Essen. Beim Essener Budenzauber wird wegen Corona kräftig abgespeckt. Statt eines Weihnachtsmarktes gibt es 24 Buden in der Innenstadt.
Budenzauber unterm Sternendach, Massen, die sich durch enge Gassen drängen, Poffertjes und peruanische Kartoffeln… – All das, was den Essener Weihnachtsmarkt seit Jahrzehnten so beliebt macht, wird es in diesem Jahr nicht geben.
Die offizielle Absage aus Berlin steht zwar noch aus. Erst am Mittwoch wird die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten darüber beraten, wie es in der Corona-Krise weitergehen soll. Spezialmärkte – dazu zählen auch Weihnachtsmärkte – sind bis zum 30. November verboten. Die Essen-Marketing-Gesellschaft (EMG) rechnet jedoch nicht damit, dass dieses Verbot alsbald aufgehoben wird.
Was nun? Ab Donnerstag werden in der Innenstadt zwischen Willy-Brandt-Platz, Porschekanzel und Kennedyplatz insgesamt 24 Weihnachtsbuden aufgebaut. Die Hütten werden so platziert, dass maximal acht beieinanderstehen und das auch nur mit genügend Sicherheitsabstand. Denn die Kunden sollen sich aus Hygienegründen beim Bummeln nicht zu nahe kommen.
Die Essen-Marketing-Gesellschaft versucht, zu retten, was zu retten ist
Einige Buden stehen schon. Die ersten öffnen am Freitag, die letzten am Mittwoch der kommenden Woche, kündigt EMG-Geschäftsführer Richard Röhrhoff an. Vor die Marktkirche kommt bis dahin noch eine große Naturtanne, und mit Einbruch der Dunkelheit wird auch der künstliche Sternenhimmel über dem Kennedyplatz angeknipst. Röhrhoff verspricht: „Das wird schön.“ Trotz allem.
Es ist der Versuch zu retten, was noch zu retten ist an weihnachtlichem Flair und Umsatz in diesen schweren Zeiten von Corona. An „Plan C“ arbeitet die Marketinggesellschaft schon länger. Vor zwei Wochen wurden Händler befragt, ob sie mitmachen würden bei einem Weihnachtsmarkt in abgespeckter Form.
„Plan B“ war da bereits überholt
. „Das Interesse war groß“, berichtet Röhrhoff, der 30 Hütten zu vergeben hat. Nun werden es 24.
„Es hätten auch mehr sein können, aber wir wollten nicht immer wieder das gleiche Sortiment“, so der EMG-Chef. Glühwein gehört dazu. Den gibt es allerdings nur im Becher „to go“.
Bei den Standgebühren ist die EMG den Händlern entgegengekommen
Bei den Standgebühren ist die EMG den Händlern laut Röhrhoff entgegengekommen. Sie zahlen nur die Hälfte des sonst üblichen Preises. Dennoch scheut so mancher das wirtschaftliche Risiko. Schmuckdesigner Uwe Kobrink nutzt den Weihnachtsmarkt sonst als Schaufenster. Diesmal nicht. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Leute wegen der paar Buden in die Innenstadt kommen.
Petra Deppe verfügt sogar über einen eigenen Verkaufsstand.
Die Designerin stellt Schmuckstücke
her als Unikate oder in kleinen Serien. Sie hatte sich nach eigenen Worten bereits darauf eingestellt, dass der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr nicht wie gewohnt stattfinden wird. Die Produktion jetzt wieder hochzufahren, um ihren Stand ausreichend zu bestücken, das wäre gar nicht möglich. Ihre Mitarbeiterin sei in Kurzarbeit, Saisonkräfte, die sie sonst vor Weihnachten beschäftigt, hätten sich andere Jobs gesucht. Ohnehin wäre es wegen Corona ein anderer Weihnachtsmarkt geworden, ist sie überzeugt. Wie sollte auch richtige Weihnachtsstimmung aufkommen?
Klaus Christian Meyer-Oetzmann bietet seit 43 Jahren auf dem Essener Weihnachtsmarkt Jasmin, Patchouli und andere seltene wie erlesene Düfte aus fernen Ländern an. Das 44. Mal fällt aus. 1000 Euro Umsatz pro Tag müsse er machen, damit sich ein Verkaufsstand für ihn rechnet. Dass die Weihnachtsbuden genügend Kundenfrequenz bringen, daran mag auch er nicht glauben. „Da müssen wir jetzt durch“, sagt Meyer-Oetzmann über die Corona-Krise. Sein Glück: Als Duftdesigner habe er einen festen Job. Und: Patchouli ist nicht verderblich.
Der Bund hat zudem „Novembergeld“ in Aussicht gestellt: 75 Prozent des Umsatzes abzüglich Fixkosten. Auf die Steuerberater kommt Arbeit zu. Auch die EMG denkt darüber nach, finanzielle Hilfe zu beantragen. „Aber noch sind die Regeln nicht raus“, so Röhrhoff.
Gut möglich, dass mancher Händler lieber darauf baut, bevor er sich mit einer Bude in der Innenstadt ins wirtschaftliche Risiko wagt. Andere, so sein Eindruck, wollten nicht länger Zuhause sitzen, sondern endlich wieder raus auf die Straße. Wer will, kann bis Ende Februar bleiben. So lange hat die Stadt Essen den abgespeckten Budenzauber genehmigt.