Essen. Essens OB Thomas Kufen will die Konzernchefs überzeugen, die Schließungspläne zu revidieren. Ausgerechnet A-Lagen aufzugeben, mache keinen Sinn.

Oberbürgermeister Thomas Kufen hat die Schließungspolitik von Karstadt Kaufhof als unverständlich kritisiert und fordert eine Revision der Entscheidung, beide Essener Kaufhäuser am Willy-Brandt-Platz und im Einkaufszentrum Limbecker Platz aufzugeben. „Viele der A-Lagen zu schließen, stattdessen aber schlechtere Standorte weiterzuführen, ist für mich kein Zukunftskonzept“, erklärte Kufen im Gespräch mit dieser Zeitung.

OB bietet sich als Vermittler zwischen Kaufhaus-Konzern und Vermieter Koerfer an

Sollte hinter der Entscheidung eine kurzfristige finanzielle Logik stecken und die Höhe der Mieten das Problem sein, will Kufen den Versuch unternehmen, zwischen Karstadt Kaufhof und der Koerfer-Gruppe zu vermitteln. Letztere ist Eigentümerin des Gebäudes am Willy-Brandt-Platz und hat sich bislang strikt geweigert, noch weiter mit der Miete herunterzugehen als es ohnehin bereits vereinbart worden sei.

Der OB hat sich gleichzeitig gegen den Eindruck verwahrt, mit dem angekündigten Aus für die Kaufhäuser sei auch das Schicksal der Innenstadt als Einzelhandelsstandort besiegelt. Wortspiele wie „Essen - die Geisterstadt“ - zu sehen auf der Fotomontage eines Künstlers - seien grotesk übertrieben, würden dem Thema nicht gerecht und ärgerten ihn. Kufen sagt allerdings auch: „Mit Karstadt wäre eine Weiterentwicklung der Innenstadt deutlich leichter möglich als ohne die Häuser.“ Genau deshalb werde er Gespräche mit dem Management führen.

Die Schließungen seien nicht mit dem Zustand der Essener Innenstadt zu erklären

Die „Schuld“ für den Schließungsbeschluss am baulichen Zustand der Essener Innenstadt oder am Niveauverlust des Einzelhandels abzuladen, greift aus Kufens Sicht ebenfalls zu kurz. Schließlich seien andere Städte wie Düsseldorf, Köln oder Dortmund in gleicher Weise betroffen. Das bedeute nicht, dass er die Probleme der Innenstadt ignoriere. Die Strukturkrise des standortgebundenen Einzelhandels seien durch die Corona-Krise und der damit verbundenen Stärkung der Digitalisierung noch gewachsen.

Kufen warnte aber vor einem Schlechtreden des Stadtkerns. Beim Thema Sauberkeit sei die Stadt auf einem guten Weg. Nutzungsveränderungen wie eine stärke Durchmischung mit Wohnungen brauchten ihre Zeit. „Natürlich würde ich mir wünschen, dass wir schon weiter sind.“

OB hält am Willy-Brandt-Platz auch eine andere Nutzung für möglich

Sollte es partout keine Chance auf einen Sinneswandel geben, habe er indes keine Sorge, dass sich der Standort am Willy-Brandt-Platz auch auf andere Weise weiterentwickeln lasse. „Mit der Koerfer-Gruppe gib es einen Investor, mit dem wir in Essen gute Erfahrungen gemacht haben.“ Auch die Sanierung des benachbarten Eick-Hauses stärke den Platz.

Neben dem OB appelliert auch die Essener CDU an den Konzern, die Schließung beider Standorte abzuwenden. „Dass ein Unternehmen dieser Größenordnung die 1A-Lage in einer der zehn größten Städte Deutschlands nicht zu nutzen weiß, ist bitter, so Ratsfraktionsschef Jörg Uhlenbruch. Wir hoffen sehr, dass noch eine alternative Lösung gefunden werden kann“.

SPD verweist auf die bisherige Erfolglosigkeit der Stadtspitze beim Erhalt der Kaufhäuser

Thomas Kutschaty, Vorsitzender der Essener SPD, verweist auf die bisherige Erfolglosigkeit des OB in dieser Frage: „Leider hat das Bemühen der Stadtspitze, die Standorte zu halten, beim Unternehmen offenbar keinerlei Wirkung entfaltet.“ Beide Parteien wie auch die Grünen betonten, Karstadt Kaufhof müsse sich der Verantwortung für die rund 200 Mitarbeiter stellen. Auch die Grünen hoffen auf einen Meinungsumschwung der Konzernspitze, um die Verödung der Innenstadt zu unterbinden. Damit die Umsätze wieder wachsen, solle die Bundesregierung „Kauf-vor-Ort-Gutscheine“ für jede Bürgerin und jeden Bürger einführen.

Die Essener Linke betonte, „Immobilien-Milliardär René Benko“ habe die Warenhäuser vor sechs Jahren mit dem Versprechen gekauft, diese retten zu wollen. Darüber hinaus habe der Konzern jahrzehntelang in Essen gutes Geld verdient und dürfe die Stadt jetzt nicht einfach links liegen lassen. „Das Einkaufszentrum am Limbecker Platz wurde im Wesentlichen gebaut, um Karstadt in Essen zu halten. Wenn der große Ankermieter jetzt rausgeht, ist das eine Katastrophe, das Einkaufszentrum droht zu veröden“, sagt Ratsfraktionschefin Gabriele Giesecke. Die Schließung sei schlichtweg „eine Sauerei“. (F.S.)