Essen. Essens Grüne konnten deutlich zulegen. Erstmals in ihrer Geschichte gab es Direktmandate. OB-Kandidat Mostofizadeh hätte sich „mehr gewünscht“.

Die Essener Grünen können auf breite Brust machen, sie haben die Zahl ihrer 700 Mitglieder seit der Landtagswahl mehr als verdoppelt, erstmals einen flächendeckenden Wahlkampf in der Stadt hinter sich und wohl auch dank dieses Engagements am alles entscheidenden Sonntagabend ein für sie historisches Ergebnis hingelegt. Sogar einige Direktmandate waren drin. Das gab’s noch nie.

Über 30.000 Stimmen sind ein Anteil von fast 19 Prozent, ein Plus von über sieben Prozentpunkten und ein Grund für gute Laune für rund Parteimitglieder und -anhänger im „Felis“-Biergarten an der Kastanienallee., auch wenn sich ihr OB-Kandidat Mehrdad Mostofizadeh in seiner deutlich gewachsenen Partei mit einem Scheinriesen-Schicksal abfinden musste: Je näher die Auszählung der Stimmen sich dem Ende näherte, umso kleiner wurde die Chance, in dem Rennen um das wichtigste Amt in der Stadtverwaltung noch eine Rolle zu spielen.

Die Stichwahl zu erreichen, wäre Mostofizadehs größter Erfolg gewesen

Aus der Traum von der Stichwahl also. Die zu erreichen, wäre sein größter denkbarer Erfolg gewesen, wie Mostofizadeh es selbst formulierte. Jetzt sagt er: „Ich hätte mir persönlich mehr gewünscht.“

Dabei fing der Abend so gut an für den 51-jährigen Landtagsabgeordneten, als die erste Prognose für NRW den Grünen landesweit die größten prozentualen Zuwächse und später auch Stichwahlen mit teils grüner Beteiligung in einigen Kommunen voraussagte. Nur in Essen wollte das nicht im Ansatz klappen.

Woran lag’s? Daran, dass die Grünen es per se schwer haben bei Personenwahlen, meint Mostofizadeh, vor allem aber am „klaren Amtsbonus“ von CDU-Spitzenmann Thomas Kufen, „dem ich ganz herzlich zu seinem Sieg gratuliere“.

Die Essener Grünen konnten zum allerersten Mal Direktmandate holen

Der Trost für die entgangene Stichwahl sind deutliche Zuwächse bei der Ratswahl, die dafür sorgten, dass die Essener Grünen zum ersten Mal in ihrer lokalen Geschichte Direktmandate holen konnten. Für Ratsherr Rolf Fliß, der auf Platz zwei der grünen Liste nach Hiltrud Schmutzler-Jäger als „männlicher Spitzenkandidat“ galt, ist klar, wohin die politische Fahrt in Essen nun gehen muss: „Jetzt beginnt die Phase des Gestaltens und sie löst die Phase des Verwaltens ab.“

Die Grünen, sagte der Mann, als er sich gerade mit der CDU-Kandidatin Eva-Martina Großimlinghaus ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Rüttenscheid-Süd lieferte, „die Grünen bleiben auf dem Teppich, auch wenn der Teppich für uns gerade fliegt“. Nun sei es an der CDU, mit einem „Wahlverlierer wie der SPD“ weiter zu machen in der großen Koalition, oder sich zusammen mit den Grünen den wichtigen Fragen in Sachen Klima, Mobilität, Bildung und mehr widmen zu wollen.

„Wir wollen die Stadt noch cooler machen“

Mehrdad Mostofizadeh will den Schwung der vergangenen Wochen jedenfalls mitnehmen: „Das war ein superanstrengender Wahlkampf, doch jetzt geht es erst richtig los. Wir wollen was machen, wir wollen mitentscheiden, wir wollen die Stadt noch cooler und lebenswerter machen.“ Vorstandssprecher Kai Gehring machte deutlich: „Wir gehören zu den drei stärksten politischen Kräften in NRW, wir haben am stärksten zugelegt, weil die Menschen eine Veränderung wollen, die gerade durch starke Grüne kommen kann“, betonte der Bundestagsabgeordnete: „Der Wahlkampf war eine großartige Gemeinschaftsleistung, Mehrdad die Lokomotive und die Kommunalwahl, sie war eine Klimawahl.“