Essen. Bewegender Abschied von dem getöteten 14-Jährigen aus Essen-Horst: Gut 200 Menschen kamen am Dienstagabend mit Blumen und Kerzen zusammen.
Der gewaltsame Tod des erst 14 Jahre alten M. hat den Stadtteil Horst tief erschüttert, Nachbarn sammeln Spenden für die Familie des Jungen, der in der Nacht zum Sonntag an einer Bushaltestelle erstochen wurde. Der mutmaßliche Täter ist selbst erst 17 Jahre alt.
Am Dienstag (21. April 2020) kamen ab 21 Uhr – ersten Schätzungen zufolge – dann etwa 200 Bekannte, Freunde und Nachbarn des Opfers an der Carl-Wolf-Straße zusammen. Sie folgten einem per WhatsApp verbreiteten Aufruf, mit Kerzen dort „zusammen für diesen Verlust zu trauern“.
Trauernde treffen sich an der Bushaltestelle, bringen Blumen und Kerzen
Anwohnerin Tina Riepert hatte zuvor auf der Facebook-Seite „Wir aus Essen-Horst“ auch einen Spendenaufruf für die Familie von M. gestartet: „Hallo liebe Horster. Eine Freundin der Familie des getöteten M. sammelt für die Familie Geld. Sie möchte dieses gern am Donnerstag überreichen. Da die Freundin sehr viel weint und um Fassung ringt, habe ich angeboten, diesen Post zu veröffentlichen. Das Geld soll vor allem für einen Blumenkranz gedacht sein.“
Ihre Freundin sei die Mutter von M.s bestem Freund, erzählt Tina Riepert. „Er war in der Nacht zum Sonntag selbst an der Bushaltestelle – und er hat seinen sterbenden Freund im Arm gehalten.“ Der Junge und seine Familie stünden unter Schock, daher habe sie den Spendenaufruf übernommen.
Auch Tina Riepert hat einen Sohn im selben Alter, der mit M. die Grundschule besucht habe. Danach hätten sich die beiden aus den Augen verloren, ihr Sohn sei am Sonntagmorgen nicht am Tatort gewesen. „Es ist schrecklich, sich vorzustellen, was M.s Familie jetzt durchmacht.“
Die Spenden seien für einen Blumenkranz gedacht oder als Beitrag zu den Beerdigungskosten. „Wenn mehr Geld zusammenkommt, können sie vielleicht einen besonders schönen Grabstein für ihren Jungen besorgen.“ Sie hoffe, dass man so einen kleinen Beitrag leisten, Anteilnahme zum Ausdruck bringen und dem „kleinen M.“ einen letzten Gruß erweisen könne.
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Das Bedürfnis, der Familie tiefes Mitgefühl auszudrücken und die eigene Trauer zu zeigen, eint Freunde, Bekannte und Anwohner. So verbreiten sich in sozialen Netzwerken Bilder von M., versehen mit dem Versprechen, ihn nicht zu vergessen. „Mein Bester, werde dich vermissen“, steht da etwa.
Seit Sonntag treibt es die Menschen zudem an die Bushaltestelle Carl-Wolf-Straße am Von-Ossietzky-Ring im Hörsterfeld. Dort war der 14-Jährige in der Nacht zum Sonntag gegen drei Uhr früh getötet worden. Zuvor hatte dort eine Gruppe junger Leute zusammengesessen, geraucht und getrunken. Nachbarn wurden Zeugen, wie das Treffen erst lauter und dann aggressiver wurde.
In welcher Beziehung Opfer und Täter zueinander standen und was dem tödlichen Messerstich vorausging, ist noch offen. Am Tatort erinnern nun Blumen und Kerzen an den getöteten Jungen. Die Haltestelle hat sich offenbar zu einem Ort des Zusammenhalts und Trosts entwickelt, dort herrsche seit Sonntag ein permanentes Kommen und Gehen, berichtet Tina Riepert.
Ein Blumenkranz als Zeichen der Anteilnahme, als letzter Gruß
Auch von den Ordnungsbehörden werde akzeptiert, dass hier Menschen in Trauer zusammenstehen, Blumen niederlegen und Kerzen anzünden: „Die Mitarbeiter von Ordnungsamt und ZAB sind ständig hier unterwegs, aber in dieser Situation lösen sie Versammlungen nicht auf, sondern bitten die Leute nur, ausreichend Abstand zueinander zu halten“, sagt Tina Riepert.
Tatsächlich griff die Polizei auch am Dienstagabend zunächst nur behutsam ein, als aus dem Viertel Jugendliche, aber auch Eltern und Großeltern mit Kerzen und Blumen zur Carl-Wolf-Straße strömten. „Wir bitten Sie, aufgrund der Corona-Krise nicht so dicht beieinander zu stehen, sondern sich in Zweier-Gruppen zu verteilen“, sagten die Beamten über Lautsprecher durch. So könne jeder seiner Trauer Ausdruck verleihen.
Spenden für die Familie des getöteten M. – als letzter Gruß
Tina Riepert bittet auf Facebook alle, die für die Familie des getöteten M. spenden möchten, das Geld in einen verschlossenen, mit ihrem Namen versehenen Umschlag zu stecken. Dieser solle am Dienstag oder Mittwoch (21./22. April 2020) an der Erzstraße 11 in Essen-Horst in den untersten Briefkasten geworfen werden. Eine persönliche Übergabe an sie sei erst nach 17 Uhr möglich. Am Donnerstag wolle sie die verschlossenen Umschläge am Donnerstag an die Familie überreichen: „Es ist egal, ob es 1 Euro oder 10 Euro sind, jeder Cent wird der Familie überreicht.“
Außerdem kündigt sie an: „Ich werde die Namen aller Spender morgen Abend unter diesen Post schreiben, (es sei denn, es wird ausdrücklich nicht gewünscht) damit ihr eine Rückantwort habt, dass das Geld eingegangen ist.“ So könne man dem kleinen M. einen letzten Gruß erweisen.