Essen. . Das Viktoria-Gymnasium, eins der ältesten Gymnasien in Essen, verliert 2018 seine Eigenständigkeit. Die Unruhe ist groß – Fragen und Antworten.

  • Für das neue Schuljahr waren nur 42 Kinder angemeldet worden – eindeutig zu wenig.
  • Die CDU hat vorgeschlagen, dass das Unesco-Gymnasium das Gebäude übernehmen soll.
  • Es ist das Ende des dritten Innenstadt-Gymnasiums nach Humboldt (1986) und Luisenschule (2004)

Seitdem Schul-Dezernent Peter Renzel „durchgreifende Veränderungen“ am Viktoria-Gymnasium angekündigt hat, ist die Unruhe unter Eltern, Schülern und Lehrern beachtlich. Die Schule im Südostviertel soll nur noch ein Jahr eigenständig bleiben, die letzten beiden neuen Fünfer-Klassen im Sommer starten. Für das kommende Schuljahr waren nur 42 Kinder angemeldet worden.

Was ist mit Eltern, die ihr Kind an der Viktoria angemeldet haben und das nun angesichts der schlechten Nachrichten doch lieber woanders unterbekommen möchten?

Betroffene Eltern berichten, dass ihnen gesagt wurde, ein nachträgliches Ummelden sei unmöglich. Schulverwaltungs-Chefin Regine Möllenbeck relativiert das: Man würde niemanden zwingen, am Viktoria zu bleiben, sei jedoch sehr um die Eltern mit ihren Kindern bemüht. Die beiden neuen Fünfer-Klassen sollen mit jeweils 21 Kindern starten, hinzu kämen später noch so genannte Seiteneinsteiger-Kinder mit geringen Deutschkenntnissen.

Wird die Viktoriaschule, wie die CDU zuletzt ins Spiel gebracht hat, mit dem Unesco-Gymnasium fusioniert?

Fusionen zweier Gymnasien sind laut Schulgesetz überhaupt nicht möglich. Fakt ist: Das Unesco-Gymnasium, ein traditionsreiches Aufbau-Gymnasium, das nur Schüler in den Jahrgängen sieben und elf aufnimmt, liegt in der Nähe der Viktoriaschule. Die Schule wurde vor mehr als 50 Jahren sozusagen als Gymnasium für Spätzünder gegründet – vor allem für Arbeiterkinder, die nach zwei Jahren Haupt- oder Realschule den Weg in Richtung Abi gehen wollen. Mittlerweile hat sich die Unesco-Schule vor allem als Gymnasium für begabte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten entwickelt. Schulleiterin Annette Uttendorfer sagt, dass ihr Haus räumlich „an der Kapazitätsgrenze“ sei – Schulentwicklung sei nicht möglich. „Es gibt zum Beispiel keine Räume für eine Bibliothek, die wir einrichten möchten.“ Auch Unterricht individuell zu gestalten angesichts der vielen Schüler, die erst seit kurzem in Deutschland sind, sei nicht möglich. Aber: Die Idee, dass die Unesco-Schule schrittweise ins Viktoria-Gebäude einzieht, ist nach allem, was man hört, offenbar bislang nur – eine Idee. „Wir denken in alle Richtungen nach, um die gymnasiale Struktur in der Innenstadt und erweiterten City langfristig stabil zu halten“, sagt Regine Möllenbeck. Was das konkret bedeuten könnte, will sie jedoch nicht sagen.

Was sagen Ehemalige?

Die Krise des Viktoria-Gymnasiums sieht ihr ehemaliger Leiter Hans Schippmann, der von 2004 bis 2010 die Schule führte, als eine lange Kette von Negativ-Ereignissen, Gymnasien in der Innenstadt betreffend: „Sie haben es immer schwerer.“ Er erinnert ans Humboldt-Gymnasium – seit 1986 Gesamtschule – und die Luisenschule am Bismarckplatz. Diese schloss 2004, ist heute Stadtarchiv. Dass Eltern Gymnasien in den Stadtteilen bevorzugen und lange Fahrtzeiten nicht mehr hingenommen werden, habe auch etwas mit der Einführung des „Turbo-Abis“ zu tun, das zu mehr Nachmittagsunterricht geführt hat.

Wie geht es weiter?

Im Frühjahr soll feststehen, was die Zukunft der Viktoria-Schule bringt. Ihre Eigenständigkeit wird sie verlieren - nach 116 Jahren.