Essen. Die Kosten für das Bauwerk haben sich auf 16,4 Millionen Euro erhöht. Weitere Nachforderungen in Millionenhöhe stehen im Raum.
"Was den Neubau der Kampmannbrücke angeht, ist es wie beim Lotto." Der Kupferdreher Ratsherr Dirk Kalweit (CDU) hat es so formuliert. Das war im Jahr 2015. Damals ging es um den Baustart für den Brückenschlag von Heisingen nach Kupferdreh, der seit Jahren auf sich warten ließ. Inzwischen ist die neue Kampmannbrücke fertig, im Dezember vergangenen Jahres wurde das durchaus eindrucksvolle Bauwerk feierlich eröffnet.
An den Satz des Kupferdreher CDU-Ratsherrn, der den Neubau mit einer Lotterie verglich, fühlt man sich in diesen Tagen erinnert, da die Baukosten abermals gestiegen sind. Diesmal um mehr als zwei Millionen Euro auf nunmehr 16,4 Millionen.
Die Stadtverwaltung geht davon aus, Nachforderungen drücken zu können
Es war nicht die erste Erhöhung und wird wohl noch nicht die letzte gewesen sein. Denn seitens der beauftragten Firmen stehen weitere Nachforderungen in Höhe von 1,3 Millionen Euro im Raum. Dies ließ die Verwaltung jüngst den zuständigen Bau- und Verkehrsausschuss des Stadtrates wissen. Man sei zwar zuversichtlich, die Forderungen der Unternehmer drücken zu können. 600.000 bis 800.000 werde die Stadt aber wohl noch zahlen müssen, hieß es in der Vorbesprechung. So schilderte es der Vertreter des Essener Bürgerbündnisses, Joachim Kluft.
Womit sich die Frage stellt: Wie kann das sein? Oder wie es Holger Ackermann, als sachkundiger Bürger und Vertreter der Fraktionsgemeinschaft Tierschutzpartei/SLB formulierte: Waren die Kostensteigerungen vermeidbar? Oder waren sie unvermeidbar?
Ackermann, selbst vom Fach, spricht von einer "nicht stringenten Planung". Wer sich noch einmal die Historie des Projektes in Erinnerung ruft, dürfte spontan zustimmen, auch ohne jeden Rechnungsposten zu kennen.
Der Baubeschluss von 2011 ging von 11,4 Millionen Euro aus
Zur Erinnerung: 2011 hatte der Rat der Stadt den Baubeschluss für die neue Kampmannbrücke gefasst. Die Verwaltung ging seinerzeit von Gesamtkosten in Höhe von 11,4 Millionen Euro aus, davon rund 2,15 Millionen für den Straßenbau. Das eigentliche Brückenbauwerk sollte laut "grober Kostenschätzung" 4,1 Millionen Euro kosten.
Zwei Jahre zuvor hatten sich Rat und Bezirksvertretung auf Anraten der Verwaltung für den Bau einer Hängeseilbrücke entschieden. Die Erläuterung liest sich wie ein Werbetext aus einer Brückenbau-Broschüre: "Mit ihrer Leichtigkeit und der sich selbst findenden Form von Hängekonstruktionen fügt sich diese Brücke in ihre natürliche Umgebung und schafft unaufdringlich und dennoch zeichenhaft die Verbindung der beiden Ruhrufer", heißt es dort.
Diese Variante sei unter Berücksichtigung ästhetischer und wirtschaftlicher Aspekte ausgewählt worden, heißt es weiter. Im Rückblick muss das klingen wie blanker Hohn.
Die Ausschreibung für eine Hängeseilbrücke wurde wieder aufgehoben
Drei Brückenvarianten standen übrigens zur Auswahl. Die Schrägseilbrücke, die schließlich gebaut wurde, war nicht darunter. Der Bau der zunächst von der Politik favorisierten Hängeseilbrücke wäre sehr viel aufwendiger gewesen, sagte einer der beteiligten Ingenieure am Rande des Brückenfestes. Aufwendiger und sicher auch teurer.
Hätte die Verwaltung dies nicht wissen sollen, als sie der Politik den Bau einer Hängeseilbrücke nahelegte? Warum wurde eine Schrägseilbrücke nicht von Beginn an in Erwägung gezogen, wenn eine solche doch günstiger zu haben ist?
Die Ausschreibung für eine Hängeseilbrücke wurde jedenfalls 2015 aufgehoben. Nur zwei seriöse Angebote seien eingegangen, hieß es damals. Das günstigste lag immer noch rund 1,4 Millionen über dem kalkulierten Preis.
Schon damals hatten Brückenbaufirmen gut zu tun, in ganz NRW bröselte an Brückenbauwerken der Beton. Die Umplanung für den Bau der Schrägseilbrücke kosteten die Stadt ein weiteres Jahr, in dem die Baupreise weiter gestiegen sind. Die neue Brücke sollte 12,5 Millionen Euro kosten, einschließlich Straßenbau.
Preissteigerung von 25 Prozent sei für Großprojekte nicht ungewöhnlich
Von dieser Zahl müsse man ausgehen, wolle man die folgenden Kostensteigerungen bewerten, sagte Rainer Wienke. Dass die Stadt schon damals viel Zeit verloren hatte, ließ der Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr dabei unter den Tisch fallen.
Die Kampmannbrücke sei ein Unikat, betonte Wienke. Und Preissteigerungen von 25 Prozent seien bei Großprojekten nicht ungewöhnlich. Als wesentlicher Kostentreiber habe sich der Baugrund erwiesen. Auch der Fund von Kampfmitteln habe den Preis in die Höhe getrieben. "Das sind Dinge, die weiß man vorher nicht", sagte Wienke. Das klang nach höherer Gewalt. Oder nach: Da kann man nichts machen.
Die Beigeordnete Simone Raskob, bis Ende vergangenen Jahres als Baudezernentin zuständig für den Bau der Brücke, ließ wissen, dass die Verwaltung zukünftig über einen "Risikozuschlag" nachdenken wolle.
Wirklich zufriedenstellend klang das für die Politik nicht. So sprach der Fachausschuss am Ende mit den Worten von SPD-Ratsherr Thomas Osterholt "eine Empfehlung mit Bauchschmerzen" aus, die Rechnung zu begleichen.
DIE KOSTENERHÖHUNG
Die Kostenerhöhung setzt sich nach Angaben der Stadt wie folgt zusammen: Stahlbau 226.000 Euro, Betonbau 553.000 Euro, Abbrucharbeiten 74.000 Euro, Kampfmittelräumung 153.000 Euro, Straßenbau 676.000 Euro, Amphibientunnel 76.000 Euro, Begrünung 310.000 Euro, Planung 20.000 Euro, Winterbauzeit 194.000 Euro.