Essen-Frohnhausen. Silvie Rohr kämpft gegen Müll, Kriminalität und Verwahrlosung in Essen-Frohnhausen. Nun hat sie sich mit eigenen Ideen an die Politik gewendet.

„Ich bin vor ein paar Tagen 30 geworden. Wie lange soll ich noch warten? Es muss sich was ändern. Jetzt!“ Silvie Rohr ist es leid: den Müll, die Drogenszene, die Gewalt. „Das Stammlokal macht zu, Kirchen werden abgerissen. Das tut weh“, sagt die Frohnhauserin. Ausblenden will sie die Probleme in ihrem Heimat-Stadtteil nicht mehr.

Deswegen hat Silvie Rohr einen umfangreichen Maßnahmenkatalog an die Bezirksvertretung III geschickt. Sie habe sich vorgenommen, die Probleme anzugehen und hoffe auf die Unterstützung der Politik. Ganze sieben Oberpunkte umfasst dieser zweiseitige Katalog – von der Stadtteilkultur über Bildung, Umwelt, Sicherheit, Verkehr und Handel hin zur Stadtplanung. Zu jedem Oberpunkt listet die 30-Jährige Unterpunkte auf und macht Vorschläge, wie die Stadtteile aufgewertet werden könnten:

  • Verstärkter Einsatz von Streublumenwiesen
  • Aufklärungskampagnen zur Mülltrennung
  • Errichtung eines Recyclinghofs in Essen-West
  • mehr Entsorgungsmöglichkeiten
  • Hundewiesen
  • mehr Polizei an problembelasteten Orten
  • Ausbau von Beratungs- und Hilfsangeboten für Drogenabhängige
  • Ausbau von Fahrradverleih
  • Stärkung der Außengastronomie
  • Unterstützung bei der Vermittlung von Ladenlokalen
  • Förderung des nachhaltigen, sozialen und mehrgenerativen Wohnens

Essen-Frohnhausen: 30-Jährige sammelt Müll auf

Silvie Rohr aus Essen-Frohnhausen möchte ihre Heimat retten.
Silvie Rohr aus Essen-Frohnhausen möchte ihre Heimat retten. © Privat | Privat

Kritiker könnten ihr nun vorwerfen, dass ihr Unterfangen schlicht unbezahlbar sei. Das sei ihr bewusst, erklärt die Essenerin. „Finanzierung ist eine Sache. Aber es braucht erstmal moderne, zukunftsfähige Konzepte.“ Zum Beispiel im Bereich Bildung sei es wichtig in die künftige Generation massiv zu investieren. Kurzfristige Lösungen würden nicht weiterhelfen.

Für Silvie Rohr ist ihr Einsatz eine Herzensangelegenheit. Sie ist in Frohnhausen aufgewachsen und dort tief verwurzelt. „Zwischendurch habe ich in Berlin und New York gelebt. Es gibt überall Sachen, die einen aufregen. gerade in Großstädten“, erzählt sie. Vor einem Jahr sei sie nach Essen zurückgekehrt. Wegen der Corona-Pandemie habe sie ihren Aufenthalt an der Deutschen Botschaft in Washington beenden müssen.

„Alle Fitnessstudios hatten zu und dann bin ich eben viel spazieren gegangen. Dabei habe ich gesehen, dass überall viel Müll herumliegt“, sagt sie. In der Mängelmelder-App der Stadt habe sie dann mehrmals pro Woche die verdreckten Ecken gemeldet, sogar weggeschmissenen Müll im Rahmen des Waste-Walk aufgesammelt. Irgendwann habe sie erkannt, dass es Hilfe von oben brauche.

Silvie Rohr macht Bezirksbürgermeister Klaus Persch keine Vorwürfe

Silvie Rohr wirkt ambitioniert und willensstark. Sie will den Menschen in Frohnhausen und Altendorf helfen. In einer großen WAZ-Stadtteilumfrage vergaben die Altendorfer ihrem Viertel die schlechtesten Noten auf die Frage bekam, wie gerne sie dort leben? Dem Bezirksbürgermeister Klaus Persch macht sie aber keine Vorwürfe. „Ich will nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen. Jeder tut was er kann. Aber auch der Bezirksbürgermeister stößt an seine Grenzen.“ Es sei zu einfach, der Politik die Schuld zu geben.

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Auch die Bürgerinnen und Bürger seien verantwortlich, wenn sie nicht gegenseitig aufeinander achteten. Die baldige Juristin hofft daher, dass sich nun andere Stadtbewohner ihrer Aktion anschließen, um gemeinsam etwa zu bewegen. „Als Einzelkämpfer kommt man nicht so weit“, sagt Rohr.

Eigene politische Ambitionen könnte man nun hinter dem Einsatz vermuten, die hat die 30-Jährige aber nicht. Die Politik sei ihr oftmals nicht schnell genug. „Ich bin gerne bereit, mich gesellschaftspolitisch zu engagieren. Ich möchte was bewegen und Lösungen erarbeiten – am besten auf Augenhöhe.“

Silvie Rohr hofft nun, dass sich die Bezirksvertreter ihren Vorschlägen annehmen. Doch aufgeben, sollte sie auf taube Ohren stoßen, will sie auf keinen Fall. „Ich bin guter Dinge, dass man gemeinsam eine Lösung finden wird. Aber natürlich rede ich auch mit Bürgervereinen und sozialen Einrichtungen, um im Gespräch zu bleiben. Es braucht viele Hände um nachhaltig etwas zu ändern.“