Essen-Nordviertel. Die Originalbüste von Hermann Elting wollen die Nachkommen dem Ruhr-Museum übergeben; Vonovia will eine Replik auf dem Eltingplatz aufstellen.

Einst zierte die überlebensgroße Büste von Hermann Elting das alte Essener Rathaus. Nach dessen Abbruch galt sie lange als verschollen – doch nun soll sie nach Essen zurückkehren: Geplant ist, die Originalbüste im Ruhr-Museum und eine Replik im Eltingviertel aufzustellen.

Es war Eltings Urenkel Heinz-Hermann Elting de Labarre, der den Anstoß für die Rückführung des steinernen Porträts des Essener Unternehmers und Stadtverordneten gab: Er besuchte im vergangenen Jahr das Quartier und erzählte, dass die Büste seines Vorfahren im Garten der Familie in Luxemburg steht. Und er brachte das Anliegen vor, sie wieder zurück nach Essen zu bringen. „Davon waren wir überrascht und sofort begeistert“, sagt Ralf Feuersenger, als Vonovia-Regionalleiter für das Eltingviertel zuständig.

Das Eltingviertel wurde für Arbeiter erbaut

Entstanden ist das Viertel Ende des 19. Jahrhunderts als erste planmäßige Innenstadterweiterung Richtung Norden. Durch die rasante Industrialisierung wuchs die Bevölkerung rasch - und neuer Wohnraum wurde benötigt. Der Bauunternehmer und Sägewerksbesitzer Hermann Elting nutzte die Gunst der Stunde und kaufte mehrere Grundstücke in unmittelbarer Nähe zur Zeche Victoria Mathias, die damals zu den größten Bergwerken und damit zu den größten Arbeitgebern an der Ruhr gehörte. Darauf errichtete er innerhalb von knapp 20 Jahren seine Mietshäuser im Baustil der damaligen Zeit. So hochherrschaftlich die allesamt denkmalgeschützten Häuser heute wirken – sie wurden für Arbeiter gebaut und folglich auch von Arbeitern bewohnt.

Der Essener Stadtverordnete und Fabrikant Hermann Elting (1838 - 1898) ließ Ende des 19. Jahrhunderts das nach ihm benannte Viertel für die Arbeiter der ehemals benachbarten Zeche Victoria Mathias errichten.
Der Essener Stadtverordnete und Fabrikant Hermann Elting (1838 - 1898) ließ Ende des 19. Jahrhunderts das nach ihm benannte Viertel für die Arbeiter der ehemals benachbarten Zeche Victoria Mathias errichten. © WAZ | Repro: Kerstin Kokoska

Seitdem ist viel passiert im Eltingviertel: Im Zweiten Weltkrieg fast zerstört, wurde es teilweise wieder originalgetreu aufgebaut, geriet aber in Vergessenheit. Bis der Wohnungsriese Vonovia, dem über 400 Wohnungen im Viertel gehören, das Potenzial des innenstadtnahen Quartiers entdeckte und begann, die Häuser im Rahmen des Projektes Innovation-City Essen zu sanieren und zu modernisieren.

Der Eltingplatz soll im nächsten Jahr neu strukturiert werden

Mittlerweile erstrahlt das Eltingviertel im neuen Glanz – und die Büste des Erbauers wäre sicherlich eine zusätzliche Aufwertung. „Wir würden sie gerne mitten auf dem Eltingplatz aufstellen, das ist in unseren Augen der beste Platz“, sagt Ralf Feuersenger. Der Platz soll voraussichtlich nächstes Jahr im Rahmen des städtischen „Realisierungswettbewerbs Eltingplatz/Eltingstraße“ neu strukturiert werden.

Vonovia sei nun in Kooperation mit dem Ruhr-Museum dabei, die nötigen Details und Formalitäten zu klären. Eigentlich wäre die Büste schon längst in Essen, wäre nicht die Corona-Pandemie dazwischen gekommen, erklärt Frank Kerner, stellvertretender Direktor des Ruhr-Museums. Vereinbart ist, dass die Originalbüste in den Bestand des Museum aufgenommen wird, eine Replik ins Viertel kommt.

Das alte Essener Rathaus wurde in den 1960er Jahren abgerissen

Die Rückkehr der Büste freut Frank Kerner besonders: Denn mit ihr ist die neunte der insgesamt zehn Steinporträts, die einst das zwischen 1878 und 1887 im neugotischen Stil erbaute dritte Essener Rathaus zierten, wieder aufgetaucht. „Mit den zehn Büsten ließen sich die Erbauer des Rathauses verewigen“, erklärt Kerner weiter, „sie waren an der Nordseite unterhalb des Dachsimses angebracht“. Allerdings seien sie trotz ihrer Größe in dieser Höhe kaum erkennbar gewesen, „von unten sah man nur zehn Punkte“.

Dorit Thurmayr (geb. Elting) und ihr Bruder Heinz-Hermann Elting bei ihrem Besuch im Eltingviertel im Juli 2019. Sie stehen mitten auf dem Eltingplatz, auf dem auch die Büste ihres Urgroßvaters aufgestellt werden soll.
Dorit Thurmayr (geb. Elting) und ihr Bruder Heinz-Hermann Elting bei ihrem Besuch im Eltingviertel im Juli 2019. Sie stehen mitten auf dem Eltingplatz, auf dem auch die Büste ihres Urgroßvaters aufgestellt werden soll. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Nach dem Abriss des alten Rathauses in den 1960er Jahren wurden die zehn Steinbüsten zwar gerettet – aber voneinander getrennt. Die Büste von Hermann Elting gelangte in den Garten der Familie Elting de Labarre in Luxemburg, acht weitere kamen über die Jahre in den Besitz des Ruhr-Museums. Nur ein Rathauskopf sei leider weiterhin verschollen.

Sobald Reisen wieder ungehindert möglich sind, wird die Büste nach Essen gebracht

Geplant ist, dass das Team um Frank Kerner die Büste von Hermann Elting vor Ort in Augenschein nimmt, dort demontiert, eventuell ausbessert und dann nach Essen transportiert. Über die Kostenteilung werde man noch mit Vonovia verhandeln, „dort zeigt man sich bislang sehr großzügig und gesprächsbereit“, so Kerner. Die originalgetreue Replik wird im Museum angefertigt, die Rechnung dafür übernimmt laut Kerner das Wohnungsunternehmen komplett.

Unklar ist derzeit, wann das alles geschehen wird: Denn noch weilt Hermann Eltings Steinporträt in Luxemburg. „Aber sobald das Reisen wieder ungehindert möglich sein wird, werden wir die Rückführung in Angriff nehmen“, sagt Kerner. Darauf wartet auch Ralf Feuersenger: „Die Elting-Büste hat für uns eine große Bedeutung. Sie steht stellvertretend für die Identität des Viertels und unser uneingeschränktes Bekenntnis zum Quartier.“

Von zehn steinernen Porträts ist eines verschollen

Die dreidimensionalen Porträts der zehn Persönlichkeiten, die am Bau des alten Essener Rathauses beteiligt waren, wurden vom Steinbildhauer Heinrich Kröger geschaffen.

Neben Hermann Elting waren das Carl Franken, Richard Bömke, Friedrich Wilhelm Waldthausen, Arnold Steingröver, Johann Wilhelm Schürenberg und Gustav Schmemann, allesamt Mitglieder der Baukommission, sowie der Architekt Peter Zindel, der Bildhauer Johann Neskes und der 1. Beigeordnete Karl Koenig.

Die einzige steinerne Büste, deren Verbleib bis heute nicht geklärt werden konnte, ist die von Karl Koenig.