Essen. Um die Notvorschriften zum Coronavirus durchzusetzen, will die Stadt „Härte und Fingerspitzengefühl“ zeigen – Uneinsichtigen drohen Geldbußen.
Es war ein letzter städtischer Appell an die Vernunft – per Video gesendet aus dem Sitzungsraum der Stadtspitze: „Bleiben Sie zuhause“, baten da der Oberbürgermeister und der Polizeipräsident am Freitagnachmittag, „die Situation ist ernst. Es geht um die Gesundheit und für manche sogar um das Leben.“ Wer das noch nicht begriffen habe, dem wollen Stadt und Polizei ab sofort deutlich strenger entgegentreten. „Wir sind“, so der OB, „nicht nur willens, sondern auch in der Lage, Recht und Ordnung durchzusetzen!“ Das klang wie: letzte Warnung.
Für manchen genau die richtige ausgewogene Art, mit den Verstößen gegen die geltenden Notvorschriften der sogenannten „Allgemeinverfügung“ umzugehen. Für andere dagegen nach wie vor eine allzu lasche Haltung. Thomas Kufen verteidigte den Kurs der Ordnungshüter auf städtischer und polizeilicher Seite: Es gehe darum, „mit Härte und Fingerspitzengefühl das durchzusetzen, was gewollt ist“.
Ordnungsdezernent Kromberg: „Wir werden jetzt mit Bußgeldern arbeiten“
Und gewollt ist, dass soziale Kontakte im Angesicht der Corona-Krise auf das absolute Minimum heruntergefahren werden. Darum das Versammlungsverbot von 15 Personen an aufwärts, darum geschlossene Spiel- und Bolzplätze, abgesagte Veranstaltungen und die Schließung von Behörden.
Er erlebe in diesen Tagen eine Welle des Respekts und der Rücksichtnahme, betonte der OB, aber eben auch das glatte Gegenteil. Noch könne er sich einerseits „nicht vorstellen, dass der soziale Friede in der Stadt an einer Toilettenpapierrolle scheitert“. Andererseits scheint mit Blick auf die „Party“-Treffen am Baldeneysee die Zeit der Freundlichkeiten vorbei: „Wir werden jetzt“, so kündigte Ordnungsdezernent Christian Kromberg an, „mit Bußgeldern arbeiten“.
Polizeipräsident Richter: „Es geht hier nicht um irgendwelche Kavaliersdelikte“
Und im Zweifel auch die Polizei einschalten, um Strafanzeige zu erstatten. Bislang griffen weder der Kommunale Ordnungsdienst noch die Polizei zu derlei Mitteln. Zu Recht, wie Polizeipräsident Frank Richter glaubt: „Unsere Versuch zu deeskalieren, haben Früchte getragen.“ Gar so große Zusammenrottungen von sorglosen Menschen habe es nach den ersten Ansagen nicht gegeben.
Richter ließ aber keinen Zweifel daran, dass seine Leute angesichts einiger unbelehrbarer Zeitgenossen die Zügel nun anziehen wollen. Platzverweise seien das erste Mittel der Wahl, danach wird es ernst: „Wir werden sehr konsequent vorgehen, denn es geht hier nicht um irgendwelche Kavaliersdelikte.“
Oberbürgermeister Kufen: Hinweise der Bürger „sind kein Denunziantentum“
Ordnungsdezernent Kromberg hat auch den passenden Gesetzes-Passus dafür parat: Paragraph 28 des Infektionsschutz-Gesetzes sieht etwa bei Verstößen gegen Veranstaltungsverbote Geldstrafen oder bis zu zwei Jahren Haft vor, selbst für fahrlässiges Handeln. „Daran sieht man, dass der Gesetzgeber es ernst gemeint hat“.
Niemand solle da leichtfertig abwinken: Die Stadt erhält eine Vielzahl von Hinweisen aus der Bevölkerung, denen man durchgehend nachgehe. „Das ist kein Denunziantentum“, findet OB Kufen, wiewohl ihm bewusst sei, welche Einschnitte man den Bürgern da zumute. Immerhin: Bei den geltenden Notvorschriften soll es vorerst bleiben, neue, verschärfte sind laut Oberbürgermeister in diesen Tagen nicht geplant.
Bis zu 90 Ordnungskräfte bringt die Stadt für Kontrollen auf die Straße
Aber auch so gibt es genug zu tun, wobei es an Kräften, die geltenden Verbote zu kontrollieren, offenbar nicht fehlt: Im Einsatz sind derzeit rund 80 bis 90 städtische Mitarbeiter, darunter 42 vom Kommunalen Ordnungsdienst und mehr als 30 von der Zentralen Ausländerbehörde.
Hinzu kommt bei Bedarf die Polizei, die bestens vorbereitet sei, versichert Polizeipräsident Frank Richter: „Niemand muss Angst haben, dass sein Anruf nicht wahrgenommen wird.“ Man sei auch darauf vorbereitet, dass dieses Situation länger als nur ein paar Tage anhält.
Um sich auf eine Ausgangssperre vorzubereiten, kramt die Stadt in alten Smog-Akten
Und auch wenn offiziell noch keiner einer wie auch immer gearteten Ausgangssperre das Wort reden will: Intern bereitet die Stadt sich vorsichtshalber darauf vor, kramt in alten Akten aus den 1970ern, aus Zeiten des Smog-Alarms, als weitreichende Fahrverbote galten, um davon zu lernen.
Weil dies die Einschränkungen im Alltag auf eine neue Stufe heben würde, appellierte der OB an die Einsicht aller: „Wenn alle die Vorschriften beherzigen, ist die Ausgangssperre vom Tisch. Wenn nicht, dann kommt sie.“
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Der OB hofft auf eine landesweite Lösung, um „Insellösungen“ zu vermeiden
Weil man dies vom Rathaus aus aber nun mal nicht steuern kann, bereitet sich der Krisenstab auf eine solche Eskalation vor. Kufen wie Kromberg plädieren dabei für eine landesweit gültige Regelung, um keine Insellösungen zu schaffen. „Die führen eher zur Verunsicherung“, sagt der OB – ein Fleckenteppich von Allgemeinverfügungen sorge in einem hoch verdichteten Raum wie dem Ruhrgebiet nur für Unruhe.
Kufen will sich im Falle eines Falles dafür einsetzen, dass eine Ausgangssperre auf jeden Fall die Möglichkeit bewahrt, allein oder zu zweit spazieren oder mit dem Hund Gassi zu gehen. Jedoch, die Ausgangssperre allein, so fürchtet der OB, „wird nicht reichen“.