Essen. In der letzten Ratssitzung vor der Wahl fällt ein überlebenswichtiger Beschluss: Bis zu 14,5 Millionen Euro sagt die Stadt ihrer Messe-Tochter zu.
Wie heißt noch gleich ihr Werbemotto im Internet? „Ein Standort – unendliche Möglichkeiten“ – schön wär’s. Inmitten der Pandemie merkt die Messe Essen, wie endlich doch ihr Geschäft ausfällt, wenn ein gefährlicher Virus den internationalen Marktplatz der Möglichkeiten an der Norbertstraße größtenteils lahmlegt. In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl soll der Stadtrat deshalb einen außerplanmäßigen Zuschuss von bis zu 14,5 Millionen Euro gewähren. Es geht um nicht weniger als darum, eine Pleite zu verhindern.
Denn die gesetzliche Regelung, die angesichts der Corona-Folgen allen in Bedrängnis geratenen Unternehmen erstmal Luft verschaffte, weil sie die Pflicht für Insolvenzanträge kurzerhand aussetzte – sie läuft Ende September aus. Und wie immer auch diese Pandemie weitergeht – für die Messe steht fest: Corona bringt die Stadt-Tochter an den Rand ihrer Existenz. Wenigstens für dieses Jahr.
Die Erlös-Lücke könnte auf knapp über 20 Millionen Euro steigen
Noch im Februar war man optimistisch, fürchtete nur Ausfälle bei den Auslands-Messen in China und dass Aussteller von dort hiesigen Messen fernbleiben könnten. Doch das damals taxierte sechsstellige Risiko wuchs sich aus, und von drei Szenarien, in denen man die stufenweise Absage mehrerer einträglicher Messen einkalkulierte, kommt man den schlimmsten Befürchtungen inzwischen am nächsten: Angesichts der
voraussichtlich um zwei Drittel schrumpfenden Umsatzerlöse könnte der Jahresfehlbetrag 2020 auf bis zu 20,7 Millionen Euro steigen.
Davon waren 6,2 Millionen bereits eingeplant, die übrigen 14,5 Millionen soll die Politik jetzt locker machen. Dass sie dies mit großer Mehrheit auch tut, daran gibt es derzeit keinen Zweifel.
Seit Mitte April ist ein Großteil der Messe-Belegschaft in Kurzarbeit
Manchem mag es dabei ein Trost sein, dass auch die anderen großen Messe-Standorte Finanzlücken in schwindelerregender Höhe melden: Düsseldorf und Frankfurt, Nürnberg und Stuttgart, München und Köln. In Essen ist man schon froh, den Verlust noch halbwegs in Grenzen gehalten zu haben: unter anderem dadurch, dass einige ertragsstarke Veranstaltungen wie etwa die Internationale Pflanzenmesse IPM zu Jahresbeginn und damit „vor Corona“ über die Bühne gehen konnten.
Zum anderen hatte die Messe ihre Fixkosten erst kürzlich gestrafft und einen Großteil der Belegschaft seit Mitte April in Kurzarbeit geschickt.
Ob die Motor Show stattfindet, entscheidet sich Anfang September
Viel zu holen ist dennoch nicht mehr, darüber kann auch die European Bridal Week nicht hinwegtäuschen, eine Fachmesse für Brautmode, die von der Norbertstraße ein Lebenszeichen trotz Corona sandte. Denn wahr ist zugleich: Die großen Messen, die Sanitär-Messe SHK etwa, die Sicherheits-Messe Security und zuletzt die Mode Heim Handwerk wurden abgesagt.
Ob der Motor Show das gleiche Schicksal blüht, ist noch nicht raus: Hier soll die Entscheidung Anfang September fallen. Denn obwohl die Aussteller die aktuellen Hygieneschutzauflagen kennen, melden sich immer mehr Branchenvertreter auch bedeutender Unternehmen an. Man spüre, so hieß es noch vor einigen Wochen, einen „deutlichen Druck des Marktes an der Umsetzung festzuhalten“. Ein Plädoyer auch für den Standort – wenn auch mit endlichen Möglichkeiten.
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