Essen. Gemeinsam wollen Essen und Duisburg den Sumpf der Clan-Kriminalität trocken legen. Was die Städte vorhaben und welche Partner noch dabei sind.
„Die Politik der Tausend Nadelstiche“, so hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) 2018 die neue Strategie der Polizei überschrieben, nachdem sich kriminelle Clans türkisch-arabischer Herkunft nachhaltig in den Fokus der Öffentlichkeit gedrängt hatten.
Vor allem in Essen und Duisburg folgte daraufhin eine Reihe von medienwirksamen Razzien in Shisha Bars, Wettbüros und Cafés. „Wir stehen euch auf den Füßen und wir haben hier das Sagen“, wollten die Behörden damit zum Ausdruck bringen. Die Landesregierung wollte einerseits den Beweis antreten, ihr Wahlversprechen („Mehr Sicherheit“) zu erfüllen und andererseits hegte sie die Hoffnung, dass die Clans aufgeben, wenn sie sich nur intensiv genug beobachtet fühlten.
Clans bedrohten Polizisten und Journalisten mit dem Tod
Auch interessant
Aufgegeben haben die Clans nicht. Weiterhin machen sie Schlagzeilen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen und respektlosem Verhalten, Drohungen und Widerstandshandlungen gegen die Staatsmacht. Zuletzt bedrohten Clanmitglieder nach Festnahmen im Duisburger Stadtteil Marxloh Polizisten und Journalisten gar mit dem Tod.
Um effektiver gegen Clan-Kriminalität vorzugehen, hat sich die Stadt Essen nun gemeinsam mit Duisburg und Dortmund zusammengetan. Am Montag unterzeichneten Minister Herbert Reul, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD), der Ordnungsdezernent der Stadt Dortmund Norbert Dahmen, der Präsident der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin Andreas Jung und die Präsidentin der Generalzolldirektion Colette Hercher den Kooperationsvertrag zur „Sicherheitskooperation Ruhr zur Bekämpfung der Clankriminalität“ („SiKo Ruhr“).
Auch interessant
Herbert Reul formulierte für die Zusammenarbeit, die bundesweit einzigartig sei, ein ambitioniertes Ziel: „Die Clankriminalität muss verschwinden. Natürlich wird das kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir müssen an das Geld und die Vermögenswerte der Familien heran. Clankriminalität ist keine Kleinkriminalität. Hier geht es quer durch das Strafgesetzbuch - von Diebstahl, Sozialbetrug, Menschenhandel bis hin zum Mord.“
Informationen über Clans bündeln und austauschen
Die „SiKo Ruhr“, in der neun Vertreter von Landespolizei, Kommunen, Zollbehörde und Bundespolizei sitzen, soll dabei das neue Zentrum der Clanbekämpfung werden, indem sie Informationen über kriminelle Großfamilien sammelt und austauscht. Die Behörden wollen den Clans noch intensiver ins Portemonnaie greifen und konzentrieren sich auf die Fragen: „Welche Immobilien besitzen sie? Woher kommt das Geld für den Sportwagen? Wohin fließt das Geld?“
„Ich bin überzeugt, dass wir viele Erkenntnisse über kriminelle Clans schon haben. Wir müssen diese nur zusammenbringen und uns besser vernetzen“, sind Kufen und Link überzeugt. Den Stadtoberhäuptern geht es auch darum, ihre „Stadtteile wieder aufzuwerten, dem subjektiven Unsicherheitsgefühl entgegenzuwirken und aus vermeintlichen No-Go-Areas Let’s-Go-Areas zu machen“, wie sie formulierten. „Wir brauchen dieses Netzwerk, denn die kriminellen Clans agieren ebenfalls vernetzt - national und sogar international“, so Kufen.
Neben der Repression gehe es bei der SiKo Ruhr auch um Prävention, wie der Innenminister mehrfach unterstrich. „Wir müssen den Leuten auch Auswege und Alternativen zeigen, sonst kommen wir nur schwer gegen die Vorstellung des schnell und einfach verdienten Geldes an, dass den jungen Familienmitgliedern mitunter durch das protzige Gehabe anderer Clanmitglieder vorgelebt wird“, so Reul.
Doch „am Ende“, da gibt sich der Minister betont kämpferisch, „werden wir gewinnen.“ Bis dahin rücken die Behörden erstmal ihre Schreibtische zusammen und tauschen Informationen und Strategien aus.