Essen. Die Klage, Ältere würden keine Hilfe annehmen, hat viele Senioren verstört. Auch der OB-Brief an die „Ü 60“ wird einige Beklommenheit auslösen.

Als Hilfsorganisationen vor einigen Tagen mit vorwurfsvollen Unterton berichteten, ältere Essener nähmen ihre Angebote kaum wahr, war dies Anlass für erheblichen Missmut. Wir wissen schon selbst am besten, was wir uns noch zumuten können, war die Reaktion vieler Älterer, die sich weigerten, in die Ecke des hilflosen Mündels geschoben zu werden und die den Ton der verhinderten Helfer als allzu paternalistisch empfanden.

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Tatsächlich hilft gut gemeinter Schematismus nicht weiter in einer Gesellschaft, die noch gestern das selbstbestimmte, sportive und beruflich aktive Älterwerden als unbedingtes Leitbild gefeiert und gefordert hat. Zwar stimmt, dass Corona für die Älteren gefährlicher ist, doch geht es dabei weniger um das Geburtsjahr im Personalausweis als vielmehr die Schwere der Vorerkrankungen. Mit 70 gibt es davon zwar naturgemäß im Durchschnitt mehr als mit 40, aber am Ende kann es immer nur um den Einzelfall gehen. Es gibt jedenfalls keinen Grund und auch kein Recht, selbstständig einkaufende Senioren im Supermarkt scheel anzugucken, immer vorausgesetzt die Abstandsregeln werden eingehalten.

Die Empfänger des OB-Briefs sollten nicht überkritisch reagieren

Die Älteren haben schlicht Angst, demnächst aussortiert zu werden und womöglich noch für Monate zuhause versauern zu müssen, während die Jüngeren langsam wieder normal leben dürfen. Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen wird vor diesem Hintergrund mit seinem sicherlich ebenfalls gut gemeinten Brief an die „Risikogruppe“ über 60 vielfach Beklommenheit auslösen.

Dennoch sollten die Empfänger nicht überkritisch reagieren. Essen ist bisher wie das ganze Land gut durch die Krise gekommen, etwas Grundvertrauen in staatliche Maßnahmen ist da durchaus angebracht. Kritikloses Abnicken von Zumutungen allerdings nicht. Zu definieren, wo das eine endet und das andere beginnt, ist und bleibt wichtig.

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