Essen. Die Ruhrbahn hat coronabedingt viele Kunden verloren und hohe Verluste gemacht. Nun wirbt sie mit der Sauberkeit von Bus und Bahn um Neukunden.
Sinkende Fahrgastzahlen, millionenschwere Verluste – das ist die vorläufige Corona-Bilanz der Ruhrbahn. Nun stemmt sich das Verkehrsunternehmen mit einer neuen Werbekampagne gegen die Entwicklung und versucht, Kunden (zurück) zu gewinnen.
Auf dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie, als das öffentliche Leben praktisch auf Null heruntergefahren wurde, fielen die Fahrgastzahlen auf 20 Prozent des normalen Aufkommens, sagt Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller. Inzwischen habe man sich auf 55 Prozent zurückgekämpft. Mit dem Slogan „Sauber unterwegs mit Bus und Bahn“ gehe man nun im Werben um die Kunden in die Offensive.
Es geht um die Sauberkeit in Bus und Bahn – und um die saubere Umwelt
Das Motto sei nicht nur doppel-, sondern sogar triple-deutig: Erstens könne man es auf die Fahrzeuge der Ruhrbahn beziehen, die täglich gereinigt und so klimatisiert werden, dass die Luft im Innenraum 60 mal in der Stunde ausgetauscht werde. Zweitens heiße „sauber gemacht“, auch so viel wie gut gemacht. Und drittens beziehe sich man sich auf eine saubere Umwelt.
Schließlich ist Essen Modellstadt und erhält als solche Fördergelder, um Autofahrer zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Mit Beginn der Corona-Pandemie musste man einen anderen Effekt beobachten, wie Oberbürgermeister Thomas Kufen in Erinnerung ruft: „Es gab einen Anstieg der Fahrgemeinschaften, und auch einen Anstieg des Radverkehrs.“
Letzterer ist immerhin umweltfreundlich – und soll wie Bus und Bahn im Essen des Jahres 2035 etwa 25 Prozent des Verkehrs ausmachen. Wie ÖPNV, Fußgänger und Autofahrer auch; bislang freilich nutzen die Essener für mehr als die Hälfte aller Wege das Auto.
Oberbürgermeister dankt den Mitarbeitern der Ruhrbahn, dass sie zur Stelle waren
„Der ÖPNV muss das Rückgrat unserer Verkehrswende sein“, wirbt daher OB Kufen und sendet noch einen Dank an die Mitarbeiter der Ruhrbahn, „die während des Lockdowns die ein oder andere persönliche Sorge zurückgestellt haben und am Platz waren. Wenn nichts mehr ging – die Ruhrbahn fuhr“.
Doch viel zu oft saß der Fahrer eben nur mit wenigen Passagieren im Bus. Und aktuell mag Michael Feller nicht voraussagen, wann es dort wieder enger wird. Im Winter würden naturgemäß Fahrgäste zurückkehren, andererseits müsse die Ruhrbahn zur Kenntnis nehmen, dass sich die Arbeitswelt wohl dauerhaft ändern. „Wenn die Leute künftig an einigen Tagen Homeoffice machen, werden sie prüfen, ob sich ihre Tickets noch rechnen. Da müssen wir mit neuen Produkten reagieren.“
Riesenposter soll Schadstoffe aus der Luft filtern
Mit einem Spezialposter der Firma Outside Media GmbH wird an einer Hauswand an der Huyssenallee 20 jetzt für die Modellstadt Essen geworben. Nebenbei soll das 120 qm große Plakat gesundheitsschädliche Stoffe filtern und in unbelastete Luft verwandeln. Das Cleanair4all-Verfahren binde nicht nur Benzol, sondern auch stickstoff- und schwefelhaltige Gase wie Schwefel- und Stickstoffdioxid. Dafür sorge eine im System eingebaute Membran, so die Firma.
Das Verfahren ist bislang nur in Italien angewendet worden, Essen ist die erste deutsche Stadt, in der es getestet wird.
Wer schon in der Krise spitz gerechnet hat und sein Ticket-Abo kündigen wollte, dem bot die Ruhrbahn an, lieber zu pausieren: 3000 der 100.000 Abo-Kunden haben das wahrgenommen. Diesen treuen Kunden schreibt die Ruhrbahn auch die Mehrwertsteuer gut, im Einzelticketverkauf lohne sich das Hantieren mit Cents-Beträgen aber nicht.
Man gehe davon aus, zehn Prozent der Abo-Kunden zu verlieren, sagt Feller. 16 Millionen Euro Verlust werde man in diesem Jahr wohl machen. Einnahmeverluste, die man nur mit Hilfe des Rettungsschirms von Bund und Land werde auffangen können, wie Umweltdezernentin Simone Raskob betont.
Neue Slogans sollen von Plakat- und Kinoleinwänden verkündet werden
Gleichzeitig werbe man um Neukunden mit dem Versprechen in jeder Hinsicht sauber zu bleiben: „Picobello“ oder „Frische Luft“ steht da in Blau auf gelbem Grund oder „Mehr ÖPNV - weniger Stau“ sowie „25 Prozent“, für den Anteil am Verkehrsgeschehen, um den die Ruhrbahn ringt. Die Botschaften, die an Haltestellen, von Plakat- wie von Kinoleinwänden verkündet werden sollen, passten besser in die Zeit als witzige Sprüche.
Außerdem, erinnert Dezernentin Raskob an den Vergleich, den man im vergangenen Jahr mit der Deutschen Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht geschlossen habe. Um Dieselfahrverbote abzuwenden und die Verkehrswende anzuschieben: „Bisher haben wir alles, was da vereinbart wurde, auf den Weg gebracht und sind im Zeitplan.“