Essen. Eins der traditionsreichsten Gymnasien in Essen, die Viktoriaschule im Südostviertel, löst sich auf. Ein Ende unter unwürdigen Bedingungen.

Das Viktoria-Gymnasium am Kurfürstenplatz im Südostviertel, eins der ältesten Gymnasien in Essen, wird am Freitag, dem letzten Tag des Schuljahres, endgültig aufgelöst. Das Ende der 108-jährigen Zeit findet unter unwürdigen Bedingungen statt. 30 Lehrer waren zuletzt noch da, und nur etwas mehr als 320 Schüler. Die Abiturienten erhielten ihr Abi-Zeugnis in der Aula des Burggymnasiums.

Doch das Ende der traditionsreichen Viktoriaschule, 1912 als höhere Schule für Mädchen aus der ganzen Region gegründet, konnte man nicht mit einem Schulfest besiegeln, so wie es vor Corona geplant war. „Corona macht das Ende nochmal ärmer“, sagt Schulleiter Klaus Wilting. „Dabei ist dies ein Einschnitt, der mit Schulfest und Festakt hätte gestaltet werden sollen. Es ist traurig, nicht gemeinsam Abschied nehmen zu können.“

Lange angekündigtes Ende

Es ist ein Ende, das sich lange angekündigt hat. Nach anhaltend niedrigen Anmeldezahlen hatte die Schulverwaltung im Februar 2017 „tiefgreifende Veränderungen“ angekündigt. Im Jahr zuvor hatte es eine öffentliche Debatte darüber gegeben, ob man die Viktoriaschule nicht mit der gegenüberliegenden Hauptschule Wächtlerstraße zu einer neuen Gesamtschule umwandeln sollte. „Auch das“, sagt Wilting heute, „hat uns allen geschadet.“

Dabei hatte das Viktoria-Gymnasium nicht tatenlos zugesehen: Ab 2014 startete man einen nach innen und außen gerichteten, aufwändigen Profilierungsprozess, man stellte seine Stärken und Alleinstellungsmerkmale heraus: Aufwändige Theaterarbeit, familiäre Atmosphäre, Freiarbeit, Spanisch ab Klasse sechs, und vor allem: ein Selbstverständnis als Stadtteil-Gymnasium, das dem Umfeld gerecht wird. Das Südostviertel, die Steeler Straße, haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Mehr Migration, mehr Armut und Bildungsferne, weniger Mittelstand und Bürgertum.

Vernetzt im Stadtteil

Das Viktoria-Gymnasium erarbeitete sich durchaus den Ruf, Kinder aus einfachen Verhältnissen zu guten bis sehr guten Abi-Leistungen zu bringen; auch jene, die von der Realschule kommen. „Doch das ist bei der Bevölkerung nicht immer angekommen“, sagt Klaus Wilting heute. „Dass wir hier Migration erfolgreich integriert haben und Teil unseres Bildungsauftrags war, hat manche interessierte Eltern auch möglicherweise abgeschreckt.“ Dass man Teil der Stadtteilkonferenz war, außerdem vernetzt mit Akteuren der Kirchengemeinden - es hat am Ende alles nichts gebracht.

Keine neuen Schüler ab 2017

Ab 2017 nahm die Schule keine neuen Fünftklässler mehr auf, fusionierte Schritt für Schritt mit dem Burggymnasium. Vom kommenden Schuljahr an ist das Gebäude offiziell ein Standort des Burggymnasiums; hier werden die Oberstufenjahrgänge und die neunten Klassen unterrichtet. Etwa die Hälfte der verbliebenen Lehrer wechselt an die Burg, die anderen gehen ganz woanders hin. Viele Rückmeldungen hat die Schule in den letzten Jahren erhalten von Ehemaligen - Schülern und Lehrern. Die meisten von ihnen und jene, die am Freitag die Tür für immer abschließen, werden die Schule in vermutlich guter Erinnerung behalten.