. Sie sollte entstehen im Gebäude der damaligen Gesamtschule Süd in Stadtwald.
Das Konzept war fertig, auch Personal stand schon bereit, doch das ehrgeizige Vorhaben scheiterte im Jahr 2013 am Ende intern – zu groß schien das finanzielle Wagnis, eine inklusive Gesamtschule bei damals noch sinkenden Schülerzahlen auf den Weg zu bringen.
Die Zahl der Kirchenmitglieder schrumpft, Milieus lösen sich auf, jahrzehntelange Bindungen werden brüchig und Zusammenhalte – auch in den Gemeinden – werden in Frage gestellt. In dieser Zeit seien Antworten auf die existenziellen Fragen, die junge Leute ungebrochen hätten, um so wichtiger: „Wo sonst als im Religionsunterricht können Sie über den Sinn des Lebens sprechen, Fragen der Weltdeutung und Orientierung artikulieren und junge Leute begleiten, die auf der Suche nach ihrer Identität sind?“, fragt Klinke.
Kooperativer Unterricht für Muslime und Christen ist vielerorts Alltag
Die größte Herausforderung in seiner Amtszeit war die beständige Frage nach der Neuorganisation des Religionsunterrichts über Konfessionsgrenzen hinweg – und, an vielen Schulen, auch über Glaubensfragen. „Die Zahl der muslimischen und konfessionslosen Schüler steigt ständig. Den Religionsunterricht gemeinsam mit Muslimen, Christen und Kindern anderer Religionen zu gestalten, ist eine wichtige Aufgabe, vor allem in Ballungsgebieten“, sagt Klinke. Seit 2018 ist dieser „kooperative Unterricht“ offiziell möglich; Schulen müssen ihn beantragen. Klinke ist sich sicher: „Es können sehr gute Momente des gemeinsamen Lernens entstehen, wenn der Religionsunterricht von Lehrern verschiedener Konfessionen und Glaubensrichtungen vorbereitet wird.“
Diese Erfahrung hat sein Nachfolger Alexander Maurer längst gemacht: Der studierte Theologe hat in den letzten 13 Jahren als Religionslehrer an der Gesamtschule Bockmühle in Altendorf gearbeitet. „An unserer Schule unternehmen wir den Versuch, Religion im Klassenverband zu unterrichten. Es ist eine Herausforderung, doch sie lohnt sich.“ Darüber hinaus will Maurer – jenseits des Themas Integration – das Augenmerk auf ein „echtes Markenzeichen der evangelischen Schulpädagogik in Essen“ richten: „Die Inklusion. Ein so wichtiges Thema für die Gesellschaft, mit dem sich die Evangelische Kirche in Essen schon sehr lange beschäftigt.“
Extremismus sei kein „exklusiv islamisches Problem“
Zum Wesen des Religionsunterrichts zähle außerdem, die Kinder und Jugendlichen stark zu machen für Kritik an Religion: In Zeiten von Verschwörungstheorien und populären Extremisten sei das übrigens „kein exklusiv islamisches Problem“, hat Maurer festgestellt. Entscheidend sei, so früh wie möglich Kinder in der Schule in Berührung zu bringen mit spirituellen Fragen – und Antworten zu liefern.
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