Essen/Dortmund. Privatsphäre versprechende Saunakonzepte wie das Essener Wellnest profitieren von der Coronakrise. Nun sind weitere Standorte geplant.
Während viele Saunen und Thermen in der Region noch immer mit niedrigen Besucherzahlen zu kämpfen haben, gehört das in Essen gegründete Sauna-Konzept „Wellnest" offenbar zu den Profiteuren der Coronakrise. Ähnlich wie bei dem Dortmunder Mitbewerber „My Wellness“ lassen sich in dem Spa private Kabinen buchen, die jeweils mit Sauna, Whirlpool und Dusche ausgestattet sind. Durften vor Corona maximal vier Personen gleichzeitig entspannen, sind aktuell zwei Gäste pro „Nest“ erlaubt, wie das Essener Unternehmen seine separaten 14 Wellness-Räume nennt.
Jedes dieser Nester wird nach dem Besuch komplett desinfiziert, sogar Essen und Getränke gelangen nur durch eine schließbare Durchreiche zum Gast: Damit könne man in Coronazeiten punkten, glaubt „Wellnest“-Sprecherin Jana Pieper: „Die Menschen wollen entspannen, dabei aber möglichst den Kontakt zu vielen anderen vermeiden.“
„Wellnest“ will bundesweit wachsen und plant Filialen in Hamburg und Bonn
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Seit Wiederaufnahme des Betriebs Mitte Juni seien viele Termine für die nächsten acht Wochen ausgebucht. Entsprechend bestärkt sieht sich das Unternehmen in seinen Expansionsplänen. „Wir haben neue Standorte in Hamburg und Bonn in Aussicht und sind aktuell auch auf der Suche nach einer neuen Unternehmenszentrale in Essen“, sagt Jana Pieper. Man wolle deutschlandweit wachsen und den Fokus vor allem auf das urbane Publikum in den Großstadtzentren legen.
Es sind junge Gutverdiener, die „Wellnest“ in den Blick nimmt. Neben der Privatsphäre will das Essener Konzept mit multimedialen Gimmicks punkten: So lassen sich alle Kabinen per Tablet steuern, können Besucher über ihr Smartphone Musik, Filme oder Serien streamen. Das alles lässt sich der Anbieter vergolden: Zwei Stunden Entspannung an einem Wochentag im „Wellnest“ kosten rund 66 Euro für zwei Personen, jede weitere Stunde schlägt mit knapp 33 Euro zu Buche. An den Wochenenden wird noch ein Zuschlag berechnet. Jana Pieper begründet die Preise mit hohen Betriebskosten und nicht zuletzt den verschärften Hygienemaßnahmen.
Deutscher Saunabund fordert einheitliche Regeln für 2000 Saunaanlagen
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Hans-Jürgen Gensow vom Deutschen Saunabund findet das „Nischenangebot aus dem Ruhrgebiet“ interessant. Das sei eine Bereicherung für die Branche, die von der Corona-Krise hart getroffen wurde. Obwohl das Private-Spa immer gefragter sei, so suchten die meisten Sauna-Fans eben das Gemeinschaftserlebnis – und daran ist sein Beginn der Pandemie kaum zu denken.
Der Verband fordert seit Wochen bundeseinheitliche Regeln im Umgang mit dem Coronavirus für die rund 2000 Saunaanlagen in Deutschland. So erschwere das föderale Regelwerk die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage zusätzlich. Denn ob beim Aufguss gewedelt wird, wie viele Menschen gleichzeitig in die Sauna dürfen und welche Temperaturen erlaubt sind – all das handhaben die Bundesländer bislang unterschiedlich.
Während etwa in Sachsen-Anhalt lediglich auf die Wahrung der ohnehin üblichen Corona-Maßnahmen hingewiesen wird, gilt laut Coronaschutzverordnung in NRW noch immer eine Mindesttemperatur von 80 Grad in den Saunen sowie das Verbot von Aufgüssen.
„An Kostendeckung ist bei den meisten Saunabetreibern gar nicht zu denken“
Vor allem kleinere Betriebe sieht Gensow gefährdet, wenn die teils strengen Auflagen noch sehr lange bestehen bleiben. So hatte eine Umfrage unter Saunabetreibern zuletzt ergeben, dass an Kostendeckung und Wirtschaftlichkeit zurzeit gar nicht zu denken ist. Deswegen hätten manche trotz Möglichkeit auch noch nicht wieder geöffnet.
Dabei pocht auch Gensow an die Verantwortung des Einzelnen zur Eindämmung der Pandemie. Dazu gehörten Mindestabstand und Hygiene, die sich aber auch in der Sauna problemlos umsetzen ließen: „Das Infektionsrisiko ist unter Einhaltung der Schutzauflagen in der Sauna nicht höher als in der Gastronomie.“