Essen. Vor einer Woche mussten auch in Essen die meisten Läden schließen. Ralf Noreikat vom US-Verkauf berichtet, wie es ihm seither ergangen ist.

Über eine Woche ist es her, dass Ralf Noreikat seinen Laden auf unbestimmte Zeit abschließen musste. "Als ich den Schlüssel umgedreht habe, habe ich mich gefühlt, als würde mir jemand die Beine wegreißen", erzählt der 65-Jährige. Sein Textilgeschäft US-Verkauf ist eines der wenigen verbliebenen inhabergeführten Läden in der Innenstadt.

Schon der Februar, als sich das Coronavirus Richtung Europa ausbreitete, sei nicht so gut gelaufen. Auch der März begann bescheiden. Doch seit vergangenem Donnerstag hat Ralf Noreikat null Einnahmen. "In den 35 Jahren, in denen ich diesen Laden mit meiner Frau führe, hatten wir nie eine so harte Phase durchzustehen", sagt er.

Corona: Essener Händler rechnet mit längerer Schließung

Einen Online-Shop, der ihm jetzt vielleicht etwas über Wasser halten würde, hat der Händler nicht. "Für uns hätte sich das von den Kosten her nicht gerechnet." Und so liegen derzeit Jeans geordnet in den Regalen seines US-Verkaufes, die Freizeitjacken hängen aufgereiht an den Kleiderstangen, die Polohemden sind perfekt gefaltet. Wann hier wieder die ersten Kunden durch den Laden stöbern werden, weiß keiner.

Ralf Noreikat rechnet derweil nicht mit einer baldigen Lockerung der offiziellen Beschränkungen. "Was würde es auch bringen, wenn nach vier Wochen alles aufmachen würde und wir dann schnell wieder vor dem selben Problem stehen."

Für Angestellte Kurzarbeit angemeldet

Vier Festangestellte, darunter er, seine Frau und sein Schwiegersohn, hängen existenziell an dem Laden. Hinzu kommen noch zwei Aushilfen auf 450-Euro-Basis. Für die Festangestellten hat der Inhaber Kurzarbeit angemeldet. Die beiden Aushilfen musste er notgedrungen abmelden. Gern würde er das Kurzarbeitergeld etwas aufstocken, damit seine Mitarbeiter weiter einen auskömmlichen Lohn haben.

In den vergangenen Tagen aber galt es vor allem: So viele laufende Kosten wie möglich zu sparen. So hat er mit der Krankenkasse eine Stundung der Sozialbeiträge vereinbart, Lieferanten angeschrieben und auch beim Vermieter vorgefühlt. Denn noch läuft die Miete weiter.

Um die laufenden Mietkosten und die Löhne für März zu bezahlen, musste er bei seiner Hausbank einen Kredit aufnehmen. "Das lief zum Glück alles ohne Probleme." Denn auch wenn er demnächst das Kurzarbeitergeld für die Festangestellten von der Arbeitsagentur bekommt, muss er die Lohnzahlungen zunächst vorstrecken.

Händler wartet dringend auf die Soforthilfe des Bundes

Große Hoffnung setzt Ralf Noreikat deshalb in die Soforthilfen, die die Bundesregierung den kleinen Unternehmen zugesagt hat. 9000 Euro, die er demnach bekäme, "würden uns enorm helfen". Zuletzt saß er morgens 2.30 Uhr an seinem Computer, um zu recherchieren, wann und wie er an die Hilfe kommt. Doch es gab zu diesem Zeitpunkt noch immer nichts Konkretes. Ralf Noreikat setzt daher weiter auf das Wort, das Bundesfinanzminister Olaf Scholz gegeben hat: Die Hilfen sollen schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden.

Doch auch, wenn die ersehnte Soforthilfe des Bundes auf seinem Konto ist: Je nachdem, wie lange die Zwangspause dauert, wird er kämpfen müssen, um über die Runden zu kommen. "Vielleicht reicht das vorhandene Geld noch für zwei Monate. Danach werde ich wohl oder übel meine Ersparnisse fürs Alter angreifen müssen", sagt Ralf Noreikat.

Großes Lob gibt es von ihm für den lokalen Einzelhandelsverband, in dessen Vorstand er selbst sitzt. "Der Verband versorgt mich mit vielen Informationen, die ich als kleiner Unternehmer so wohl gar nicht bekommen würde." Das gebe ihm auch das Gefühl, dass er in dieser schweren Zeit nicht allein gelassen werde.

Hoffnung, dass Kunden wieder bei ihm kaufen

Im nächsten Jahr wollte der 65-Jährige eigentlich etwas kürzer treten und den Laden an seinen Schwiegersohn übergeben. "Das haben wir jetzt aber erstmal zurückgestellt."

Im Moment geht es für ihn einzig und allein darum, die Existenz seines Ladens bis zu dem Tag zu sichern, an dem er wieder öffnen darf. "Ich hoffe, dass dann die Kunden auch wieder kommen, und bei uns einkaufen und jetzt nicht alles online bestellen. Das ist mein größter Appell."

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