Serie „Wandern vor der Haustür“: Ab Kray geht es über Gelsenkirchen nach Bottrop. Vier Halden entlang der Emscher – Revierromantik pur.

Die Vier-Halden-Tour, die wir Ihnen hier heute vorstellen, liebe Leser, zeigt das Ruhrgebiet so, wie es ist. Es gibt einige wenig wirtliche Abschnitte, die man schnell hinter sich lassen sollte. Und Umwege, die in Kauf zu nehmen sind, und trotzdem: Diese Tour, die mit reinen sechs Stunden Geh-Dauer sicherlich zu den anspruchsvolleren zählt, überrascht und belohnt mit atemberaubenden Panoramen und überraschenden Ausblicken, selbst für Kenner der Emscherregion, die hier erkundet wird.

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Es geht von Essen über Gelsenkirchen nach Essen zurück und dann nach Bottrop, es geht – das sagt der Name dieser Tour – über Halden und durch Parks und Grünzüge.

Wir legen los an der Zeche Bonifacius in Kray, müssen wegen einer Baustelle direkt einen Umweg über die Grimbergstraße nehmen, ehe wir, einem Feldweg folgend, den Zollvereinweg ansteuern. Die Bahntrasse, die heute zum Emscher-Radwegenetz zählt und direkt zur Halde Rheinelbe führt.

Stadtgarten Gelsenkirchen: Überraschend gepflegte Anlagen

Ein breiter Weg führt auf die 100 Meter hohe Halde, die von 1928 bis 1999 mit Abraum der Zeche Rheinelbe aufgeschüttet wurde und im Rahmen der IBA Emscherpark als Landmarke konzipiert wurde. Das von dem Künstler Herman Prigann erschaffene Kunstwerk Himmelstreppe, ein zehn Meter hoher Aufbau aus schweren Betonblöcken, ist ihr Wahrzeichen.

Am Ende der Blick auf die Kokerei Prosper: Die Tour endet auf der Halde Beckstraße in Bottrop, besser bekannt als Tetraeder.
Am Ende der Blick auf die Kokerei Prosper: Die Tour endet auf der Halde Beckstraße in Bottrop, besser bekannt als Tetraeder. © Jochen Tack | Jochen Tack

Nach dem Abstieg folgen wir dem Weg des Skulpturenparks (rechts und dann direkt nach links), um dann festzustellen, dass der Emscherumbau auch hier wieder einen kleinen Umweg über das Gewerbegebiet Rheinelbe vorbei an alten Industriegebäuden verlangt. Wieder auf dem Skulpturenweg angekommen geht der Weg nach links, später erreichen wir die ehemaligen Gebäude der Zeche Rheinelbe und wenig später den Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Wir müssen jetzt durch Gelsenkirchen-Neustadt, Hiberniastraße. Viel Asphalt, Gewerbeimmobilien, alles nicht sonderlich hübsch – aber nach zehn Minuten sind wir im Stadtgarten Gelsenkirchen, und der ist überraschend gut gepflegt. Was man von Essener Parks ja nun nicht immer sagen kann.

Basis-Info zur Tour

Die Vier-Halden-Tour führt von der Zeche Bonifacius über die Halden Rheinelbe, Zollverein, Schurenbach bis zum Tetraeder nach Bottrop und dort zum Hauptbahnhof. Sie ist kein Rundweg!

Gesamtlänge: 26,1 Kilometer. Höhenmeter: 294 Meter. Abstieg: 311 Meter. Dauer: etwa 6 Stunden ohne Pause.

Anreise per Pkw: Parkplätze an der Zeche Bonifacius. Mit Bus und Bahn: Bahnhof Essen-Kray Nord.
Überwiegend gut begehbare Wege, Trittsicherheit erforderlich

Schwierigkeitsgrad: schwer

Durch einen Grünzug kommen wir an den Fuß der Halde Zollverein IV/XI, sie besteigt man am besten mit den Trampelpfaden, die da sind, aber Achtung: Reiter und Mountainbike-Fahrer wissen, was sie an ihrer Halde haben. Wer die Halde wieder absteigt, dem erschließt sich ein atemberaubendes Stadt-Panorama Essens.

Den Wanderer begleitet auf dem Gang an der Halde Rheinelbe ein Skulpturenpark.
Den Wanderer begleitet auf dem Gang an der Halde Rheinelbe ein Skulpturenpark. © Jochen Tack | Jochen Tack

Wir wandern weiter Richtung Halde Schurenbach, dazu müssen wir über die Radtrasse Nordsternbahn, hier liegen sich Fatih-Moschee und der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter direkt gegenüber. Mehr Revierromantik geht kaum!

Bramme auf der Schurenbachhalde kommt nicht aus dem Ruhrgebiet

Angekommen an der Schurenbachhalde: Eine Treppenanlage führt auf das Gipfelplateau, optisch an eine Mondlandschaft angelehnt, mit der berühmten „Bramme für das Ruhrgebiet“ des amerikanischen Künstlers Richard Serra. Diese 67 Tonnen schwere, 15 Meter hohe Skulptur hat auch 22 Jahre nach ihrer Fertigstellung nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Im Ruhrgebiet konnte die Bramme übrigens nicht hergestellt werden, da es einfach keine Produktionsstätte gab, die dieses Kunstwerk hätte produzieren können. Ein Stahlwerk in Frankreich konnte schließlich aushelfen.

Grüner Norden: Blick von der Halde Zollverein IV/XI, hinten Essens Innenstadt.
Grüner Norden: Blick von der Halde Zollverein IV/XI, hinten Essens Innenstadt. © Jochen Tack | Jochen Tack

Auch hier ist die Fernsicht grandios. Der Weg von der Schurenbachhalde bis zum Bottroper Stadtgebiet führt leider wieder durch Gewerbegebiete sowie Wohnquartiere, und wir versuchen, im Stadtteil Karnap schnell Grünflächen zu erreichen, damit die nahende B 224 so wenig wie möglich überquert werden muss. Unterwegs kann, wer will, bei der Ruhrgebietsikone Ente Lippens und seiner Restauration „Mitten im Pott“ einkehren. Auf Bottroper Gebiet wird die B 224 überquert, und der Weg quert eine der schönsten Siedlungen des Ruhrgebiets: die Gartenstadt Welheim. Hier werden übrigens von der Mietinitiative Welheim auch Führungen angeboten.

Die Halde mit dem Tetraederheißt schlicht „Halde Beckstraße“

Nach Durchqueren der Siedlung wird ein Grünzug erreicht, der den Wanderer autofrei an der Halde Prosperstraße vorbei an den Fuß der Halde Beckstraße – hin zum Tetraeder – führt. Nun gilt es nur noch, die Treppenanlage hoch zur 100 Meter hohen Halde aufzusteigen und dort die Landmarke Tetraeder, eröffnet 1995, zu bewundern.

Bisher erschienene Teile unserer Wanderserie: Rund um Steele, Der höchste Punkt Essens, außerdem: Die besten Wanderwege im Revier