Essen-Katernberg. Katernberger Werbering appelliert an Vermieter und Banken, den kleinen Einzelhändlern mit Mietminderungen und niedrigen Zinsen entgegenzukommen.

Von Vera Eckardt

Mit einem eindringlichen Appell wendet sich Johannes Maas vom Katernberger Werbering an die Banken und Vermieter. Maas: „Sie können in der Corona-Krise den existentiell bedrohten Einzelhändlern entgegenkommen—mit Mietminderung oder -stundung und mit niedrigeren Überziehungszinsen.“

Alle Einzelhändler, die keine lebensnotwendigen Dinge verkaufen, aber auch Gastronomen und Imbissbuden-Betreiber sind von der Krise betroffen. Wer keine Rücklagen bilden konnte, kämpft jetzt schon ums Überleben. „Nehmen wir die Viktoria-Klause, unsere alteingesessene Kneipe in Katernberg: Die hat seit Montag keine Einnahmen mehr“, sagt Johannes Maas. Der Vorsitzende des Katernberger Werberings gehört selbst zu den Betroffenen: Die Zimmer seiner kleinen Pension, die er in der Nähe von Zollverein betreibt, sind leer, „bis Ende April habe ich nur Absagen bekommen“. Doch als Hauseigentümer gehe es ihm noch gut – im Gegensatz zu manchen anderen.

Katernberger Markthändlerin bleiben die Kunden weg

Wie zum Beispiel Edith Pazdzior, die seit 28 Jahren ihre Damenbekleidung auf dem Katernberger Markt verkauft. „Zwei Mal in der Woche bin ich hier, die anderen zwei Tage in Schonnebeck auf dem Karl-Meyer-Platz“, erzählt sie. Viel Stammkundschaft komme in normalen Zeiten zu der sympathischen Frau, „doch davon sind wir jetzt weit entfernt. Sehen Sie sich um: Der Markt ist leer, meine Kunden bleiben weg.“https://www.waz.de/staedte/essen/nord/handeln-statt-klagen-buerger-bringen-essen-katernberg-voran-id228215361.html

Tatsächlich ist der Katernberger Wochenmarkt an diesem Freitag nur noch spärlich besucht, schon vor dem Ende um 13 Uhr beginnen die paar Händler, die noch den Weg in den nördlichen Stadtteil gefunden haben, ihre Tische zusammenzuklappen. Auch wenn Heinz-Jürgen Fastabend, der seit vier Jahrzehnten sein Obst und Gemüse in Katernberg feilbietet, noch nicht mit der Krise zu kämpfen hat: „Gott sei Dank unterstützen mich meine Kunden. Sonst würde es schwer werden.“

Aufträge und Termine bis Ende August abgesagt

„So lange die Landesregierung die drohende Ausgangssperre noch nicht angeordnet hat, bin ich hier. Schließlich muss ich meine Frühjahrsware verkaufen“, sagt Edith Pazdzior. Und wenn dann tatsächlich keiner mehr auf die Straße darf, dann hofft die Händlerin, dass sie wenigstens die Kosten für die Standmiete erstattet bekommt, die sie immer im Voraus bezahlen muss. Aber sie will optimistisch bleiben, auch wenn keiner weiß, wie lange die Ausnahmesituation noch anhält. „Ich habe zu essen und ein Dach über dem Kopf. Das ist die gute Nachricht.“

Essen und ein Dach über dem Kopf hat auch Thomas Spilker. Doch er ist voller Sorgen: Der 59-Jährige betreibt seit 16 Jahren einen Modellspielwarenhandel und seit 30 Jahren eine Eventagentur in Katernberg. „Das Telefon steht seit Tagen nicht mehr still. Es hagelt Absagen für Veranstaltungen, für die ich gebucht wurde.“ Mittlerweile wären Termine schon bis Ende August storniert. „Ich weiß gar nicht, wie das nachgeholt werden kann“, sagt Spilker, der auch im Katernberger Werbering aktiv ist. Er fürchtet, dass sich irgendwann, wenn die Krise überstanden sein wird, die Termine überschneiden, „und dann werde ich als kleineres Unternehmen nicht davon profitieren können“.

Katernberger müssen in der Krise zusammenrücken

Seine beiden Mitarbeiter, die bei ihm einen Minijob haben, musste er bereits freistellen. „Ich hatte leider keine andere Wahl.“ Einen Online-Verkauf bietet er nicht an, und auch Rücklagen konnte Thomas Spilker nicht bilden: „Bei mir wurde vor zwei Jahren eingebrochen. Das hat mich viel Geld gekostet.“ Jetzt hofft er zumindest auf staatliche Hilfen.https://www.waz.de/staedte/essen/essen-schliesst-grugapark-und-erlaubt-handel-sonntagsoeffnung-id228718005.html

„Aber ich wünsche mir auch, dass wir Katernberger in der Krise zusammenrücken. Und dass vielleicht der eine oder andere Vermieter von Ladenlokalen den kleinen Einzelhändlern entgegenkommt“, ergänzt Johannes Maas. Auch die Banken, die ja schließlich in ihrer eigenen Krise durch die Steuerzahler unterstützt wurden, könnten jetzt im Gegenzug die Wirtschaft stützen: „Sie sollten auf hohe Überziehungszinsen verzichten und stattdessen ganz normale Darlehenszinsen nehmen“, lautet sein Appell. „Das wäre doch mal eine solidarische Maßnahme.“

Überhaupt sei im Augenblick die Solidarität das Wichtigste: „Das Miteinander der Katernberger ist in diesen Zeiten das A und O. Wir müssen alle aufeinander Acht geben. Besonders auf die gefährdeten Menschen.“ Deswegen gebe es bereits viele kleine nachbarschaftliche Hilfsangebote in Sachen Einkaufen. „Und wir Werbegemeinschaften im Essener Norden überlegen auch noch, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen, um unsere Mitmenschen zu unterstützen.“