Essen. Mehrere Bürgerinitiativen, die sich als „Grüne Lungen Essen“ für den Erhalt von Freiflächen einsetzen, fordern eine Wende in der Baupolitik.

Angesichts des bevorstehenden Aus von Karstadt und Galeria Kaufhof in der Essener Innenstadt fordern Bürgerinitiativen Politik und Verwaltung zu einer Wende in der Wohnungspolitik auf. Die Krise des Warenhauskonzerns biete die Chance, „die Stadt ganz neu zu sehen“, sagt Angela Petersen von der „Bürger-Aktion Bochold“. Statt auf Grün- und Freiflächen könnten neue Wohnungen in der Innenstadt entstehen und diese beleben. Diese Chance gelte es zu nutzen.

Die „Bürger-Aktion Bochold“ ist eine von sieben Initiativen, die sich zu dem Bündnis „Grüne Lungen für Essen“ zusammengefunden haben. Gemeinsam setzen sie sich für den Erhalt von Grün- und Freiflächen ein. Das Bündnis soll ihnen mehr Schlagkraft verleihen - auch mit Blick auf die bevorstehende Kommunalwahl. „Wir lassen nicht locker“, sagt Estelle Fritz von der Initiative „Rettet Rüttenscheid“.

In Ickten ist die Natur dabei, sich einen aufgegebenen Tennisplatz zurückzuerobern

„Klimaschutz fängt auf lokaler Ebene an“, betont Estelle Fritz. Deshalb fordern die Initiativen die Stadt auf, von der Versiegelung weiterer Flächen abzusehen. Sei es am Rande der Stadt wie in Kettwig Ickten, wo die Bebauung eines vor Jahren aufgegebenen Tennisplatzes, den sich die Natur gerade zurückerobert, bereits beschlossene Sache ist. Sei es inmitten dichter bebauter Stadtteile wie in Bedingrade oder Bochold.

In Bochold will ein Investor das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei zwischen Kesselstraße und Schölerpad bebauen. Die Stadt hält das 20.000 Quadratmeter große Areal lange schon geeignet für den Wohnungsbau. Aufgrund der schwierigen Entwässerung hat sich bislang kein Investor an die Erschließung herangetraut. Nun könnte der Grünzug verschwinden. Dabei zeige doch die Corona-Krise, wie wichtig es sei, dass sich die Menschen vor der eigenen Haustür erholen könnten, mit wenigen Schritten ins Grüne. Gerade in Bocholt lebten viele Familien, die sich Ausflüge oder weite Reisen gar nicht leisten könnten, gibt Angela Petersen zu bedenken.

Innenentwicklung hat bei der Bebauung Vorrang, aber auch Grün in der Stadt ist wertvoll

In Bedingrade kämpft die Initiative „Rettet den Klostergarten“ ebenfalls um den Erhalt einer Grünfläche. Die Wohnungsgenossenschaft Essen-Nord will auf dem 22.500 Quadratmeter großen Gelände der Franziskusschwestern rund 100 Wohneinheiten errichten. Der Bebauungsplan ließe den Bau eines neuen Krankenhauses zu, betont der Investor.

Bei beiden Projekten handelt es sich um eine so genannte städtebauliche Innenentwicklung, gelten Außenbereiche doch als besonders schützenswert. „Wir sind die Bauernopfer“, klagt Arnulf Breiderhoff von der Initiative „Rettet den Klostergarten“. Gerade die heißen Sommer der vergangenen beiden Jahre hätten vor Augen geführt, wie wichtig auch innerstädtisches Grün ist, betonen die Bürgerinitiativen.

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Flächenneutral zu bauen sei möglich, wenn man nur wolle. Als positives Beispiel führt Estelle Fritz ausgerechnet ein Bauprojekt im dicht besiedelten Rüttenscheid an. Auf dem Gelände eines ehemaligen Autohauses an der Rüttenscheider Straße plant das Essener Unternehmen Greyfield Bürobebauung um einen begrünten Innenhof. „Das ist das Bauen der Zukunft“, sagt Fritz,

Vor der Kommunalwahl wollen die Bürgerinitiativen den Parteien „das ein oder andere Wahlversprechen“ abringen, damit der Klimaschutz bei der Stadtentwicklung nicht zu kurz komme.