Essen. Arbeitnehmern in Essen bleibt von ihrem Gehalt am Monatsende am meisten übrig. Die Wirtschaftsförderung sieht darin eine wichtige Werbebotschaft.

Der Stepstone-Kostenreport zeigt: In Essen bleibt den Arbeitnehmern im Vergleich aller Großstädte am meisten von ihrem Gehalt übrig. Wie die Wirtschaftsförderung mit diesem Ergebnis umgeht, dazu ein Interview mit der Chef der Essener Wirtschaftsförderung Andre Boschem.

Herr Boschem, hat Sie das Ergebnis der Stepstone-Studie überrascht?

Nein. Dass Essen als Wohn- und Arbeitsort höchst attraktiv ist, ist uns bewusst. Die Unternehmen vor Ort locken mit spannenden und zukunftsfähigen Jobs mit relativ hohen Gehältern. Gleichzeitig sind die Kosten für die hervorragenden Wohn-, Freizeit- und Nahversorgungsmöglichkeiten in der Stadt im Vergleich der großen deutschen Metropolen niedrig. Kurzum: Hier lohnt es sich, zu leben.

Wie entscheidend ist das Verhältnis Gehalt und Lebenshaltung aber tatsächlich, wenn es darum geht, Fachkräfte nach Essen zu ziehen?

Der Unternehmensstandort und das Gehalt sind zentrale Faktoren bei der Entscheidung für einen Job. Hier stehen wir im ständigen Wettbewerb mit den anderen deutschen Großstädten. Wenn allerdings in Essen nach Abzug der Lebenshaltungskosten mehr vom Einkommen übrig bleibt, ist das ein wesentlicher Aspekt, den Jobsuchende in ihre Überlegungen einfließen lassen. Insbesondere in der Kreativwirtschaft stellen wir fest, dass immer mehr junge Leute Essen als Wohn- und Arbeitsort Berlin, Hamburg oder München vorziehen. Eben weil die beruflichen Chancen auch hier hoch sind und sich das Wohn- und Freizeitangebot in Essen nicht hinter dem Angebot der Millionenmetropolen verstecken muss – und das bei deutlich weniger Ausgaben.

Dennoch liegen andere Regionen wie München oder Berlin meist in der Gunst der Arbeitnehmer vorn und nicht Essen. Woran liegt das dann?

Leider haftet uns bei dem ein oder anderen immer noch das Image einer Region der rauchenden Schlote an. Dass dies längst nicht mehr der Fall ist, dass wir in puncto Lebens- und Aufenthaltsqualität viel zu bieten haben, dürfte dem Großteil der Bevölkerung mittlerweile bekannt sein. Dazu haben wir gemeinsam mit der Essen Marketing GmbH beigetragen. Mit Kampagnen wie „In Essen geht alles“ zeigen wir selbstbewusst die Stärken unserer Stadt in wirtschaftlicher und touristischer Hinsicht.

Mit welchem Erfolg aber?

Wer sagt denn eigentlich, dass München, Frankfurt oder Stuttgart bei Arbeitnehmern beliebter sind? Die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sprechen eine andere Sprache: Zwischen März 2019 und März 2020 stieg deren Zahl in Essen um 2,7 Prozent. In Düsseldorf lag die Steigerung bei 2,4 Prozent, in Frankfurt bei 2,1 Prozent, in München bei 2,0. Hamburg kam in dem Zeitraum auf ein Plus von 1,9 Prozent, Köln von 1,7 Prozent und in Leipzig lag es bei 1,4 Prozent. Lediglich Berlin hat uns mit 2,9 Prozent übertroffen. Dies zeigt: Essen erfreut sich als Arbeitsstandort wachsender Beliebtheit.

Was aber muss Essen tun, dass ein solcher Gehaltsvorteil, der ja ein Standortvorteil ist, bekannter wird?

Als Wirtschaftsförderung gehört es zu unseren Aufgaben, Essen als lebenswerten und erfolgreichen Wirtschaftsstandort national und international zu positionieren, um ihn weiter bei Unternehmen und Fachkräften in den Fokus zu rücken. Standortvorteile wie beispielsweise die niedrigen Lebenshaltungskosten bei hoher Lebensqualität lassen wir dabei natürlich nicht unerwähnt. Aber auch Essener Unternehmen können bei Stellenausschreibungen diese Standortvorteile anbringen. Insbesondere die großen Konzerne vor Ort, die national und international auf Personalsuche sind, sind ideale Werbeträger für unsere Stadt.

Hier finden Sie den gesamten Bericht zum Kostenreport

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