Essen. Klaus Pfeffer, Generalvikar des Ruhrbistums, kritisiert scharf ein katholisches Corona-Pamphlet, das um die Welt geht - und erntet Zustimmung.

Der Generalvikar des Ruhrbistums in Essen, Klaus Pfeffer, hat für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt. Er kritisiert scharf die weltweite Veröffentlichung eines Briefes, der in der vergangenen Woche unter anderem von mehreren führenden Geistlichen der Katholischen Kirche unterzeichnet wurde. Kardinäle, Bischöfe, aber auch Ärzte und Journalisten verbreiten in dem Schreiben eine Verschwörungstheorie mit bizarren Thesen.

Demnach seien die weltweiten Vorsichtsmaßnahmen gegen das Corona-Virus nichts anderes als „der beunruhigende Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht.“ Die Bürger würden auf inakzeptable Weise in ihren Grundrechten – auch in ihrer Religionsfreiheit – eingeschränkt.

Klaus Pfeffer, Generalvikar des Ruhrbistums: „Ich bin fassungslos“

Die Ansteckungsgefahr des Virus, heißt es in dem Schreiben, sei keinesfalls bestätigt, und es gebe „Kräfte, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen.“

Klaus Pfeffer hielt dagegen: Wer diesen Aufruf unterzeichne, „entblößt sich selbst“, schrieb der Vertreter des Bischofs am Ende der vergangenen Woche bei Facebook. „Ich bin fassungslos, was da im Namen von Kirche und Christentum verbreitet wird: Krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik, die beängstigend klingt.“

Die Corona-Schutzmaßnahmen als „Vorwand“ zu diskreditieren, um eine ,hasserfüllte technokratische Tyrannei’ zu begründen, die die ,christliche Zivilisation auslöschen’ wolle, sei ungeheuerlich. „Dem muss widersprochen werden!“

„Irre und unerklärlich“

Der italienische Erzbischof Carlo Maria Viganò gilt als Urheber des Schreibens und Berichten zufolge als einer der bekanntesten Widersacher von Papst Franziskus. Unterschrieben hat das Pamphlet auch der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller (bis 2012 Bischof von Regensburg).

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Nach der Veröffentlichung seines Statements erhielt Klaus Pfeffer ein großes, bundesweites Medien-Echo - auch das Magazin Spiegel berichtete am Sonntag. Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtet Pfeffer am Montagmorgen, dass er sehr viel Zuspruch aus vielen Ländern erhalten habe - aber auch kritische Schmäh-Mails, selbst von Wissenschaftlern.

Pfeffer erneuerte seine Kritik an den „irren und unerklärlichen“ Verschwörungstheorien, die jetzt selbst von jenen Menschen verbreitet würden, denen man ein hohes Maß an Intelligenz unterstellt. „Am Ende leiden alle normalen Christen und Mitglieder der katholischen Kirche, weil sie gleichgesetzt werden mit den Verfassern“, sagt Pfeffer. „Das ist beschämend. Dabei muss man klar sagen: Bischof Müller und andere Unterzeichner stehen nicht für die Katholische Kirche, so wie wir sie verstehen.“

Fatale Koalition mit Rechtspopulisten

Pfeffer wundert sich auch, dass außer der Bischofskonferenz, die sich nur „diplomatisch“ von dem Pamphlet distanziert hätte, sowie Ruhrbischof Overbeck, der öffentlich klar Abstand genommen habe, bislang keine weiteren deutlichen Stimmen in der Sache zu vernehmen gewesen seien. „Es ist offenbar immer noch ungewöhnlich, dass sich auch Menschen in verantwortlichen Positionen in der Katholischen Kirche frei und klar positionieren.“

Die Positionen, die im Pamphlet vertreten werden, seien „brandgefährlich“ und gingen eine fatale Koalition mit jenen Thesen ein, die von Rechtspopulisten vertreten würden.