Essen-Karnap. Die Maria-Kunigunda-Schule in Essen-Karnap will, dass im Unterricht alle Kinder satt und konzentriert sind. Dafür nutzt sie einige Stellschrauben.
Einige Kinder im Essener Norden kommen mit leerem Magen in die Schule, haben auch keine Brotdose dabei und können sich daher schlecht konzentrieren. Bevor es jetzt wieder heißt: „Der Norden wird immer nur schlecht dargestellt, die Kinder stigmatisiert und in eine Schublade gesteckt“, schauen wir darauf, wie in diesem Fall die Maria-Kunigunda-Grunschule in Karnap dieses Problem – mithilfe von weiteren Akteuren – angeht.
Erster Stopp ist die Sporthalle der Grundschule. Dort war in der vergangenen Woche das Team von „Kinder lernen kochen“ der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW mit ihrer mobilen Küche zu Gast. Die Schüler der Klasse 4a banden sich allesamt Schürzen um, setzten ihre Maske auf und begannen Obst und Gemüse zu schälen, Wraps mit Frischkäse zu bestreichen und Milchreis zu kochen. Ziel der Aktion ist es, am Beispiel der Lebensmittel Obst, Gemüse und Milch, die Ernährungskompetenz der Kinder zu fördern und sie für die Ernährung mit frischen Produkten zu begeistern.
Später sitzen Jasin, Fattah, Lorik und die anderen Schüler an den Tischen. Jeder hat einen Teller und Besteck mitgebracht. Auf dem Speiseplan stehen amerikanische Wraps, indischer Lassi und spanischer Milchreis.
Schulobst, Schulmilch und Mittagessen im Ganztag
Jasin schaut seinen Wrap etwas skeptisch an, probiert, verzieht aber das Gesicht: „Ich mag albanisches Essen lieber“, erklärt er. Der Neunjährige ist eines der Kinder, die nach dem Unterricht nicht den Ganztag besuchen. Er bekommt nach der Schule Mittagessen zu Hause. „Meine Mama oder meine Schwester kochen“, erklärt er. Morgens isst er gerne Brot belegt mit Käse oder Marmelade, in seiner Frühstücksdose sind auch oft Brote und Äpfel und ein paar Süßigkeiten.
Klassenlehrerin Ute Giebel erklärt, dass die Kinder meistens ein gesundes Frühstück in die Schule mitbringen, da habe sie von Anfang an drauf geachtet. Doch das klappt nicht immer. Fattah sitzt in der Sporthalle vor einer Pappschale, sein Teller ist kaputt gegangen. „Heute kam ich fast zu spät in die Schule und hatte keine Zeit zu frühstücken“, erklärt der Viertklässler. Meistens habe er jedoch eine Dose dabei, gerne mit Nutellatoast und Gummibärchen.
Da gehen bei Ernährungsexperten direkt die Alarmglocken an. „In der Schule fit sein und sich wohlfühlen, das hat auch immer etwas mit einem guten Frühstück zu tun“, heißt es vonseiten der „Kinder lernen kochen“-Experten, die als Brotbelag Käse oder mageren Fleischaufschnitt empfehlen.
Das können manche Eltern aber schlicht und ergreifend nicht leisten. „Viele Eltern haben das selbst nicht gelernt“, weiß Schulleiter Udo Moter und meint damit eine ausgewogene Ernährung. Er weiß, dass es Kinder gibt, die statt der Dose zwei Euro mit in die Schule bringen und sich nach Schulschluss eine Frikadelle, eine Tüte Chips oder ein chinesisches Instant-Gericht kaufen, das sie dann – ohne es mit Wasser aufzugießen – snacken.
Und weil er das so genau weiß, versucht er die Eltern dahingehend zu beraten, ihre Kinder im Ganztag anzumelden. Dort gibt es ein warmes Mittagessen. Für diejenigen, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beziehen ist das kostenfrei. Das Problem: „Derzeit stehen 52 Kinder auf der Warteliste“, erklärt Udo Moter, der die Schule seit neun Jahren leitet.
EU-Schulobstprogramm und Milch für alle
Ihm ist es wichtig, dass kein Kind hungrig im Unterricht sitzt. So nimmt seine Schule am EU-Schulobst-Programm teil. Äpfel, Bananen und Birnen stehen allen Kindern somit jederzeit zur Verfügung. Auch Schulmilch wird zur Maria-Kunigunda-Schule geliefert, die die zahlen können zahlen. Die die im Bildungs- und Teilhabepaket sind, bekommen die Milch kostenfrei.
Kinder lernen kochen an einer Grundschule in Essen Karnap
Und als weiteren Baustein macht die Schule jetzt auch bei „Brotzeit“ mit. Das ist ein gemeinnütziger Verein, der deutschlandweit bedürftige Kinder an Grund- und Förderschulen mit Frühstücken versorgt. Senioren bereiten das Frühstück vor und haben auch ein offenes Ohr für die Kinder: „Chancengerechtigkeit setzt voraus, dass sich jedes Kind gleichermaßen auf den Unterricht konzentrieren kann und häusliche Defizite ausgeglichen werden. Wir wollen diesen Kindern das geben, was ihnen fehlt: Brot und Zeit, in der Menschen sich um sie kümmern“, so das erklärte Ziel des Vereins.
Vom Land gefördert
Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. bietet das Projekt „Kinder lernen kochen“ als pädagogisches Begleitprogramm innerhalb des EU-Schulobstprogramms in NRW für Obst, Gemüse und Milch den Schulen an.
Gefördert wird die Aktion durch das NRW-Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz.
Weitere Informationen unter www.milch-nrw.de
Mit dem Mittagessen im Ganztag, Aktionen wie „Kinder lernen kochen“ und den drei Komponenten: Schulmilch, Schulobst und Brotzeit sollen alle Kinder satt werden. Denn wer satt ist, der fühlt sich wohl, ist fit und kann sich auf Bruchrechnung, Rechtschreibung und Co. konzentrieren.
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