Essen-Kupferdreh. . Abriss und Neubau verzögern sich erneut, und das mitunter um ein ganzes Jahr. Stadt will neu und anders ausschreiben, weil niemand den Ursprungspreis hielt.
„Was den Neubau der Kampmannbrücke angeht, ist es wie beim Lotto“, sagt Dirk Kalweit in einem Anflug von Galgenhumor. „Alles ohne Gewähr.“ Der CDU-Ratsherr aus Kupferdreh sah sich darin einmal mehr bestätigt, als ihn in der vergangenen Woche ein Anruf aus der Bauverwaltung erreichte. Die ernüchternde Nachricht lautete: Der geplante Brückenneubau verschiebt sich voraussichtlich um ein Jahr. Noch am Abend zuvor hatte Kalweit auf einer Bürgerversammlung versichert: „Im April geht es los.“ Denkste! Daraus wird nichts.
Ursprungskalkulation: 10 Mio. Euro
Die Verwaltung hat die Ausschreibung aufgehoben, weil selbst das günstigste Angebot um 1,4 Millionen Euro über den kalkulierten Kosten von rund zehn Millionen Euro lag. „Die Enttäuschung ist riesengroß, auch bei uns“, sagt Dieter Schmitz, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr, konsterniert.
Nicht nur zu Schmitz’ Überraschung hatten trotz europaweiter Ausschreibung gerade einmal vier Unternehmen Angebote abgegeben. Zwei davon sollen nach Informationen der Redaktion „Phantasiepreise“ aufgerufen haben. Kein einziger Bieter hatte sich mit Rückfragen an die Verwaltung gewandt, was bei Projekten dieser Größenordnung sehr unüblich sei.
Hatte die Stadt den Preis etwa zu niedrig angesetzt?
Schmitz schließt dies aus, war an der Kalkulation doch ein renommiertes Planungsbüro beteiligt; dessen Inhaber werde in Fachkreisen „Brückenpapst“ genannt.
Eine mögliche Erklärung für die geringe Resonanz sei vielmehr, dass in der Branche derzeit offensichtlich an Aufträgen kein Mangel herrsche. Vergeht doch fast kein Tag, ohne dass Medien über irgendeine marode Brücke berichten wie aktuell über die Rheinquerung der A 40. Möglicherweise rächt sich nun, dass sich Verwaltung und Politik vier lange Jahre mit dem geplanten Neubau am Baldeneysee befasst haben, bevor 2011 endlich der Baubeschluss gefasst wurde.
Aber kann die Stadt sicher sein, dass bei einer erneuten Ausschreibung mehr Angebote eingehen? Schmitz verweist auf die geänderte Planung. Statt einer ingenieurtechnisch anspruchsvollen Hängeseilkonstruktion soll nun eine konventionelle Schrägseilbrücke gebaut werden. „Wir erwarten, dass sich der Bieterkreis dadurch deutlich vergrößert“, so Schmitz. Die Unterkonstruktion der Brücke bliebe die gleiche, andernfalls wäre der Zeitverlust noch größer.
Die geänderte Planung hat noch einen weiteren Hintergrund: Nur sie erlaubt es der Stadt, die Ausschreibung aufzuheben. Dass der bislang günstigste Bieter darüber alles andere als begeistert sein dürfte, liegt auf der Hand. Nicht ausgeschlossen daher, dass es vor der Vergabekammer zu einem juristischen Nachspiel kommt.
In Kupferdreh wächst derweil die Sorge, dass der Neubau der Kampmannbrücke durch die zu erwartenden Zeitverzögerungen mit den Kanalbauarbeiten der Stadtwerke auf der Langenberger Straße kollidiert. Für Kupferdreh wäre dies „der Supergau“, sagt etwa der CDU-Ratsherr Dirk Kalweit. Wäre der Stadtteil in der Phase doch kaum noch zu erreichen. Die Stadt arbeitet laut Dieter Schmitz an einem Verkehrskonzept für die Langenberger Straße mit dem Ziel, die Bauzeit für den Stadtwerkekanal von vier auf zwei Jahre zu halbieren.