Essen. Großer Andrang bei der Sommerschule: Ein Essener Träger hat die Platzzahl erhöht, um vielen Kindern zu helfen, coronabedingte Lücken zu schließen

Der Unterricht startet um neun Uhr, doch die erste Schülerin kommt schon eine halbe Stunde vorher angelaufen: „Ich bin doch nicht zu spät?“, fragt das Mädchen. Minuten später trudeln andere Kinder ein, warten ungeduldig, dass sich die Tür der Christophorus-Grundschule in Kray öffnet: Willkommen in der Sommerschule.

Nach wochenlanger coronabedingter Pause haben die Jungen und Mädchen offenbar Entzugserscheinungen. Jedenfalls hat Schulleiterin Angela Toussaint in den Klassen auch eine bemerkenswerte Stille und Konzentration beobachtet. Sonst nicht unbedingt typisch für Grundschüler.

Plätze für die Sommerschule waren im Handumdrehen vergeben

Auch die CSE, die an insgesamt acht Essener Grundschulstandorten Sommerschulen betreibt, berichtet von einem enormen Interesse: „Ursprünglich wollten wir 290 Kinder aufnehmen, jetzt sind es 348“, sagt Markus Heijenga, Fachdienstleiter Bildung bei der CSE. Um möglichst viele Kinder aufzunehmen, habe man einige Gruppen von fünf auf sechs Teilnehmer aufgestockt. Mehr gehe nicht, weil die Kinder in den Kleingruppen besonders profitieren.

So erlebt es auch die 37-Jährige Jessica, deren Tochter die Sommerschule in Kray besucht. Das sechsjährige Mädchen sei eher ruhig und zurückhaltend, der Wechsel von der Kita in die Schule im vergangenen Jahr sei ihr nicht leichtgefallen. Kaum hatte sie sich eingelebt, kam Corona. „Der Neustart an den paar Tagen vor den Ferien war schwer für sie. Aber in der kleinen Gruppe hier fühlt sie sich wohl, das ist für sie auf jeden Fall schöner.“

Das hier ist Premium-Lernen, sagt Schulsozialarbeiterin Astrid von der Heyden über die kleinen Gruppen in der Sommerschule.
Das hier ist Premium-Lernen, sagt Schulsozialarbeiterin Astrid von der Heyden über die kleinen Gruppen in der Sommerschule. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Schöner auch als Schule zu Hause: Jessica, die sonst als Integrationshelferin an einer Schule arbeitet, hatte wegen der coronabedingten Schulschließung zwar frei und Zeit für ihre Tochter: „Aber die hatte keine Lust, Aufgaben zu machen, wollte lieber spielen.“ Die Lehrerin habe sich große Mühe gegeben und eine hilfreiche Arbeitsmappe zusammengestellt, doch bis zum Ferienende hätten sie nicht alle Aufgaben lückenlos erledigen können. Es könne also nicht schaden, wenn ihre Tochter in den Ferien zwei Wochen lang ein paar Dinge nacharbeite. „Und weil wir unseren Urlaub absagen mussten, ist das für sie auch eine nette Abwechslung.“

Nicht alle Lücken können geschlossen werden

Schließlich wird in den täglich drei Stunden nicht nur gearbeitet, sondern auch gebastelt, gespielt und Sport getrieben, betont Schulsozialarbeiterin Astrid von der Heyden. „Also viele Dinge, die Kinder wochenlang vermisst haben.“ Den Anspruch, den gesamten Unterrichtsstoff aufzuarbeiten, hat die Sommerschule nicht, aber es werden Lücken geschlossen, Grundfertigkeiten eingeübt.

„Kindern mit sprachlichen Defiziten tut es gut, zwei Wochen lang Deutsch zu sprechen. Andere schulen Fein- und Grobmotorik.“ Man sehe am Ende die Fortschritte, sagt eine der Lehrkräfte, die schon zwei Wochen Sommerschule an einer anderen Grundschule hinter sich hat. Und die Kinder kommen so gern, dass sie ihren Freunden von der Sommerschule erzählen und die fragen: „Dürfen wir auch noch kommen?“

Schulen werden von den Entscheidungen des Landes überrumpelt

An der Christophorus-Schule wird es zumindest während der gesamten Ferienzeit Schulbetrieb geben, sagt Schulleiterin Angela Toussaint. Gerade habe sie gehört, dass ab kommender Woche ein Angebot aus dem sehr spät aufgelegten Landes-Förderpogramm in ihrem Schulhaus stattfinden werde. Natürlich begrüße sie, dass die Stadt die Mittel noch nutzt, um zusätzliche 38 Gruppen für weitere lernwillige Kinder zu schaffen, doch für ihre Planung wäre ein bisschen Vorlauf hilfreich gewesen. „Aber seit Beginn der Corona-Pandemie werden wir ja ständig von kurzfristigen Entscheidungen des Landes überrascht.“