Essen. Theater und Philharmonie: Geschäftsführer Berger Bergmann kommt Entmachtung zuvor und bittet um Vertrags-Beendigung. Prokuristen leiten Geschäfte
Berger Bergmann ist nicht länger Geschäftsführer der Theater und Philharmonie. Der 57-Jährige räumt "auf eigenen Wunsch" das Feld und macht so einen Neuanfang möglich. Der Protest der Essener Theaterbeschäftigten hatte also Erfolg: Rund 400 Mitarbeiter der Theater und Philharmonie machen seit Wochen Front gegen den Geschäftsführer, der zudem seit vielen Jahren in einem regelrechten Kleinkrieg mit dem Betriebsrat verwickelt war.
Vorausgegangen war Bergmanns Wunsch nach vorzeitiger Auflösung der Vertragsbeziehungen eine Sondersitzung des Aufsichtsrates, in der ein von Oberbürgermeister Thomas Kufen einberufener Arbeitskreis der Politik nahe gelegt hatte, Bergmann einen zweiten Geschäftsführer für Personalangelegenheiten an die Seite zu stellen. Das wäre einer massiven Entmachung Bergmanns gleichgekommen.
Prokuristen übernehmen die laufenden Geschäfte der TuP
Bergmann, der seit 2008 die Geschäfte des Essener Fünf-Sparten-Hauses führt, kam der Entscheidung zuvor. Der gelernte Jurist habe den TuP-Aufsichtsrat um die vorzeitige Beendigung seines Geschäftsführervertrags gebeten, hieß es am späten Donnerstagnachmittag in einer knappen Mitteilung. Man habe diesem Wunsch entsprochen. Bergmann sei - ebenfalls auf eigenen Wunsch - mit sofortiger Wirkung von seinen Pflichten als Geschäftsführer freigestellt. Die laufenden Geschäfte werden nun durch die Prokuristen, Karin Müller und Stephan Wasenauer, weitergeführt.
Rund 400 Mitarbeiter haben Front gegen den Geschäftsführer gemacht
Dem Abgang war ein wochenlanger Protest von rund 400 Mitarbeiter der Theater und Philharmonie vorausgegangen. In einem Brandbrief, der Oberbürgermeister Thomas Kufen und den TuP-Aufsichtsrat bereits Ende Januar erreichte, war von einem Arbeitsklima der Angst und Verunsicherung, von Machtmissbrauch und mangelnder Kommunikationsbereitschaft die Rede. Seither wollten die Anschuldigungen nicht mehr abreißen. Der von OB Kufen einberufene Arbeitskreis und Ex-Verdi-Geschäftsführer Lothar Grüll als externer Vermittler hatten sich daraufhin in zehn mehrstündigen Sitzungen mit den Vorwürfen beschäftigt. Die Ergebnisse waren dem Aufsichtsrat erst am Mittwoch in einer Sondersitzung vorgestellt worden.
Demnach sollte dem amtierenden Geschäftsführer Berger Bergmann bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit 2024 ein zweiter Geschäftsführer an die Seite gestellt werden, dem man vor allem den Bereich Personal anvertrauen wollte. Die Einbestellung einer weiteren Geschäftsführung wäre einer massiven Entmachtung Bergmanns gleichgekommen.
Arbeitsgruppe wollte erst nach der Coronakrise Beschlüsse fassen
Noch waren die vom Arbeitskreis vorgestellten Empfehlungen keine beschlossene Sache. Aufgrund der Coronakrise wollte der Aufsichtsrat eigentlich erst in einer späteren Sitzung über die Vorschläge beraten. Der Aufsichtsratsvorsitzende Franz-Josef Britz (CDU) hatte allerdings keinen Zweifel daran gelassen, dass die Empfehlungen auch umgesetzt würden: „Wir werden jetzt in der nächsten Sitzung auf Grundlage des Berichtes der Arbeitsgruppe die entsprechenden Beschlüsse fassen. Vor dem Hintergrund werde ich im Vorfeld das Gespräch mit dem Geschäftsführer Berger Bergmann führen.“ Die Gespräche dürften nun hinfällig sein. Bergmann selber wollte sich auf Nachfrage zunächst nicht zu den Vorgängen äußern.
Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain hatte als Vorsitzender der von fünf auf mittlerweile drei Mitglieder geschrumpften Arbeitsgruppe weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung des betrieblichen Friedens vorgestellt. Darin ging es um einen stärken Austausch mit der Arbeitnehmervertretung, regelmäßige Sitzungen mit dem Betriebsrat und eine bessere Information der Mitarbeiter über wichtige organisatorische, wirtschaftliche und allgemeine Entwicklungen der TuP. Maßgaben, die nun der oder die Nachfolge auf dem Geschäftsführer-Posten der Theater und Philharmonie einlösen kann. Eine Funktion, die angesichts eines dräuenden Millionendefizits durch die Coronakrise nicht unerheblich scheint.
Arbeitskreis regt die Entwicklung neuer Leitungsstrukturen an
Der Abgang von Geschäftsführer Berger Bergmann dürfte dabei nur der Anfang eines größeren Umbaus sein. Der Arbeitskreis regt die Entwicklung einer neuen Leitungs- bzw. Organisationsstruktur an, die die zukünftige Arbeitsorganisation der TuP neu aufstellt. Eine Steuerungsgruppe, bestehend aus Kulturdezernenten, Vertretern des Aufsichtsrates und des Beteiligungsmanagements, soll das Procedere dabei engmaschig begleiten.
OB Kufen dankt TuP-Mitarbeitern für ihr Vertrauen
Oberbürgermeister Thomas Kufen ließ am Abend wissen, er respektiere den Wunsch des Geschäftsführers: „Berger Bergmann hat in den vergangenen Jahren seinen Teil dazu beigetragen, dass die TuP heute eine geschätzte und über die Region hinaus anerkannte kulturelle Einrichtung ist.“ Nun müsse man alles daran setzen, „dass wieder eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der TuP etabliert wird und die hohe künstlerische Qualität der Häuser wieder im Vordergrund steht.“ Sein Dank ging auch an die Belegschaft der TuP: „In zahlreichen Gesprächen in den vergangenen Wochen haben mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Sicht der Dinge dargelegt und haben mir die Zeit gegeben, die Situation zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Dieses Vertrauensverhältnis schätze ich sehr.“