Essen-Überruhr. Der Priester Gereon Alter feierte vor einem Überruhrer Altenheim einen Open-Air-Gottesdienst. Für die Bewohner war das ein berührender Moment.
Mit einer besonderen Geste schenkte Pfarrer Gereon Alter den betagten Bewohnern des Marienheims in Essen-Überruhr Trost in schwerer Zeit: Der katholische Priester feierte vor dem Altenheim einen Open-Air-Gottesdienst – und die Gläubigen nahmen von ihren Zimmerfenstern und Balkonen aus daran teil.
Ein Segen, das Vater Unser, Fürbitten und tröstende Worte und Lieder – Pfarrer Gereon Alter weiß, was seine Gemeindemitglieder in dieser schwierigen Zeit brauchen. Und er scheut sich nicht, dafür ungewöhnliche Wege zu gehen. So wie beim kurzerhand anberaumten Open-Air-Gottesdienst, den er gleich zwei Mal hintereinander für die 121 Senioren des Marienheims in Überruhr abhält; ein Mal vor und das zweite Mal hinter dem Haus, „damit alle, die möchten, von ihren Fenstern und Balkonen aus mitfeiern können“, sagt der Geistliche.
Menschen, die zufällig vorbeikommen, singen spontan mit
Schemenhaft erkennt man Gesichter hinter den Scheiben des katholischen Seniorenheims. Wer mobiler ist, steht am geöffneten Fenster und schaut zaghaft heraus. Mutigere stehen auf ihren kleinen Balkonen, als Gereon Alter auf dem kleinen gepflasterten Vorplatz sein Mikrofon aufbaut und die Gemeinde begrüßt. Begleitet wird er vom Kirchenmusiker Friedhelm Schüngel, der dafür extra seine mobile Orgel mitgebracht hat. Kaum stimmt er das erste Lied an, wird es feierlich – trotz der eher nüchternen Szenerie.
Menschen, die zufällig vorbeikommen, bleiben stehen und singen spontan mit. Im Mehrfamilienhaus gegenüber gehen die Fenster auf, nebenan steht eine Familie auf ihrer Dachterrasse und stimmt in Gottes Lob ein. Keiner, der diesen kurzen Gottesdienst erlebt, bleibt unberührt.
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„Ich glaube, wir alle brauchen in dieser Krise Zuspruch und Trost. Und genau das erfahren wir hier, ohne das wir damit gerechnet haben“, sagt das Ehepaar Zimmer, das eigentlich auf dem Weg runter zur Ruhr ist und nun Kraft im gemeinsamen Vater Unser findet.
Oft fließen Tränen, weil Angehörige ihre Eltern und Partner nicht besuchen können
Auch Dieter Merten, seit 2012 Leiter des Marienheims, freut sich, dass die Bewohner einen Augenblick der Besinnung erleben, denn Besuchsverbot und Ausgangssperre setzen ihnen sehr zu, berichtet er. Oft fließen Tränen, weil sich Eltern und Kinder, Ehepartner nicht mehr sehen können. „Es gibt teilweise ganz furchtbar emotionale Momente, wenn vor dem Haus Angehörige stehen und ihren Lieben hinter den Fenstern zuwinken“, sagt Merten. Umso schöner sei für die Senioren der kurze aber emotional bewegende Gottesdienst, den sie gemeinsam mit den Pflegekräften feiern können.
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„Leid und Not haben nicht das letzte Wort in unserer Welt“, sagt Gereon Alter in Hinblick auf das Osterfest, an dem die Wiederauferstehung Christi gefeiert wird. In seinen Fürbitten findet er die richtigen Worte und trifft den richtigen Ton als er all der Menschen gedenkt, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind; aber er erinnert auch an die Not derjenigen, die Krieg erleben oder kein Dach über dem Kopf haben, wie Obdachlose und Flüchtlinge.
Ostern in den Kirchen der Ruhrhalbinsel
Aus Gründen des Gesundheitsschutzes dürfen in den Kirchen während der Karwoche und der Ostertage keine Ver- und Ansammlungen stattfinden. Trotzdem stehen die Kirchen der Ruhrhalbinsel den Gläubigen offen. Die Öffnungszeiten gibt es unter https://st-josef-ruhrhalbinsel.jimdo.com/
In den Kirchen liegen Palmzweige und Osterkerzen zur Mitnahme aus. Es können Gesangbücher (Gotteslob & Halleluja) entliehen werden (Listen liegen aus).
In der Osternacht werden in den Kirchen die Osterkerzen geweiht und entzündet werden. Aktuell gibt es die Überlegung, Pastor Hans-Ulrich Neikes und seinen evangelischen Kollegen Pfarrer Manuel Neumann in der Kirche Herz Jesu dabei medial zu begleiten.
Soweit gefahrlos möglich, sollen die Osterkerzen in den Kirchen während der Öffnungszeiten am Ostersonntag und Ostermontag brennen, damit ihr Licht von Ostern kündet.
In Abstimmung mit den evangelischen Landeskirchen werden am Ostersonntag um 9:30 und um 12 Uhr die Glocken aller Essener Kirchen festlich läuten, am Karfreitag schweigt das katholische Geläut.
Mit einem Segen und zwei frühlingshaften Schlagern endet der Open-Air-Gottesdienst. „Ich wünsche mir, dass die Kirche in dieser für uns alle schlimmen Zeit wieder mehr an Bedeutung gewinnt“, sagt eine ältere Dame, die auf der Bank sitzend zugehört hat, „und ich hoffe, sie ergreift die Chance.“