Essen-Haarzopf. Vom Rittersitz zum Adelstreff: Der Haarzopfer Hobbyhistoriker Herbert Schmitz beschäftigt sich mit der wechselvollen Geschichte von Haus Stein.

Ein Kleinod mit wechselvoller Geschichte: Haus Stein am Birkmannsweg in Essen-Haarzopf war erst Ritter-, dann Adelssitz. Heute ist das ehemalige Wasserschloss in privatem Besitz und für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Der Haarzopfer Hobbyhistoriker Herbert Schmitz (80) beschäftigt sich seit seiner Jugend mit der Geschichte des Hauses. Eine lange Zeit, doch das Haus selbst ist noch 600 Jahre älter.

Die Reihe der Besitzer von Haus Stein ist lang. Sie reicht vom Ritter über einen verdienten Adeligen, den reichen „Kriegsgewinnler“, den Rittmeister, der den Kaiser erst um den Adelstitel bitten musste, bis zu Schuhmachern, die nicht einmal schreiben konnten.

Haarzopfer beschäftigt sich seit 60 Jahren mit der Geschichte von Haus Stein

In seinem 2009 erschienenen Buch „Haarzopfer Geschichten – Adelssitz Haus Stein und seine Höfe“ hat sich der Hobbyhistoriker intensiv mit dem Gebäude und seiner rund 660 Jahre langen Geschichte befasst. Noch erhalten ist der südöstliche Seitenflügel des ehemaligen Wasserschlosses, der zweite Flügel und der Mittelteil existieren nicht mehr, ebenso wie die Kapelle, die es dort gegeben habe. Mauerreste und Fischteiche erinnern an die Vergangenheit. Es ranken sich Geschichten um das Haus und einen unterirdischen Gang, dessen Eingang gefunden, dessen Bedeutung aber nie ganz geklärt werden konnte.

Das Buch über Haus Stein ist in Haarzopf erhältlich

Das Buch „Haarzopfer Geschichten – Adelssitz Haus Stein und seine Höfe“ von Herbert Schmitz ist noch erhältlich und kann in der Buchhandlung Leselust im Geschäftszentrum Neue Mitte Haarzopf, Fulerumer Straße 221-223, erworben werden.

Das Buch umfasst 119 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und kostet zehn Euro.

Ein Teil des Kellergewölbes vom ehemaligen Mitteltrakt des Hauptgebäudes sei noch erhalten. „Vor einiger Zeit wurde der Wassergraben durch zwei Teiche wieder aufgefüllt. 1998/99 wurde die gesamte Anlage grundlegend umgestaltet, renoviert und das Gebäude den neuen Wohnzwecken angepasst“, so Schmitz.

Bei Renovierungsarbeiten wurde ein alter Wohnturm entdeckt

Bei den Renovierungsarbeiten seien Reste eines mittelalterlichen Wohnturms entdeckt worden, die bis in die Frühe Neuzeit, also bis ins 15./16. Jahrhundert, zurückreichten. Die mittelalterlichen Mauerreste und der Keller mit Tonnengewölbe stehen seit 1985 unter Denkmalschutz.

Heimatforscher Herbert Schmitz beschäftigt sich seit über 60 Jahren mit der Geschichte vom Haus Stein.
Heimatforscher Herbert Schmitz beschäftigt sich seit über 60 Jahren mit der Geschichte vom Haus Stein. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Ursprünge von Haus Stein gehen laut Schmitz in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Der Standort im Grenzgebiet zwischen Stift Essen, Abtei Werden und der Herrschaft Broich sei durch seine windgeschützte Lage gut geeignet gewesen. Alten Lehnsprotokollen und Einzelurkunden der Werdener Abtei sei zu entnehmen, dass 1343 der Ritter Heinrich von Lüttelnau mit dem Hof „uppen Steine“ belehnt wurde. Die Familie Lüttelnau sei eigentlich auf einer Burg bei Kettwig beheimatet gewesen, deren Überreste heute als Kattenturm bezeichnet würden.

