Essen. Bis Ende April will die Wohnungsgesellschaft den Neubau verkaufen. SPD und Linke sind nicht angetan, Dicke Luft auch hinter den Kulissen.
Als im Mai 2018 über den Cranachhöfen am Holsterhauser Platz endlich der Richtkranz wehte, war dies auch ein Symbol für einen geglückten Neuanfang. Umso größer ist die Überraschung, dass der Allbau den Neubaukomplex nur ein Jahr nach der Fertigstellung schon wieder verkaufen will. Mehrere Millionen frisches Kapital soll der Deal in die Kasse des städtischen Wohnungsbauunternehmens spülen. Allbau-Chef Dirk Miklikowski hofft, das Geschäft bis Ende April über die Bühne zu bringen - und muss dafür reichlich Kritik einstecken.
„Die Cranachhöfe haben eine lange Entstehungsgeschichte in Holsterhausen. Nach einigen zähen Entwicklungen waren wir froh, dass sich das Projekt in gute Bahnen lenken ließ und sich hoher Akzeptanz im Stadtteil erfreut, umso überraschter sind wir nun von der Nachricht, dass der Allbau sich zurückziehen will“, sagt SPD-Ratsherr Hans Aring. Dessen Fraktionskollegin Julia Jankovic erinnert an die Interessen der Mieter, die bei einem Verkauf zu wahren seien.
An das ehemalige Berufskolleg Holsterhausen traute sich niemand heran
Kritisch äußert sich auch die Linke im Rat der Stadt. Grundstücke, die für Stadtentwicklung von strategischer Bedeutung seien wie das im Herzen von Holsterhausen, sollten nach Überzeugung der Linken langfristig in städtischer Hand bleiben. Auch könne die Stadt über einen möglichst großen eigenen Wohnungsbestand Einfluss auf die Entwicklung der Mieten nehmen.
Dirk Miklikowski sieht die Aufgabe des Allbau am Holsterhauser Platz hingegen als erfüllt an und erinnert daran, dass die städtische Wohnungsgesellschaft nur deshalb dort als Investor aufgetreten sei, weil sich sonst niemand getraut habe. Das ehemalige Berufskolleg Holsterhausen verfiel seinerzeit zusehends. Pläne, einen Neubau gemeinsam mit einem namhaften Essener Projektentwickler zu realisieren, hatten sich zerschlagen, so dass der Allbau selbst 55 Millionen Euro in die Hand nahm, um die Cranachhöfe zu bauen. Laut Miklikowski handelt es sich um die zweithöchste Investition in der Firmengeschichte. Getoppt wird diese nur von den Kastanienhöfen in der nördlichen Innenstadt, wo die Wohnungsgesellschaft seit 2016 ihren Sitz hat.
Für die Cranachhöfe liegen dem Allbau "sehr überzeugende Angebote" vor
Ursprünglich sei es nicht die Absicht gewesen, die Cranachhöfe zu verkaufen, so Miklikowski. Da Kapital-Investoren in ganz Europa derzeit nach geeigneten Anlagemöglichkeiten suchen, scheint die Zeit für einen Verkauf günstig. Schon für das "Bredeneyer Tor" habe man "einen unheimlich guten Preis erzielt". Das Bürogebäude wechselte für mehr als 30 Millionen Euro den Besitzer. Auch für die Cranachhöfe lägen dem Allbau "sehr überzeugende Angebote vor".
Mit dem Geld will sich der Allbau nach den Worten seines Geschäftsführers Luft für weitere Investitionen verschaffen, allen voran im sozialen Wohnungsbau. Verkauft werde nicht an irgendjemanden, sondern an Investoren, welche Immobilien langfristig im Bestand hielten. Der Rechte der Mieter würden gewahrt, und zwar über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus. Einen Verkauf an eine "Heuschrecke" schloss Miklikowski auf Nachfrage ausdrücklich aus.
Noch ist das Geschäft nicht in trockenen Tüchern. Nach den Osterferien wird sich der Aufsichtsrat mit dem Deal beschäftigen. Auch der Rat der Stadt soll sich damit befassen. Miklikowski nennt das "sehr überraschend". Handele es sich doch bei dem Verkauf um ein "klassisches Geschäft eines Immobilienunternehmens". Offenbar lege man in der städtischen Beteiligungsverwaltung den Gesellschaftervertrag sehr kleinlich aus. Riecht nach dicker Luft auch hinter den Kulissen.
WOHNUNGEN UND GEWERBE
In den Cranachhöfen sind insgesamt 71 neue Wohnungen entstanden, 42 davon öffentlich gefördert. Die Gewerbeflächen unter anderem Edeka, dm und einem Eiscafé genutzt. Auch die Arbeiterwohlfahrt am Holsterhauser Platz ihren Sitz. Ferner haben das Zentrum für Forschungsförderung in der Pädiatrie, der Landschaftsverband Rheinland und eine Immobilienfirma Räume bezogen.