Essen. Zu Beginn der Corona-Krise rannte die Kundschaft den Goldhändlern in Essen die Bude ein. Inzwischen halten sich An- und Verkauf die Waage.

Wenn die Zeiten unruhig, ungemütlich und für so manchen gar ungewiss sind, sehen immer mehr im Gold den sicheren Hafen für ihr Erspartes. Wie lebhaft das Geschäft mit dem Edelmetall ist, zeigt sich an dem starken Andrang, den auch die Goldhändler im An- und Verkauf in Essen erleben.

Als die Corona-Krise via China, Italien und Österreich immer näher rückte, bekamen die Händler die Zukunfts- und Existenzängste der Kunden mit voller Wucht zu spüren. „Eine Panik, wie sie in der Corona-Zeit ausgebrochen ist, habe ich in 21 Berufsjahren nicht erlebt“, bilanziert Jörg Möller, Geschäftsführer der in Essen-Werden ansässigen Goldhändlers Trivero GmbH. Die Folge: Als Corona ausbrach, seien die Goldbestände binnen einer Woche ausverkauft gewesen.

„Schon vor dem Lockdown sind uns die Kunden die Bude eingerannt“

Das Interesse an Gold ist trotz der Rekordpreise groß. Unser Bild zeigt Kate Tüzün (l.), An-/Verkaufsberaterin für Edelmetalle bei Haeger mit einer Kundin.
Das Interesse an Gold ist trotz der Rekordpreise groß. Unser Bild zeigt Kate Tüzün (l.), An-/Verkaufsberaterin für Edelmetalle bei Haeger mit einer Kundin. © Haeger GmbH

Ähnliches berichtet Corinna Koerfer, Sprecherin von Goldankauf Haeger, einer Kette, die neben Filialen in Düsseldorf, Aachen, Krefeld, Berlin, Dortmund auch eine in Essen-Rüttenscheid betreibt. „Schon vor dem Lockdown haben uns die Kunden die Bude eingerannt, wir waren fast leergekauft.“ Die Panik der Menschen und ihre Zukunftsängste - auch die Verkäufer bei Haeger hätten dies hautnah zu spüren bekommen.

Wenn Katastrophen, Seuchen und Pandemien die Menschheit heimsuchen, schlägt die Stunde der Verschwörungstheoretiker und Apokalyptiker. Bricht die Wirtschaft jetzt zusammen? Werden die Banken überhaupt noch geöffnet haben? Mit solchen Fragen sahen sich die Goldverkäufer konfrontiert. Die meisten kalkulierten ausgesprochen nüchtern, indem sie dem Anlagemittel Gold ganz klar den Vorzug vor Papiergeld gaben.

Goldpreis ist auf den Rekordwert von 54 Euro geklettert

Gold bewegt die Menschen seit Jahrhunderten, das edle Metall gilt als Symbol für Stabilität. Gleichzeitig unterliegt es an den Rohstoffmärkten den Kräften von Angebot und Nachfrage. Hinzu kommt die aktuell vorherrschende Marktstimmung. Vor anderthalb Jahren kostete ein Gramm Feingold lediglich 33 Euro, in der Corona-Krise kletterte der Gramm-Preis auf über 40, dann auf über 50 Euro, und zu Wochenbeginn erreichte einen Rekordwert von 54 Euro. Darin sind sich alle Goldhändler einig: Zum Edelmetall drängt es breite Bevölkerungsschichten - Männer wie Frauen, Junge wie Alte, Einheimische wie Zugewanderte.

„So hoch war der Goldpreis noch nie“, sagt Omar Serhan, Inhaber eines Gold-An- und Verkaufs in der I. Weberstraße. Vor seinem Geschäft mitten in der Innenstadt stehen die Kunden immer wieder in Schlangen an. Es seien Barren in unterschiedlichen Größen, die die Kunden nach Hause bzw. in den Tresorraum ihrer Bank oder Sparkasse trügen: der 10-Gramm-Barren koste 550, das 100-Gramm-Stück 5550 Euro. „Eine gute Geldanlage“, versichert Serhan.

An- und Verkauf von Gold halten sich inzwischen fast die Waage

Der Drang zum Golde sei im sechsten Monat der Corona-Krise zwar nicht mehr so ausgeprägt wie noch zu Beginn. „Doch obwohl der Preis ziemlich hoch ist, wird weiterhin Gold gekauft“, berichtet die Haeger-Sprecherin. Mittlerweile hielten sich die Anteile derer, die kauften, und jener, die Gold verkauften, die Waage.

Bei Trivero verzeichnen sie momentan ebenfalls ein sehr lebhaftes Geschäft auf beiden Seiten, allerdings würden die Kunden in Essen inzwischen wieder mehr Gold ver- als ankaufen. Geschäftsführer Jörg Möller sieht die Erbengeneration am Werke, der es nicht schwer falle, sich von jenem breiten und schweren Goldarmband zu trennen, auf das die Großmutter einst so stolz gewesen sei. Omar Serhan beobachtet dasselbe Phänomen: „Die Leute verkaufen den Schmuck, den sie geerbt haben.“