Essen. Um krebskranken Kindern Fahrten ins Krankenhaus zu ersparen, gibt es in Essen ein besonderes Projekt. Lotte (7) erzählt, wie es ihr geholfen hat.

An manchen Tagen müssen sie allein für eine Blutabnahme durch das halbe Ruhrgebiet in die Uniklinik Essen fahren und mitunter noch Stunden mit Warten im Krankenhaus verbringen. An einem Ort, der für nicht wenige Kinder ohnehin mit schmerzhaften Erinnerungen behaftet ist. Um krebskranken Kindern diese Torttour zu ersparen und ihnen mit ihren Familien wertvolle Zeit zu schenken, hat in Essen vor einigen Monaten das „Brückenteam“ seine Arbeit aufgenommen.

„Ein bis zwei Kontroll- und Nachsorgebehandlungen pro Woche im kinderonkologischen Zentrum gehören für an Leukämie oder Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche zum Alltag. Die An- und Abreise, Wartezeiten in der Klinik und der eigentliche Termin beanspruchen schnell den ganzen Tag und beeinflussen das Familienleben erheblich“, erklärt Kim Jacob, Koordinatorin des Brückenteam-Projekts.

Brücke zwischen Patienten und Klinik

An dieser Stelle baut das Team um Jacob eine Brücke zwischen den jungen Patienten und dem Krankenhaus. Es fungiert als Bindeglied zwischen Klinik, niedergelassenen Ärzten, Institutionen und den betroffenen Familien und will Sicherheit geben. „Es hilft dabei, einen sicheren Weg in den neuen Lebensalltag zu finden und leistet ganzheitliche Hilfe, damit das Leben mit dem schwerstkranken Kind zu Hause gelingt“, berichtet Rebecca Baumeister, ebenfalls im Projektmanagement.

Geholfen hat es auch der Familie Hiller aus Duisburg. Der kleinen Lotte (7) wurde im Oktober des vergangenen Jahres ein Tumor aus dem Kopf entfernt. Es folgte eine Chemotherapie und Nachuntersuchungen alle drei Wochen. Von Februar an mussten Vater Christopher, Mutter Mareike, Lotte und ihr anderthalbjähriger Bruder dafür nicht mehr immer vom linksrheinischen Rheinhausen nach Essen fahren. Stattdessen fuhr Krankenschwester Angelika Abendroth zu den Hillers nach Duisburg. „Das war schön“, sagt Lotte, „sonst haben wir immer so lange im Stau gestanden. Und Zuhause ist es auch schöner als im Krankenhaus“, so die Siebenjährige.

Spende für das Brückenteam

Inzwischen geht es ihr schon viel besser. „Es wird langsam wieder“, berichtet Vater Christopher. Das Daheim-Pflege-Angebot habe der Familie sehr geholfen. Kürzlich waren die Hillers in einem WDR-Beitrag über das Brückenteam zu sehen. „Anschließend haben unsere Freunde uns gefragt, wie sie das Projekt denn unterstützen könnten“, berichtet Mareike Hiller.

Denn finanziert wird es von der Gert und Susanna Mayer Stiftung aus Wuppertal, die sich für die Erforschung von Krebs im Kindes- und Jugendalter und die Unterstützung von Krebspatienten und ihren Angehörigen engagiert. Rund 1,4 Millionen Euro fließen in den Aufbau des Brückenteams von 2018 bis 2021. Projektkoordinatorin Kim Jacob ist zuversichtlich, dass der Service künftig als Kassenleistung anerkannt wird, bis dahin aber braucht es eben auch Förderer.

Vielleicht nicht der größte, dafür aber sicher der rührendste Beitrag kommt hierbei von Lotte und ihrem kleinen Bruder. „Von unserem eigenen Geld haben wir 15 Euro gespendet“, berichtet das aufgeweckte Mädchen stolz. Weitere 3000 Euro haben Familienfreunde der Hillers innerhalb kürzester Zeit gesammelt.

Um ihren selbstgebastelten Spendcheck zu überreichen und dem Brückenteam sowie den Ärzten und besonders Pflegerin Angelika Abendroth zu danken, ist Lotte nun nochmal zur Uniklinik gefahren. „Das ist ein wirklich hilfreiches Projekt und sollte weiter gefördert werden“, erklärt Mareike Hiller.

Risiko mit Corona infiziert zu werden, sinkt durch Hausbesuche

Denn das kranke Kind zu Hause in einem entspannten und gewohnten Umfeld zu versorgen wünschten sich sicher viele Eltern, sind sich die Hillers sicher. Neben der rein medizinischen Behandlung gehören auch soziale und psychologische Aspekte zum Kern der Arbeit des Brückenteams. Schließlich bedeute eine Diagnose wie Krebs nicht nur für die betroffenen Kinder und Jugendlichen einen schwerwiegenden Einschnitt in das bisherige Leben. Auch für die Eltern, Großeltern und Geschwister – für die ganze Familie – ändert sich der Alltag und nicht selten bricht eine Welt zusammen.

„Gerade während der Corona-Krise wird die Arbeit des Brückenteams besonders sichtbar. Bei jungen, krebskranken Patienten ist das Immunsystem – als Nebenwirkung der Chemotherapie – häufig geschwächt. Covid-19 stellt für sie daher eine große Gefahr dar. Die ambulante Versorgung durch das Brückenteam hilft dabei, krebskranke Kinder und Jugendliche in der Corona-Krise zu schützen“, sagt Kim Jacob.

Das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19 werde dadurch enorm reduziert.