Essen-Kupferdreh. Die Corona-Krise hat den Turnverein Essen-Kupferdreh (TVK) bislang 150 Mitglieder gekostet. Neue Angebote sollen nach der Zwangspause helfen.
Im Zuge der Lockerungen durften beim Turnverein Kupferdreh wie vielerorts zunächst die Outdoor-Sportler wieder aktiv werden. Aber auch andere Sparten, etwa die Geräteturner haben die Vorteile frischer Luft entdeckt und ihre Stunden auf die Vereinswiese verlegt. Die wochenlange Zwangspause in allen 14 Abteilungen hat den größten Breitensportverein der Ruhrhalbinsel bisher 150 Mitglieder gekostet. Sie haben nach Angaben des TVK zum 1. Juli gekündigt. Nun hofft der Vorstand auf Nachwuchs durch Neues und Exotisches.
Vielversprechend klingt Aroha. Wer sich nach Sport sehnt, könne hierbei ohne Vorkenntnisse, in jedem Alter und Trainingsstand einfach einsteigen, verspricht der TVK. Die Kombination aus Thai Chi, Kung-Fu und dem neuseeländischen Traditionstanz Haka birgt zudem Vorteile in Corona-Zeiten. Das Tempo ist mäßig und weit weniger Schweiß treibend als andere Workouts. Und die Teilnehmer üben auf festen Plätzen, die sie nicht verlassen.
Was nach Palmeninsel klingt, ist in Essen noch selten
Der Turnverein 1877 Essen-Kupferdreh
Der Turnverein 1877 Essen-Kupferdreh (TVK) ist der älteste und größte Sportverein der Ruhrhalbinsel. Am 1. Januar 2020 zählte man knapp 1700 Mitglieder.
Das Sport- und Kursangebot bietet 26 Sportarten für jedes Alter – von Badminton und Boule über Duathlon, Inlineskating und Judo bis zu Tischtennis und Yoga. Schwerpunkte sind die Kinder- und Jugendarbeit.
Wegen Corona entfallen derzeit Wettkämpfe, u.a. das Rollstuhlbasketball-Turnier, die Ruder-Sprintregatta, die Drachenboot-Wettfahrt und das Taekwondo-Turnier. Weitere Infos: www.tvk-essen.de oder unter Telefon: 84 86 220 (Geschäftsstelle).
„Bei Aroha kann ich Stress abbauen. Danach bin ich wunderbar entspannt, aber auch voller Energie“, sagt Delia Bühne. Seit vielen Jahren ist die 58-Jährige Übungsleiterin, unterrichtete Pilates und Rückengymnastik. Bei einem Lehrgang entdeckte sie Aroha und ließ sich darin ausbilden. Was nach Palmeninsel klingt, ist in Essen noch selten. Und nicht etwa auf Hawaii, sondern im Südpazifik, genauer in Neuseeland, hat das Ausdauerprogramm seine Wurzeln.
Delia Bühne steht vor dem aufgemalten Tor am Ende der Halle am Hinsbecker Berg. Sie schaltet den roten Bluetooth-Lautsprecher ein. Die Stunde beginnt mit dem Aufwärmen. Exotische Flöten und dumpfe Trommelschläge lassen die Gedanken schweifen. Ein Spaziergang im Regenwald, bunte Vögel in hohen Baumwipfeln, eine Schlange windet sich züngelnd über den Blätterboden.
Vom Kung Fu einige Angriffs- und Verteidigungsposen übernommen
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„Langziehen bis zur Decke!“, sagt die Übungsleiterin und reckt ihre Arme abwechselnd weit nach oben. Die fünf Teilnehmerinnen tun es ihr gleich. Dann geht es in die Hocke, wie auf einen unsichtbaren Stuhl. Tief und wieder hoch. Passend zur Instrumentalmusik. Dabei ziehen die Frauen Kreise in die Luft. Was folgt, sieht aus, als ob sie mit den Armen einen unsichtbaren Fluss durchschwimmen oder sich im Dschungel einen Pfad schlagen.
Nach solchen weiten, weichen Bewegungen kommen einige Schläge wie beim Kung Fu, aus dem einige Angriffs- und Verteidigungsposen übernommen wurden. Anspannung und Entspannung wechseln sich bei Aroha ab. Das soll die körperliche Fitness fördern und Corona-Pfunde schmelzen lassen. Klassische Problemzonen - Bauch, Oberschenkel, Po – sollen gefestigt werden. Aber ein Frauensport sei es dennoch nicht, betont die Trainerin.
Kraftvolle Bewegungen, wilde Gesten und laute Schreie
„Dann tanzt du jetzt also Kampfwalzer“, so Delia Bühne, habe ihr Mann gesagt, als sie ihm das erste Mal von ihrem neuen Hobby im Dreivierteltakt erzählt habe. Einige kämpferische Elemente hat das Workout auch vom Haka, dem Tanz der Maori-Ureinwohner. Noch heute führen ihn neuseeländische Rugby-Teams vor wichtigen Spielen auf. Mit kraftvollen Bewegungen, wilden Gesten und lauten Schreien macht man sich Mut und demonstriert den Gegnern seine Kraft.
„Aroha wurde von Bernhard Jakeszt entwickelt“, berichtet Delia Bühne. Der Berliner habe das Workout nach einem längeren Aufenthalt bei den Maori entwickelt und es zu einer eingetragenen Marke gemacht. Petra Hassenmeier aus Kupferdreh bereitet das exotische Programm Freude. Über Taekwondo im TVK ist sie durch Corona in die Tanzsparte gewechselt. „Die Schrittfolgen sind einfach“, sagt sie. Zudem spreche Aroha viele große Muskelgruppen an, sei aber Gelenk schonend.
Auf den Boden hat die Trainerin mit Malerkrepp Markierungsstreifen geklebt
„Gehüpft wird kaum“, ergänzt Delia Bühne. Die Turnhalle am Hinsbecker Berg 30, gleich neben dem Wilhelm-Haneke-Stadion, ist für den Samstagskurs von 13 bis 14 Uhr bestens gerüstet. „Bevor die Teilnehmer kommen, lüfte ich gründlich durch.“ Auf den Boden hat die Trainerin aus Überruhr mit Malerkrepp Markierungsstreifen für die vorgeschriebenen Abstände geklebt. Trainiert wird ohne Masken.
Sonst ist es wie vielerorts: Beim Rein- und Rausgehen ist Mund-Nasenschutz Pflicht. An der Tür heißt es Hände desinfizieren und in die Namensliste eintragen. Die Umkleiden sind bis auf Weiteres gesperrt. Alle erscheinen im Sportdress. Die Schuhe lassen sie gleich im Flur. Getanzt wird ohnehin barfuß.