Essen. Schwere Vorwürfe gegen die Polizei Essen: Beamte sollen Familie rassistisch beleidigt und verletzt haben. Nicht der erste Vorwurf dieser Art.

Tausende Menschen verbreiten in Sozialen Netzwerken seit diesem Wochenende einen schweren Vorwurf gegen die Essener Polizei. Beamte sollen eine dunkelhäutige Familie, die wegen eines gestohlenen Portemonnaies Anzeige erstatten wollte, auf der Wache rassistisch verhöhnt und verprügelt haben. Die Behörde ist entsetzt und weist die Vorwürfe entschieden zurück. Dabei hat sie aktuell in einem anderen Fall bereits mit ganz ähnlichen Klagen zu kämpfen.

Vor wenigen Wochen erst postete ein Türke mit libanesischen Wurzeln ein Video auf Facebook, in dem er von der „grundlosen Gewalt und den rassistischen Beleidigungen“ berichtete, die ihm in Gewahrsam von Essener Polizisten zugefügt worden seien. Die Bochumer Polizei, die aus Neutralitätsgründen die Ermittlungen in diesem Fall übernommen hat, berichtet auf Nachfrage, dass die Ermittlungen noch immer laufen.

Essener Polizei weist die Rassismusvorwürfe zurück

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Auch der neuerliche Rassismusvorwurf wird die Bochumer Behörde beschäftigen, wie ein Sprecher am Montag erklärte. Schon deshalb, weil die Essener Beamten selber größtes Interesse daran haben, dass die aus ihrer Sicht haltlosen Vorwürfe von unabhängiger Stelle aufgeklärt werden.

Die Polizei wird beschuldigt, eine 50-jährige Mülheimerin ausgelacht zu haben, die den Diebstahl ihres Portemonnaies anzeigen wollte. Außerdem seien die Töchter der Frau auf der Wache gewaltsam angegangen worden. „Als ich da ankam, wurde auch ich brutal geschlagen und das Ganze endete in einem Krankenwagen“, schreibt der Sohn der 50-Jährigen im Internet.

Und mehr noch: „Gegen meinen Einwand, dass man mit Menschen so nicht umgehen kann, sagte einer der Polizisten, wenn es mir nicht passt, soll ich das Land verlassen und ich kann froh sein, dass wir nicht in den USA sind.“ Offensichtlich eine Anspielung auf die Polizeigewalt, der dunkelhäutige Menschen in den Vereinigten Staaten deutlich häufiger ausgesetzt sind als weiße Bürger.

So beschreibt die Polizei Essen die Geschehnisse

Diese Szenen spielten sich zwar schon vergangene Woche Mittwoch (4. März) ab, seit Sonntag aber ergießt sich eine Empörungswelle über der Essener Polizei. Eine Berliner Journalistin hatte die Anschuldigungen der Essener Familie auf Twitter geteilt. Dort verbreitete sich der Rassismusvorwurf dann rasend schnell.

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Während sich die Öffentlichkeitsabteilung der Polizei bemüht, die Wogen im Internet einigermaßen zu glätten, rekonstruierten Ermittler die Geschehnisse vom Mittwochabend. Die Polizei bestätigt demnach, dass eine 50-jährige Frau den Diebstahl ihres Portemonnaies anzeigen wollte. Dafür sei sie – weil die Räumlichkeiten der Innenstadtwache nun mal so liegen – in einen Wachraum gebracht worden, der in dem Bereich des Gebäudes ist, in den man nur durch eine Sicherheitsschleuse hineinkommt.

Polizei Essen: Einsatz hatte nichts mit der Hautfarbe der Männer zu tun

Während die Mülheimerin ihre Aussage machte, seien zwei junge Frauen (16 und 17 Jahre alt) auf der Wache erschienen und hätten die Beamten angeblafft. Es sei zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen den jungen Frauen und der Polizei gekommen, ein Beamter sei als „behindert“ beschimpft worden. Die diensthabenden Polizisten wollten sich das nicht weiter gefallen lassen und „brachen den Widerstand der Frauen, die sich gegen eine Ausweiskontrolle wehrten“, wie es die Essener Polizei formuliert. Gemeint sind Verteidigungstechniken der Polizei, mit denen unliebsame Störer ruhiggestellt werden. Anschließend seien die Frauen der Wache verwiesen worden.

Einige Stunden später seien zwei Männer auf der Wache erschienen, darunter auch der Sohn der 50-Jährigen. Die Männer hätten sich aggressiv verhalten und den Anweisungen der Polizei, ihren Ton zu mäßigen, nicht Folge geleistet. Stattdessen hätten die Männer lautstark geschrien und mit Fäusten gegen die Glasscheiben der Polizeiwache geschlagen.

„Es folgte eine Widerstandshandlung, die von dem einschreitenden Polizeibeamten unter Verwendung eines Einsatzmehrzweckstockes gebrochen wurde“, erklärt die Polizei am Montag. Daraufhin seien die Männer in Richtung Hauptbahnhof davongelaufen. Ein 25-Jähriger konnte am Europaplatz angetroffen und nach einer erneuten Widerstandshandlung vorläufig festgenommen werden. Da der Mann über Schmerzen klagte, wurde er mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Nach ambulanter Behandlung konnte der Mann das Krankenhaus wieder verlassen, berichtet die Essener Polizei.

Dass der Einsatz gegen die jungen Männer im Zusammenhang mit deren Hautfarbe stehe und sie von Beamten gar rassistisch beleidigt worden sein sollen, sei völlig haltlos, so die Polizei.

Am Montagabend rief die Essener Polizei via Twitter zur Mäßigung auf, nachdem die Berliner Journalistin Anna Dushime den Vorfall in einem Tweet thematisiert hatte. Die Geschichte mache sie „so wütend“ twitterte Dushime:

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Polizei Essen stellte Anzeige wegen Rassismusvorwurf

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Diese neuerlichen Vorwürfe gegen die Essener Polizei kommen zu einer Zeit, in der die Behörde in anderer Sache gar selber Beschwerdeführer ist. Ende Februar erst hat das Polizeipräsidium Essen Strafanzeige wegen Beleidigung gegen das Aktionsbündnis „Essen stellt sich quer“ gestellt. Anlass sei die Behauptung des Bündnis-Sprechers Christian Baumann, der Stadtteil Altendorf „sei immer wieder Ziel rassistischer Kontrollen durch die Polizei“ geworden. Dieser umstrittene Satz fiel auf der Kundgebung in Altendorf („Es reicht: Rechten Terror beenden“) am Tag nach dem Anschlag von Hanau.