Essen. Wenn Kitas ihre Plätze nicht über das Online-System „Little Bird“ melden, erhalten sie künftig keine städtischen Zuschüsse mehr.

Im Streit um das störanfällige Kitaplatz-Vormerksystem „Little Bird“ übt die Stadt jetzt Druck auf die Kita-Träger aus: Wer seine Kita-Plätze nicht über Little Bird meldet, soll künftig keine städtischen Zuschüsse mehr erhalten. Ohne die kann aber kaum eine Einrichtung überleben. Nach einem entsprechenden Ratsbeschluss in diesem Sommer knickten nun auch Kita-Betreiber ein, die ihre Plätze seit vergangenem Jahr eigenhändig vergeben hatten.

Das Online-Vormerksystem „Little Bird“ war 2017 eingeführt worden. Es hatte drei Jahre lang erhebliche Probleme verursacht – bei Eltern, die einen Kitaplatz suchen, aber auch bei den Kitas. Es gab wiederholt ganze Systemabstürze, Datenverluste, und die Anwendung ließ bei Eltern regelmäßig viele Fragen offen. Viele Väter und Mütter forderten einen stadtweiten Ausstieg aus „Little Bird“.

Die Folge: 2018 stiegen zwei Kitas aus „Little Bird“ aus, die von Elterninitiativen betrieben wurden, 2019 folgte die Unternehmerin Jutta Behrwind, die privatwirtschaftlich vier Einrichtungen im Stadtgebiet betreibt.

Teilnahme an „Little Bird“ vertraglich festgelegt

Ende Juni 2020 beschloss der Rat jetzt eine „Vereinbarung zur Zusammenarbeit“ zwischen Stadt und Kita-Trägern, die mehrere Bedingungen für die Kitas festlegt: Die Träger beteiligen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten am langfristigen Ausbau der Kita-Plätze, bereiten in neu errichteten Einrichtungen das Essen selbst zu – und machen bei „Little Bird“ mit.

Im Gegenzug verpflichtet sich die Stadt, auch in den kommenden Jahren zur freiwilligen „Übernahme von Trägeranteilen“. Laut Gesetz müssen kirchliche Kitas rund zehn Prozent der Betriebskosten selbst zahlen – für den Rest kommen ohnehin Stadt und Land auf. Andere Träger müssen knapp acht, Elterninitiativen etwas mehr als drei Prozent selbst zahlen. Bislang hatte die Stadt als Entgegenkommen auch davon weitere Teile übernommen. Die Summen sind für jeden Träger unterschiedlich. Bedingung, dass diese Zuschüsse weiterfließen, ist jetzt: Die Kitas machen bei „Little Bird“ mit.

„Sonst müssten wir schließen“

Dass die Stadt für die Kosten aufkommt, ist für manche Kita existenziell: „Wenn wir diese freiwilligen Zuschüsse der Stadt nicht bekämen, müssten wir schließen“, sagt die Kita-Unternehmerin Jutta Behrwind. Folglich schloss sie sich wieder „Little Bird“ an – wenn auch zähneknirschend: „Für die Eltern ist das kein Vorteil, weil das System so unpraktikabel ist.“ Andere Kitas sind da gelassener: „Wir schauen mal, bislang haben wir keine offizielle Aussage der Stadt dazu“, sagt Ronald Derler, Vorstands-Vorsitzender der Kita „Lummerland“ in Steele, die von Eltern betrieben wird. „Lummerland“ war die erste Kita in Essen, die dem System „Little Bird“ den Rücken kehrte.

2600 Kitaplätze fehlen in Essen

Obwohl die Stadt die Zahl der Kitaplätze in Essen zum Beginn des laufenden Kitajahres erheblich ausgeweitet hat, fehlen derzeit immer noch rund 2600 Plätze.

Mehrere Betreuungseinrichtungen sind derzeit im Bau. Werden die Arbeiten wie geplant abgeschlossen, sinkt die Zahl fehlender Plätze bis zum Sommer 2021 auf knapp 2.000. Das hatte die Stadt bereits vor Wochen angekündigt.

Das Jugendamt der Stadt argumentiert: Nur, wenn alle Einrichtungen bei „Little Bird“ mitmachen, ist es sinnvoll. Nicht nur für Eltern, sondern auch für die Stadt sei es wichtig, stets eine Gesamtübersicht von Plätzen zu haben.

Unterdessen war in den vergangenen Wochen und Monaten die Kitaplatz-Vergabe in diesem Jahr erstmals ohne nennenswerte Schwierigkeiten über die Bühne gegangen – zumindest, was „Little Bird“ angeht. „Die organisatorischen Vorkehrungen – zum Beispiel die Erhöhung der Server-Kapazitäten und längere Hotline-Zeiten für Eltern – hätten Wirkung gezeigt, sagt Stefanie Kutschker, die Sprecherin des Jugendamtes.