Essen-Steele. Mit Affen-Maske durch den Pandemie-Alltag: Tipps einer Theaterpädagogin. Ein weiterer: Club der anonymen Romantiker, um Horror zu unterbrechen.

Sie ist diplomierte Chemie-Ingenieurin, Ökosystemforscherin, Lehrerin, Theaterpädagogin und Interaktions-Künstlerin: Katrin Sasse wohnt in Essen-Steele und ist ein neugieriger, ein kreativer Mensch. Und doch dauerte es, bis sie abseits der Trampelpfade ihren Platz gefunden hatte. Nach einer Krebserkrankung krempelte sie ihr Leben um und machte sich mit Theaterpädagogik selbstständig. Nun sucht sie nach Lösungen, um gut durch die Pandemie zu kommen. Ihre Herangehensweise: Psycho-Komik.

Natürlich fehlten nun die Einnahmen, auch sie mache sich Gedanken um die Zukunft: „Politik und Medien teilen uns mit, was alles nicht mehr geht. Private Kontakte, Vergnügungen, Sport, Kultur.“ Sie wolle aber lieber wissen: „Was geht denn überhaupt noch? Wie können wir trotz strenger Regeln künstlerische Konzepte realisieren?“

Für viele Menschen bedeutet die Pandemie großen Stress

„Einschränkungen machen aggressiv. Nicht handeln zu können, macht psychisch krank“, ist Katrin Sasse überzeugt und rät davon ab, sich zurückzuziehen.
„Einschränkungen machen aggressiv. Nicht handeln zu können, macht psychisch krank“, ist Katrin Sasse überzeugt und rät davon ab, sich zurückzuziehen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Katrin Sasse plant interaktive Urban-Art-Projekte. Ihr gehe es darum, ein Gemeinschaftsgefühl zu bewahren und das „Wir“ im „Ich“ zu entdecken. Denn für immer mehr Menschen bedeute die Pandemie großen Stress. In ihrer Existenz bedrohte Künstler, beruflich überlastete oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen, vereinsamende Alte: „Einschränkungen machen aggressiv. Nicht handeln zu können, macht psychisch krank.“

Katrin Sasse möchte ihren Mitmenschen helfen, im Schweren das Leichte zu sehen und dabei mehr im Moment zu leben: „Nicht immer darüber nachdenken, was in der Vergangenheit alles schief gegangen ist und was in der Zukunft alles falsch laufen könnte.“ Ganz im Moment ist Katrin Sasse zum Beispiel, wenn sie sich vormittags auf einen ausgedehnten Spaziergang durch die Steeler Natur begibt, über die Höhenzüge wandert, wenn sie am Fünfkirchenblick das Panorama genießt.

Kreative Pfade im öffentlichen Raum schaffen

Den Moment genießen beim ausgedehnten Spaziergang durch die Steeler Natur: So lautet eine Empfehlung von Katrin Sasse.
Den Moment genießen beim ausgedehnten Spaziergang durch die Steeler Natur: So lautet eine Empfehlung von Katrin Sasse. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Ihre Herangehensweise als Theaterpädagogin bezeichnet sie selbst als „Psycho-Komik“. Negative Emotionen könnten der Gesundheit schaden: „Wir müssen lernen, die Angst loszulassen. Sonst werden wir krank. In Zeiten der Krise müssen wir uns auf ungewohnte und ungewollte Situationen einstellen.“

Doch wie kann man derzeit noch helfen, ohne Leute zu gefährden? Da biete sich der öffentliche Raum an, sagt Katrin Sasse, und möchte Kreativ-Pfade schaffen. Die Menschen sollen sich bewegen und an der frischen Luft mit der Natur beschäftigen. Dabei mit ihrer oft verschütteten Kreativität spielen: Ein Bein aufs Geländer legen und davon ein Foto im Netz posten. Oder am Aussichtspunkt den Blick schweifen lassen und tanzen.

Den Alltag mit mehr Humor und Gelassenheit genießen

An Ort und Stelle wird ein QR-Code hinterlegt mit passender Musik. Die kreative Idee stellt sie in ihre Facebook-Gruppe „Katy´s Corona-Loch“. Dort möchte sie aufzeigen, wie man seinen Alltag mit mehr Humor und Gelassenheit genießen kann. Es gebe da eine Yoga-Übung, die nenne sich „gelangweilter Gorilla“. Prompt zieht Katrin Sasse eine Affenmaske hervor und verwandelt auch ihre Körperhaltung: „Wie wäre es, sich selbst eigene Yoga-Übungen auszudenken und die in eine Internetstory zu posten?“

Kreative Impulsgeber vernetzen

Katrin Sasse ist Mitglied im Unternehmerinnenverband „Schöne Aussichten“ Ruhrgebiet und gründete 2012 „Transforming smart - Die Kunst der Veränderung“.

Ein kreatives Netzwerk von Menschen, denen es ein Anliegen ist, sich in Situationen des Umbruchs neu zu erfinden: „Ich sammle Menschen mit verschiedenen Ressourcen. Menschen, die sich nicht von der Angst paralysieren lassen wollen. Im Grunde gibt es doch viele von uns Impulsgebern. Wir müssen uns nur vernetzen.“

Kontaktdaten zu Katrin Sasse und weitere Informationen sind unter www.transforming-smart.de zu erhalten.

Wenn Karneval schon ausfallen müsse, könne man dann nicht mit einer Maske als Freddie Mercury verkleidet einkaufen gehen? Reaktionen und Interaktionen dürften garantiert sein. Sie möchte alte Rituale reaktivieren, zum Beispiel den Club der anonymen Romantiker gründen: „Für alle Verliebten, die sich zurzeit nicht treffen können. Die dann ihre Liebesbriefe hinter Bäumen verstecken.“

Kunstausstellung am Bauzaun rund um das Kulturforum Steele

Eine Art, mit verschütteter Kreativität zu spielen, erklärt Katrin Sasse: Ein Bein aufs Geländer legen und davon ein Foto im Netz posten.
Eine Art, mit verschütteter Kreativität zu spielen, erklärt Katrin Sasse: Ein Bein aufs Geländer legen und davon ein Foto im Netz posten. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Katrin Sasse möchte leerstehende Geschäfte nutzen und dort temporäre Mini-Museen eröffnen. Oder eine Kunstausstellung an den Bauzaun rund um das Kulturforum Steele hängen. Eine pfiffige Idee aus München nach Essen bringen: Die Art-Schnitzel ist eine Kunst-Schnitzeljagd, bei der Künstler ihre Werke im öffentlichen Raum verstecken und sie bei Instagram posten. Auf den Fotoposts erkennt man, wo sich die Kunstwerke befinden und die Jagd beginnt. Wer sie findet, darf sie behalten. Man macht zuvor ein Foto von der Auffinde-Situation und teilt das digital.

Wie das aussehen könnte, demonstriert sie am Fünfkirchenblick. Auf einem Baumstumpf versammelt sie Kleinstkunstwerke und fotografiert die Komposition. Katrin Sasse ist überzeugt: „Wir brauchen Unterbrechungen des Horrors.“ Daher hält sie es für grundverkehrt, sich gänzlich zurück zu ziehen: „Wir Menschen sind Herdentiere und brauchen soziale Kontakte.“