Essen. An der medizinischen Fakultät der Uni Duisburg-Essen gibt es jetzt ein Institut, das den Zusammenhang zwischen Großstadt und Gesundheit erforscht
Die Medizinische Fakultät der Uni Duisburg-Essen hat ein neues Institut gegründet, das den Zusammenhang von Stadtplanung und Gesundheit erforscht. Das Institut, an dem langfristig 25 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen, wird geleitet von der Biologin Susanne Moebus. "Städtebau ist mehr als die Ansammlung von Straßen und Häusern", sagt Susanne Moebus. "Und Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit."
Entsprechend ganzheitlich wollen die Forscher künftig ermitteln, wie sich eine Großstadt wie Essen weiter entwickeln muss, um für ihre Bewohner langfristig ein möglichst gesundes Leben zu ermöglichen. "Dazu zählen nicht nur Grünflächen", sagt Susanne Moebus, "sondern zum Beispiel auch die Frage nach dem Zugang zu möglichst frischen Lebensmitteln spielt eine wichtige Rolle." Also: Wie weit ist der Weg für den Bürger bis zum nächsten Super- oder Wochenmarkt?
Beispiel für funktionierende Großstadt: der Isenbergplatz
Das Gespräch mit unserer Redaktion findet aus Corona-Gründen nicht an der Uni-Klinik statt, sondern Susanne Moebus hat sich einen Schauplatz in Essen ausgesucht, der nach ihrer Ansicht nach beispielhaft für gesundes Großstadtleben steht: der Isenbergplatz im Südviertel. Bäume, Büsche, mittendrin ein Spielplatz, Fußgänger-Bereiche und ein weitgehend zurückgedrängter Autoverkehr. Dieser Platz, Generationen von Studenten wissen das, hat nicht zuletzt wegen seiner Kneipen das, was man "Aufenthaltsqualität" nennt und verkörpert ein wenig Kiez-Flair - in Essen eine ziemliche Seltenheit.
Das Institut für "Urban Public Health", so der offizielle Titel der Forschungseinrichtung, kooperiert mit dem renommierten Wuppertal Institut, aber auch nationale Kooperationspartner wie die Akademie für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und das Robert-Koch-Institut konnten für eine Zusammenarbeit gewonnen werden.
Zugang zur Politik muss her
Ein Projekt, das bereits läuft, weil es vom Vorgänger-Institut angestoßen wurde, konzentriert sich auf Geräusche als Gesundheits-Faktor: Derzeit untersuchen Forscher, wie es um die akustische Qualität von Revier-Großstädten bestellt ist - am Beispiel Bochum. 1,4 Millionen Aufnahmen aus dem Alltag werden dazu aufgenommen und ausgewertet. "Man konnte beispielsweise herausfinden", berichtet Susanne Moebus, "dass Gemurmel anderer Menschen, das in der Nähe wahrgenommen werden kann, sehr beruhigend wirkt und entsprechend als angenehm wahrgenommen wird." Die Akustik-Forschungen könnten in etwa zwei Jahren auch aufs Essener Stadtgebiet ausgeweitet werden.
Was nützen Erkenntnisse über Gesundheit in der Großstadt, wenn sie allein der Wissenschaft vorbehalten bleiben? "Wir müssen natürlich einen Zugang zur Politik herstellen", sagt Susanne Moebus, "vor allem zur Stadtplanung." Entsprechende Kontakte würden derzeit geknüpft, und von Oberbürgermeister Thomas Kufen gebe es eine schriftlich fixierte Absichtserklärung, zumindest offen zu sein für die Handlungsempfehlungen, die sich aus künftigen Studien und Forschungsergebnissen ableiten lassen. Susanne Moebus betont, dass ihr neues Institut ein vor allem regionales Selbstverständnis besitze: "Wir wollen hier Forschung mit der Region und für die Region betreiben."