Essen. Lokale, Kinos, Freibäder führen jetzt Listen mit Kundendaten. Das Gesundheitsamt Essen erklärt, inwiefern die Daten im Kampf gegen Corona helfen.
Das öffentliche Leben ist zaghaft wieder erwacht – doch unsere Schritte werden auch überwacht: Ob Friseur oder Freibad, Kino, Kneipe oder Kosmetikstudio: Überall werden wir derzeit gebeten, uns in eine sogenannte Kontaktdaten-Personenliste einzutragen. Datenschützer haben bereits Bedenken angemeldet. Und wir fragen die Leiterin des Gesundheitsamtes Juliane Böttcher, welchen Nutzen die gesammelten Daten überhaupt im Kampf gegen Corona haben.
Frau Böttcher, wenn ich derzeit ein Restaurant besuche, muss ich dort meinen vollständigen Namen, eine Telefonnummer sowie den Zeitpunkt meines Besuchs eintragen. Werden diese Listen anschließend ans Gesundheitsamt weitergegeben?
Böttcher: Nein, sie werden in den jeweiligen Einrichtungen vier Wochen lang aufbewahrt, das Gesundheitsamt greift nur darauf zurück, wenn ein Coronafall im Kontext mit der Einrichtung bekannt wird.
Namenslisten aus dem Freibad sind nur bedingt hilfreich
Nehmen wir also an, jemand hat sich mit Corona infiziert, das Gesundheitsamt erfährt von dem Fall und hört, dass der Betroffene zwei Tage vorher im Grugabad war: Werten Sie dann die dort erstellten Listen aus und kontaktieren mehrere Hundert Freibadgäste, die zeitgleich dort waren?
Nein, das Gesundheitsamt geht wie bei den üblichen Umfeld-Analysen vom Indexfall aus: Das bedeutet eine detaillierte Analyse darüber, mit wem die positiv getestete Person im Bad war, zum Beispiel mit Freunden, der Familie, oder anderen. Diese Personen sowie Personen, die einen mindestens 15-minütigen Face-to-Face-Kontakt hatten, werden angerufen. Dazu bedient sich das Gesundheitsamt eventuell der hinterlegten Listen. Der gleichzeitige Besuch im Bad macht nicht alle Anwesenden zu infektionsgefährdeten Kontaktpersonen.
Kontaktdaten sollen vier Wochen aufbewahrt werden
Für Angebote und Einrichtungen, die nach der aktuellen Coronaschutz-Verordnung in Nordrhein-Westfalen geöffnet sein dürfen, gelten besondere Hygiene- und Infektionsschutzstandards. Dazu zählt die Pflicht, Kundenkontaktdaten sowie Zeitpunkt des Betretens und Verlassens der Räumlichkeiten „nach Einholen des Einverständnisses“ zu dokumentieren. Damit soll eine „Kontaktpersonennachverfolgung“ ermöglicht werden. Die Daten soll der Inhaber „unter unter Wahrung der Vertraulichkeit gesichert für vier Wochen aufbewahren“.
Die Regelung gilt laut Landesarbeitsministerium für: Innen- und Außengastronomie, Beherbergungsbetriebe, Friseurhandwerk, podologische Behandlungen (Fußpflege), Kosmetikbetriebe, Nagelstudios, Maniküre, Massage und Fitnessstudios.
Wenn das Gesundheitsamt die Listen nicht vollständig durcharbeitet, wie werden dann die Badegäste informiert, dass sie eventuell infiziert sein könnten?
Badegäste sind nur dann betroffen, wenn sie Face-to-Face ohne Sicherheitsabstand mindesten 15 Minuten in Kontakt mit der infizierten Person waren.
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Welche anderen amtlich angeordneten Konsequenzen hat die Infektion ansonsten für den Betroffenen und sein Umfeld?
Eine angeordnete häusliche Quarantäne der an Corona-erkrankten Person bis zum Abklingen der Symptome, frühestens 14 Tage nach Symptombeginn. Die Person muss außerdem mindestens zwei Tage symptomfrei sein. Ist dies nicht der Fall, wird die angeordnete Quarantäne verlängert. Direkte enge Kontaktpersonen müssen von Beginn des letzten Kontakts an ebenfalls in eine 14-tägige angeordnete häusliche Quarantäne. Liegen krankheitsbedingte Symptome vor, werden auch bei diesen Personen Abstriche durchgeführt.
Wenn sich viele Gäste infiziert haben, ist eine Restaurant-Schließung möglich
In anderen Städten wurden schon Restaurants geschlossen, nachdem sich dort zahlreiche Gäste angesteckt hatten. Ist die Schließung eines Lokals in einem solchen Fall auch bei uns möglich?
Diese Situation ist denkbar, wenn durch die Kontaktpersonen-Nachverfolgung (Umfeld-Analyse) weitere infizierte Restaurantbesucher identifiziert wurden. Wenn es sich um nur einen positiven Fall handelt, allerdings nicht.
Sind die Kontaktdaten-Personenlisten ganz allgemein für Ihre Präventions- / Interventionsarbeit von Nutzen?
In Freibädern eher weniger, für den Restaurantbesuch durchaus.