Das Haus wurde aus Bruchsteinen gebaut

„Haus Stein wurde aus Bruchsteinen errichtet, die in der Nähe des Hofes gefunden und gebrochen wurden. Zur Unterscheidung gegenüber den üblichen Fachwerkbauten erhielt der Hof nach seinem Baumaterial den Namen Haus Stein“, schreibt Herbert Schmitz über das geschichtsträchtige Gebäude, aus dem sich eine stabile Hofanlage entwickelt habe. Die Hofgebäude seien laut Urkunden 1550 erweitert worden.

Mit der Erhebung in den Adelsstand durfte von Holling dieses Wappen führen.
Mit der Erhebung in den Adelsstand durfte von Holling dieses Wappen führen. © FUNKE Foto Services | Repro: Socrates Tassos

1635 habe der Landesherr den weiteren Ausbau des Adelssitzes verfügt. Um Haus Stein weiter vergrößern zu können, waren Adelrechte erforderlich, die der damalige Besitzer, Caspar von Lipperheide auf Stein, 1635 vom Kaiser „aufgrund großer Verdienste“ erhielt. Die damit verbundenen Privilegien seien eher bescheiden gewesen. So gehörten neben der Steuerfreiheit gegenüber der Herrschaft Broich das Jagdrecht auf Hasen und Kaninchen sowie das Recht, Tauben zu halten, dazu. Was wichtiger war: „Caspar von Lipperheide konnte jetzt den um 1560/70 begonnenen Ausbau des Hauses Stein fortführen und beendigen“, so der Heimatforscher.

Erhebung in den Adelsstand war notwendig

Den Rittersitz kaufte schließlich 1655 der reiche „Kriegsgewinnler“ Freiherr von Felberg von den letzten landesherrlichen Belastungen frei, machte Haus Stein zum „freiadeligen Wohnsitz“, wie Schmitz beschreibt. Sein Nachfolger, Rittmeister von Holling, habe erst einen Adelstitel gebraucht, um das Haus kaufen zu können. „Seine Eingabe zum Kaiser nach Wien mit der Bitte um Standeserhebung und das eingereichte prachtvoll gemalte Wappen werden noch heute im österreichischen Staatsarchiv Wien aufbewahrt“, so Herbert Schmitz.

Von Holling habe die Kriegsschäden an den Gebäuden beseitigt, Höfe und Kotten im Umfeld erworben und die Anlage um eine Kapelle sowie ein Back- und Brauhaus erweitert. Er schrieb seine Aktivitäten in einem Hausbuch nieder, das laut Schmitz mit vielen persönlichen Aufzeichnungen ein wichtiges Dokument über die Vergangenheit Haarzopfs ist.

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Besitzerfamilie im 18. Jahrhundert hatte sich verschuldet

In den Folgejahren habe man auf dem kleinen Adelssitz standesgemäß gelebt, hochrangige Adelige seien zu Besuch gekommen. Das aufwenige Leben hatte seinen Preis, die Bewohner hätten sich verschuldet, Bettelbriefe verschickt und die Haarzopfer Bauern angepumpt. Damals gab es nach den Aufzeichnungen noch den Wassergraben mit einer Zugbrücke, zwei Scheunen für das Vieh, mehrere Gärten und Fischteiche, eine Pferdestallung. „1765 musste Haus Stein an die Abtei verkauft werden und gelangte 1796 in den Besitz der bürgerlichen Gebrüder Buschbruch, von Beruf Schuhmacher“, hat Schmitz recherchiert.

Diese hätten das Land parzellenweise verkauft, um den Kauf zu finanzieren. Am Ende hätten die Handwerkerfamilien die Schlossgebäude selbst bewohnt und somit ihr Kapitel zur wechselvollen Geschichte des Hauses beigetragen.

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