Essen. Die reihenweisen Absagen von Messen treffen auch Essener Messebaufirmen hart. Die ersten ziehen die Reißleine und müssen Kurzarbeit anmelden.

Die Ausbreitung des Coronavirus setzt den Messebauern und -dienstleistern massiv zu. Reihenweise werden Messeveranstaltungen abgesagt bzw. verschoben. Die Tourismusmesse ITB, die Hannover Messe, die Leipziger Buchmesse in Essen zuletzt die SHK. Auch die Oldtimer-Messe Techno Classica wackelt. „Das sind schon kriegsähnliche Zustände“, sagt Stefan Tranelis, Geschäftsführer des Essener Unternehmens Lisa Funktion & Design. Im Verbund mit der Tischlerei Blömers plant, entwirft und baut die Firma Messestände.

In den vergangenen Tagen haben sich bereits mehrere Messedienstleister bei der Arbeitsagentur in Essen gemeldet. Alle interessiert nur ein Thema: Was müssen wir machen, wenn wir Kurzarbeit anmelden müssen? Erste Anträge sind bei der Behörde auch schon eingegangen. Die Arbeitsagentur ist für deren Genehmigung zuständig.

GMS Messe- und Event-Partner hat Kurzarbeit angemeldet

Betroffen in Essen ist beispielsweise Axel Toll, Geschäftsführer der GMS Messe- und Event-Partner. Er hat am Montag sein Unternehmen zugeschlossen und alle 40 Mitarbeiter nach Hause geschickt. Sie sind auf Kurzarbeit gesetzt. „Wir haben schlichtweg nichts zu tun“, sagt Toll bedrückt.

Stefan Tranelis (l.), Geschäftsführer Lisa Funktion & Design, und  Projektleiter Dominik Blömers von der Tischlerei Blömers, rechts, stehen in ihrer Produktionshalle. Die Profis für Messebau müssen dieser Tage aufgrund der abgesagten Messen eine Unmenge an Messebauteilen in ihrer Firma einlagern.
Stefan Tranelis (l.), Geschäftsführer Lisa Funktion & Design, und Projektleiter Dominik Blömers von der Tischlerei Blömers, rechts, stehen in ihrer Produktionshalle. Die Profis für Messebau müssen dieser Tage aufgrund der abgesagten Messen eine Unmenge an Messebauteilen in ihrer Firma einlagern. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Es ist eine so noch nie dagewesene Situation für Messedienstleister wie die GMS. Sie stattet Messestände mit Küchentechnik und Geschirr aus, ist europaweit unterwegs. „Allein im März hatten wir 100 Messeabsagen“, sagt Axel Toll. Der Umsatz ist regelrecht zusammengebrochen, der Verlust allein aus diesem Monat gehe in den sechsstelligen Bereich. „Wir mussten die Reißleine ziehen und so viele Kosten wie möglich runter fahren“, begründet Toll den Schritt zur Kurzarbeit.

Der Verband der Messebauer beziffert den bisherigen Schaden deutscher Unternehmen auf über eine Milliarde Euro.

Messebaufirmen skeptisch, ob alle Messen nachgeholt werden können

Das Schlimme: Keiner weiß, wie lange die Situation so anhalten wird. Bundesminister Jens Spahn hat empfohlen, vorerst alle Veranstaltungen mit über 1000 Besuchern abzusagen. Das beträfe alle Messen.

Für Messebauer heißt das: Ein, zwei Monate zu überbrücken, geht vielleicht noch, meint Toll. Doch was ist, wenn es länger dauert, fragt sich der Geschäftsführer. Die angekündigte Verschiebung vieler Messen sei da nur ein kleiner Trost. „Ich bezweifle, dass alle tatsächlich später nachgeholt werden können“, meint Toll. Denn die Messekalender im Herbst seien ohnehin schon immer voll. „Wie soll das gehen, wenn wir dann als Dienstleister plötzlich von Null auf 150 Prozent hochfahren müssten?“, fragt er und gibt selbst die Antwort: „Das funktioniert nicht.“

Bei den Messebaufirmen Blömers und Lisa Funktion & Design wird derweil der Platz knapp. Denn das Unternehmen muss sehen, wo es schon fertige Messebauten erstmal einlagern kann. „Wir mussten ja trotzdem alles so vorbereiten, als würde die Messe stattfinden“, berichtet Lisa-Geschäftsführer Tranelis. Eine Messe in Wiesbaden sei neulich erst zwei Tage vorher abgesagt worden. „Wir hatten schon alles fertig.“ Spahns jüngste Empfehlung an Veranstalter bringt den Messebaufirmen derweil auch nicht mehr Planbarkeit. „Im März ist ohnehin schon alles abgesagt. Doch was ist mit April oder Mai?“, fragt Tranelis.

Unternehmen befürchten, auf Kosten sitzen zu bleiben

Kurzarbeitanträge

Über 30 Unternehmen haben bei der Arbeitsagentur bereits angerufen, um sich zum Thema Kurzarbeit zu erkundigen. Tatsächlich hatten bis Freitag zehn auch schon einen Antrag gestellt, die allesamt bewilligt wurden.

Betroffen sind vor allem Messebau-Unternehmen, Caterer sowie Eventagenturen und Reisebüros. Die Arbeitsagentur rechnet in den kommenden Tagen mit weiter steigenden Zahlen.

Und selbst wenn Messen doch noch nachgeholt würden, befürchtet Tranelis, dass der Unternehmensverbund Lisa und Blömers auf Kosten sitzen bleibt. „Wir haben ja alle Monteure an Bord und für diese schon Hotels gebucht.“ Die Zimmer müssten später ja nochmal bezahlt werden.

Die Monate März und April sind schon jetzt für das Unternehmen eine wirtschaftliche Herausforderung. Tranelis: „Uns fehlt ein Umsatz im hohen sechsstelligen Bereich. Gott sei Dank sind wir noch in anderen Bereichen wie Büroplanung oder Ladenbau tätig.“ Auch in seinem zweiten Unternehmen, der Connect Architekten, laufe es glücklicherweise weiterhin gut.

Tranelis hofft für die gesamte Messebau-Branche, dass das nun von der Regierung angekündigte Konjunkturpaket „mit Leben gefüllt wird“. Das heißt, dass es für Firmen beispielsweise Überbrückungsfinanzierungen gibt. „Sonst steuert die Branche auf eine Katastrophe zu.“ Auch Tranelis’ Partner, die Tischlerei Blömers, denkt derzeit bereits über Kurzarbeit nach.