Essen. Mit Hasskommentaren sorgte AfD-Politiker und Feuerwehrmann Sven Tomczak für Partei-Querelen. Nun schaut sich die Staatsanwaltschaft den Fall an.

Er bezeichnet sich selbst als „Patrioten mit gesundem Menschenverstand“. Wer die Facebookseite von Sven Tomczak überfliegt, dem kommen an dieser Selbsteinschätzung rasch Zweifel: Der AfD-Politiker, der bei der Essener Feuerwehr beschäftigt ist, teilt krude Corona-Verschwörungstheorien, vergleicht Flüchtlinge mit Ratten oder Wölfen und beteiligt sich an Demonstrationen des rechten „Kandel Bündnisses“.

Ein Mitglied des Essener Ordnungsausschusses hat nun anonym Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Tomczak gestellt. Die Staatsanwaltschaft Essen prüft derzeit, ob Ermittlungen aufgenommen werden, wie Oberstaatsanwältin Anette Milk bestätigt.

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Auch innerhalb seiner eigenen Partei ist Tomczak umstritten. Die Hasskommentare im Netz sorgen innerhalb des Kreisverbands Oberhausen seit Wochen für Querelen: Zuletzt legte Tomczak sein Amt als Sprecher nieder. Vorausgegangen war ein Bericht dieser Zeitung über den Facebook-Auftritt des AfD Kreisverbandes. Die teils menschenverachtenden Kommentare und Bilder, die Tomczak auf seiner privaten Facebookseite teilt, könnten nicht nur rechtlich für den AfD-Politiker zum Problem werden.

Stadt Essen betont den Grundsatz der politischen Neutralität für städtische Beamte

Zwar wollte die Stadt auf Anfrage „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ keine detaillierten Angaben zu dem Fall machen. Sprecherin Silke Lenz bestätigte aber, dass der Fall der Personalabteilung bekannt sei.

Gleichzeitig betonte Lenz den Grundsatz der politischen Neutralität, der für alle Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst gelte. Städtische Beamte stünden „in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat“. Sie gelten als „Repräsentanten der Rechtsstaatsidee“, so Lenz. In ihrer Antwort heißt es auch: „Jegliche Hinweise zu Auffälligkeiten werden aufgegriffen und intern verfolgt.“ Bei entsprechenden Verstößen würde die Stadt „mit gesetzlich bestimmten Mitteln“ reagieren. Diese reichten von einer Abmahnung bis zu fristloser Kündigung.

Verwaltung trat erst Ende März der „Charta der Vielfalt“ bei

Problematisch ist auch, dass der AfD-Politiker offenbar gezielt versucht hat, Feuerwehr-Kameraden für seine politische Sache zu gewinnen, wie es aus dem Umfeld des Ordnungsausschusses heißt. Dies würde der Maßgabe widersprechen, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst „ihre Aufgaben im Interesse des Wohls der Allgemeinheit unparteiisch und gerecht zu erfüllen haben“, wie es Silke Lenz formuliert.

Ordnungsdezernent Christian Kromberg wollte sich als oberster Dienstherr der Essener Feuerwehr nicht näher zu dem Fall einlassen. Das verbiete die Fürsorgepflicht der Stadt Essen als Dienstherr. Er betonte aber generell, dass er Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in seiner Behörde ablehne.

Die Stadtverwaltung sei durch eine große Vielfalt geprägt, betont Kromberg. Erst Ende März hatte die Stadt durch den Beitritt zur Charta der Vielfalt ein Diversity-Management eingeführt. Kromberg: „Das Leben in Vielfalt in einer Organisation wie der Stadtverwaltung Essen kann nur funktionieren wenn die MitarbeiterInnen aus einer inneren Überzeugung heraus die dazu notwendigen Werte leben. Dies ist bei der absolut überwiegenden Anzahl der Menschen in der Stadtverwaltung Essen auch der Fall. Wird im Einzelfall ein Verstoß gegen diese geforderte Haltung festgestellt, stehen notwendige Sanktionsmittel zur Verfügung.“

AfD sorgte im vergangenen Jahr für Streit im Deutschen Feuerwehrverband

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Die AfD hatte im vergangenen Jahr bereits an der Spitze des Deutschen Feuerwehrverbandes für Wirbel gesorgt: So trat der Verbandsvorsitzende Hartmus Ziebs aus Schwelm zurück, nachdem ihm Kritiker vorgeworfen hatten, die politische Neutralität des Amtes verletzt zu haben. Ziebs hatte sich entschieden gegen die AfD gestellt: „Die teilweise rechtsnationalen Tendenzen bei der AfD sind eine Gefahr für die Demokratie. Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutscht“, betonte Ziebs damals seine Sorge vor einer Unterwanderung der Feuerwehren durch die AfD.