Ein letztes Mal Singen vor dem Lockdown: Der Tenor Dmitry Ivanchey erzählt, wie es ihm vor dem Auftritt am Samstagabend im Aalto-Theater geht.
Seit der Spielzeit 2016/2017 ist der Tenor Dmitry Ivanchey (35) Ensemblemitglied des Aalto-Theaters Essen. Hier sang er zuletzt unter anderem den Herzog von Urbino („Eine Nacht in Venedig“), Don Ottavio („Don Giovanni“), Rodrigo („Othello“) und den Tamino („Die Zauberflöte“). Am heutigen Samstag, 31. Oktober, steht er um 19 Uhr in der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß in Essen als Alfred auf der Bühne. Alle 250 Karten sind verkauft. Danach muss der Sänger wieder in die Zwangspause.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie heute Abend im Aalto nur einmal in der „Fledermaus“ als Tenor auf der Bühne stehen und danach wieder bis zum Dezember Pause ist?
Natürlich fällt es mir schwer, auf weitere Aufführungen in nächster Zeit zu verzichten. Ich leide mit meinen Zuhörern. Sie sind durch die Einschränkungen, durch den Kummer um ihre Gesundheit und um die ihrer Liebsten und durch die Ungewissheit bezüglich ihres Jobs und des geregelten Lebens vorbelastet. Die Oper könnte sie jetzt wie noch nie zuvor unterstützen und ihnen Trost spenden. Aber jeder muss seinen Teil dazu beitragen, zur Normalität zurückzukehren. Und das muntert mich auf. Ich erhalte zahlreiche Nachrichten von Menschen, die durch die pandemische Situation nicht zu den Aufführungen erscheinen können.
Wie haben Sie bis jetzt die Zeit mit Corona als Sänger erlebt? Was ermutigt Sie?
Auch interessant
Am Anfang der ersten Pandemiewelle war ich ziemlich traurig und verwirrt. Nach ungefähr einer Woche fiel mir plötzlich ein, dass es so viel gibt, wofür ich vorher keine Zeit hatte. Ich habe angefangen, Lieder aufzunehmen, in denen ich als “einköpfiges Ensemble” auftrete. Ich freue mich über den Erfolg meines Musikvideos „Hallelujah for the world“. Es hatte nach einigen Tagen bereits etwa 10.000 Views auf verschiedenen Kanälen. Und nun bereite ich ein Online-Konzert, das am 25. November auf meiner Facebook-Seite stattfinden soll, vor. Dort singe ich zahlreiche Stücke der russischen Musik: Arien, Romanzen und alte Kirchenchormusik. Außerdem nehmen meine Frau und ich zurzeit einige interessante Sachen für weitere Projekte auf.
Wie halten Sie Ihre Stimme fit?
Zuerst einmal bin ich meinen Nachbarn sehr dankbar, dass sie so freundlich und geduldig sind, wenn ich zu Hause singe. Um meine Stimme fit zu halten, übe ich jeden Tag. Dadurch sind sie auch die Ersten, die meine Aufnahmen fast auswendig kennen. Nach dieser großen Pause war es natürlich schwer, zum normalen Arbeitsrhythmus zurückzukehren. Aber ich freue mich, nun wieder meinem Publikum begegnen zu können.