Essen. Die Gruppierung „Aufstehen gegen Rassismus Essen“ will im Wahlkampf AfD-Aktivitäten zurückdrängen. AfD sieht „Förderung des Denunziantentums“.
Die Gruppierung „Aufstehen gegen Rassismus Essen“ (AGR) hat ein Onlineportal zum Melden von Aktionen und Infoständen der AfD bereitgestellt. Durch gezielte Veröffentlichung der auf diesem Weg erhaltenen Informationen soll kurzfristig Protest gegen die Partei organisiert werden.
Das Meldeportal sei so konzipiert, dass Bürger von unterwegs Aktivitäten der AfD im Rahmen des gerade laufenden Kommunalwahlkampfs melden können, wenn sie diese sehen. Auch soll der Beobachter möglichst ein Foto machen. „Jede Meldung wird einer unmittelbaren Prüfung unterzogen und dann, wenn plausibel und von öffentlichem Interesse, veröffentlicht“, heißt es in einer Mitteilung von AGR. „Wir hoffen, dass es uns gelingt, die Proteste zu bündeln, Menschen zu vernetzen und den Widerstand gegen die AfD in kommender Zeit weiter auszubauen.“
AfD will illegale Störung von Wahlkampf-Infoständen nicht hinnehmen
Günter Weiß, Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Essen, empfindet das Melde-Portal als „Förderung des Denunziantentums“, es rufe zudem zu „systematischer Verfolgung“, seiner Partei. Die AfD beteilige sich wie jede andere legale Partei auch an der Kommunalwahl und habe darauf auch ein Recht. Illegale Störungen von Infoständen werde man nicht hinnehmen. „Wenn die 50 Meter weiter protestieren, ist das ihr Recht, und das ist uns auch egal“, so Weiß.
„Die AfD ist keine normale Partei wie jede andere“, heißt es hingegen bei AGR. Die Partei normalisiere Rassismus, verschiebe die Grenzen des Sagbaren und politisch Machbaren nach rechts und schüre Hass und Misstrauen. „Es ist legitim und notwendig, neue Möglichkeiten auszuloten, um Widerspruch auf die Straßen zu tragen und die Partei und ihre Akteure so zurückzudrängen.“ Die Freischaltung des Melde-Portals zur Kommunalwahl sei kein Zufall. „Wir möchten Erfahrungen sammeln, die wir dann im Rahmen der Bundestagswahlen nutzen können. Dann hoffentlich auch über die Grenzen von Essen hinaus“, heißt es in der Mitteilung von AGR.
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Zwischenfall in Altenessen bei Biergartenbesuch von Guido Reil
Den Worten sind auch bereits Taten gefolgt: Jüngst hat „Aufstehen gegen Rassismus“ gegen eine Veranstaltung der AfD vor einem Altenessener Biergarten protestiert, wo der Europaabgeordnete Guido Reil mit einer Gruppe von Parteifreunden einkehrte. Auch die Polizei war dort zugegen und achtete auf Abstand. Die Gruppierung AGR habe den Wirt aufgefordert, an die AfDler kein Bier zu verkaufen, was dieser aber dennoch getan habe, da es sich nach seinen Worten um einen privaten Besuch handele. Reil selbst hatte von einem „Wahlkampfauftakt“ gesprochen, bemerkte AGR. Die Essener Gastronomie sei jedenfalls aufgefordert, vom Hausrecht Gebrauch zu machen und „Rassisten vor die Tür zu setzen“.
Auch an einem Karnaper Kiosk, wo Reil sein Ankommen angekündigt hatte, bezogen AGR-Leute Posten. „Wir lassen der AfD keine Ruhe. Überall, wo sie sind, werden wir auch sein“, heißt es. Essens AfD-Chef Weiß zufolge hielten sich handfeste Störungen allerdings bisher in Grenzen. „Lediglich in Kray hat jemand mit Anlauf unsere Broschüren vom Tisch gefegt.“ Ob das Melde-Portal die Lage tatsächlich verschärfe, werde man sehen.
Polizei: Demonstrationsrecht gilt auch hier, aber ohne Nähe der Kontrahenten
Essens Polizei verweist im Umgang mit Infoständen und Gegendemonstranten auf zweierlei: „Einerseits gibt es Demonstrationsfreiheit, andererseits muss es Bürgern ermöglicht werden, mit den jeweiligen politischen Parteien im Straßenwahlkampf in Kontakt zu treten“, so Sprecher Christoph Wickhorst. Das Einkreisen und Absperren von Infoständen komme also generell nicht infrage.
„Wenn spontane Demonstrationen angemeldet werden, besprechen wir, wo die Aufstellung möglich ist“, so Wickhorst. Zu große Nähe werde man nicht erlauben. Neben der Verhinderung von Eskalationen gelte es auch, die Corona-Schutzverordnung durchzusetzen.
AfD tritt bei der Kommunalwahl in allen 41 Bezirken an
„Aufstehen gegen Rassismus Essen“ nennt folgende Online-Adressen, mit deren Hilfe sich interessierte Bürger als Melder betätigen können: agr-essen.de und afd-melden.agr-essen.de
Nach der Sitzung des Kommunal-Ausschusses am Dienstag steht fest: Die AfD wird in allen 41 Kommunalwahlbezirken der Stadt und für alle neun Bezirksvertretungen antreten. Die Reserveliste, die den Einzug in den Stadtrat regelt, führt der Duisburger Lehrer Harald Parussel an, der auch OB-Kandidat ist. Auf Platz zwei kandiert Parteichef Günter Weiß. Guido Reil ist erst auf Platz 10 der Liste zu finden.