Essen/Mülheim. Das Polizeipräsidium Essen hat zwei Dienstgruppenleiter angezeigt. Sie sollen die Körperverletzung eines Festgenommenen gedeckt haben.
Das Polizeipräsidium Essen hat zwei vorgesetzte Polizeibeamte wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt angezeigt. Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg, Marie Fahlbusch, auf Anfrage bestätigt, seien die Anzeigen bereits Anfang Oktober erstellt worden. Medienberichten zufolge gibt es in dem aktuellen Fall Bezüge zum mutmaßlichen rechten Netzwerk im Polizeipräsidium Essen-Mülheim.
Die Anzeigen richten sich offenbar gegen zwei Dienstgruppenleiter des Polizeipräsidiums. Sie sollen die mutmaßliche Körperverletzung eines Festgenommenen durch einen 39 Jahre alten Polizisten gedeckt haben. Dieser soll der rechtsextremen Chat-Gruppe angehören, die Mitte September ins Visier des Innenministers geraten ist. In Polizeikreisen halten sich außerdem Gerüchte, wonach es von dieser Misshandlung ein Video geben soll.
Prügelvorfall in der Wache: Zwei Polizistinnen sagen unterschiedlich aus
Wie diese Zeitung Anfang Oktober berichtete, soll es zu der „Körperverletzung im Amt“ Anfang 2019 gekommen sein. Der Festgenommene, ein Deutscher mit Wurzeln in Montenegro, hatte den 39 Jahre alten Beamten beschuldigt, von ihm in der Wache Mülheim geschlagen worden zu sein. Der Polizeibeamte bestritt dies und eine Kollegin bestätigte dies.
Als die Ermittlungen gegen den Polizisten eingestellt waren, kam der Festgenommene vor Gericht: wegen falscher Verdächtigung. Doch im Prozess sagte laut Staatsanwaltschaft eine zweite Polizistin aus, dass der Kollege tatsächlich zugeschlagen habe, als der Mann schon gefesselt war. Daraufhin gingen die Ermittlungen gegen den 39-Jährigen wegen „Körperverletzung im Amt“ erneut weiter.
Ermittlungen auch gegen Beamtinnen wegen Strafvereitelung im Amt
Nicht nur gegen die beiden Dienstgruppenleiter wird nun ermittelt, auch gegen die beiden Polizistinnen, die Augenzeuginnen des Vorfalls in der Wache gewesen sein sollen, wird wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt.
Die zweite Beamtin soll ihren Kollegen nach einem Bericht des Kölner Stadtanzeigers erst später belastet haben. Zuletzt habe sie in einer internen Befragung ausgesagt, sie habe den Vorfall bereits kurz danach - also 2019 - ihrem Vorgesetzten geschildert. Der habe gesagt, er würde sich kümmern - und auch den Vorgesetzten des Kollegen informieren. Tatsächlich hätten beide Dienstgruppenleiter nichts unternommen.
Essener Polizei-Skandal sorgt seit gut vier Wochen für Schlagzeilen
Der Essener Polizei-Skandal sorgt seit gut vier Wochen für Schlagzeilen. NRW-Innenminister Herbert Reul hat seit Mitte September 30 Polizisten vom Dienst suspendiert, gegen 15 laufen darüber hinaus strafrechtliche Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung.
Am vergangenen Donnerstag hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Suspendierung einer Polizeibeamtin des Essener Präsidiums jedoch überraschend auf. Das Hitler-Bild, das ihr zur Last gelegt worden ist, erwies sich nach Prüfung des Gerichts lediglich als eine billige Parodie.
Essener Ex-Staatsanwalt legt der Polizei ebenfalls Prügelvorfall zur Last
Der frühere Essener Staatsanwalt Bernd Schmalhausen hat ebenfalls die Behauptung aufgestellt, ein gefesselter Festgenommener sei in einer Polizeiwache – in diesem Fall die Essener Innenstadtwache – von einem Wachdienstleiter geschlagen worden. Der Vorfall habe sich bereits im Herbst 2017 ereignet. Schmalhausens Sohn sei damals als Kommissaranwärter Augenzeuge der mutmaßlichen Prügelszene gewesen.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat das Verfahren gegen den Wachdienstleiter längst eingestellt, doch Schmalhausen hat den Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags in einer ausführlichen Stellungnahme mit den Vorfällen konfrontiert. Nun soll ein vom Innenminister eingesetzter Sonderinspektor den Fall noch einmal unter die Lupe nehmen. (mit dpa)