Essen. Wegen des Coronavirus sind Kneipen, Kinos und Theater geschlossen. Aufgepasst: Im Essener Norden gibt es einen Rest Nachtleben: das Autokino.

Sara aus Essen-Steele hat eine einfache Erklärung, warum sie heute nach Bergeborbeck gefahren ist: „Mein Freund hat Geburtstag und man kann wegen Corona gar nichts machen.“ Fast gar nichts. Das Autokino am Sulterkamp in Bergeborbeck hat geöffnet. Und da sieht sich Sara mit ihrem Freund nun „Nightlife“ an mit Frederick Lau, Elyas M’Barek und einem wummernden, alkoholgetränkten Nachtleben, das es dieser Tage eben nur auf der Leinwand geben kann.

Nein, Profiteur der Corona-Krise seien die Autokinos nicht, sagt Heiko Desch, Marketing-Mann von Betreiber „Drive In“. Schon weil es strenge Auflagen gebe, zu denen zählt, dass die Snackbar geschlossen bleiben muss. Für den Autokino-Betreiber heißt das, dass die gewohnte Mischkalkulation nicht aufgeht, nach der jeder Kinobesucher zum 8-Euro-Ticket im Schnitt noch mal drei, vier Euro für Getränke und Süßkram ausgibt. Für die Gäste heißt das: Popcorn selbst mitbringen.

Die Kinokarte muss online gekauft werden, die Snackbar ist geschlossen

Auch die Kinokarte sollte man sich schon vor Fahrtantritt online besorgt haben: Die Kinokasse ist geschlossen und die Kontrolleurin nimmt es mit dem Sicherheitsabstand sehr ernst: „Fenster hoch“, ruft sie. Erst als diese Anweisung befolgt ist, nähert sie sich dem Auto, scannt das Ticket auf dem Smartphone durch die Scheibe, reckt den Daumen hoch: weiterfahren.

Selbst an einem Montag machen das jetzt gar nicht so wenige. Und auch Heiko Desch räumt ein, dass die Zahlen zuletzt nicht schlecht waren: 1000 Besucher von Donnerstag bis Sonntag (19. bis 22. März) oder etwa 250 an jedem Abend. „Für diese Jahreszeit ist das ganz gut.“

Auch in Zeiten von Corona geöffnet: Auf seiner Homepage wirbt das Essener Autokino mit diesem Alleinstellungsmerkmal.
Auch in Zeiten von Corona geöffnet: Auf seiner Homepage wirbt das Essener Autokino mit diesem Alleinstellungsmerkmal. © FFS | wan

Der Besucher muss allerdings wissen, dass es in dieser Jahreszeit zwar tagsüber sonnig sein mag, abends aber kalt wird. Sprich: Wer keine Standheizung hat, sollte sich Wolldecken mit ins Autokino nehmen. Denn auch der Verleih von Heizlüftern ist ausgesetzt. „Haltet fünf Meter Abstand!“, rufen die Jungs, die dafür normalerweise zuständig sind. Jetzt sei der Platzservice nur da, um Autobesitzer mit Tagfahrlicht mit Abdeckungen zu versorgen, heißt es auf der Homepage des Betreibers.

Auch der Radioverleih ruht; auf der Frequenz 90,0 empfängt man den Ton übers eigene Autoradio. Eingewickelt in Decken, versorgt mit Getränken und Knabbereien vom letzten Hamsterkauf ist das ein kuscheliges Vergnügen – für zwei. Das empfiehlt sich im Autokino ganz allgemein, denn von der Rückbank sieht bestenfalls ein Dritter gut, wenn er mittig sitzt und zwischen den Vordersitzen durchguckt.

Derzeit dürfen nur zwei Zuschauer in jedem im Auto sitzen

Nun dürfen nicht gar mehr als zwei Zuschauer in einem Auto sitzen, es sei denn die weiteren Mitfahrer sind die eigenen Kinder. Das liegt, man ahnt es, an Corona. Ein kleines Manko, findet Sara aus Steele, die sonst gern „mit mehreren Leuten“ ins Kino geht. Doch das letzte Ausgehvergnügen der Stadt spreche sich auch so ‘rum, glaubt sie. „Als ich vor ein paar Wochen hier war, standen hier nur vier Autos.“ An diesem Montag (23.3.) sind es mindestens 50.

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Darunter der Wagen, in dem die 19-jährige Lea mit ihrem Freund aus Duisburg gekommen ist: „Bei uns gibt es sowas nicht – und was kann man sonst machen im Moment?“ Ein Alleinstellungsmerkmal, das die Autokinos nicht überall nutzen können: Von den fünf Drive-In-Standorten seien derzeit nur Essen und Stuttgart mit den genannten Auflagen geöffnet. Den anderen drei Kommunen fehlt offenbar die Fantasie, wie ein ungefährlicher Autokinobesuch aussehen könnte. „Die haben einfach gesagt: ,Kinos sind geschlossen, also gilt das auch für Euch.’“, sagt Heiko Desch.

Jetzt läuft: Action, Heiteres und Herzerwärmendes – die Horror-Reihe ist verschoben

Autokino öffnet täglich außer Heiligabend und Silvester

„Drive In“ betreibt bundesweit fünf Autokinos. Diese liegen in München-Aschheim, Stuttgart-Kornwestheim, Frankfurt-Gravenbruch, Köln-Porz und Essen-Bergeborbeck. Jedes von ihnen hat nach Auskunft des Betreibers pro Jahr zwischen 50.000 und 80.000 Besucher.

Normalerweise sind sie täglich außer Heiligabend und Silvester geöffnet. Derzeit haben nur Stuttgart und Essen Ausnahmegenehmigungen. Die anderen drei Autokinos sind dicht.

Das Programm findet sich auf: https://www.essen-autokino.de/programm

In Essen aber könnten theoretisch 1000 Autos Platz finden. Doch ausverkauft sei das Drive-in-Kino nur, wenn etwa an Karfreitag – hier: CarFreitag – „Fast and Furious“ gezeigt werde oder wenn der neue James-Bond anlaufe. Filmstarts, die bekanntlich verschoben wurden. Nun, da neben dem Cinemaxx auch die Filmkunsttheater in Essen geschlossen sind, könnte Desch es doch mal mit Arthouse-Filmen versuchen und neue Zielgruppen erschließen. Ach nein, winkt er ab, „keine Experimente“: Er bleibe lieber beim Bewährten, also Blockbuster, Action sowie „Heiteres und Herzerwärmendes - nichts zu Anspruchsvolles“. Arthouse laufe in einer besonderen Reihe im Herbst.

Aktuell sollte es eine Horror-Reihe geben, Horror laufe auf der großen Leinwand des Autokinos immer gut. Die Horror-Reihe hat Desch jetzt abgesagt. Dieser Tage läuft der Horrorfilm weltweit, überlebensgroß.

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