Essen. Heimspiel für Atze Schröder: Kultfigur aus Kray sollte erst gar nicht in Essen auftreten. Comedian beteuert: „Dann hätte ich die Tour abgesagt.“
Einheizer gehören dazu. „What ever you want“ von Status Quo scheppert. Das Publikum in der ausverkauften Grugahalle klatscht. Nächster Song. Jetzt erklingt Roland Kaisers Schunkel-Schlager „Manchmal möchte ich schon mit Dir“. Die Masse singt mit. Es ist ein Heimspiel für Atze Schröder. Da lässt es der gebürtige Essener krachen.
Das Heimspiel von Atze Schröder in Essen war zunächst gar nicht eingeplant
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Der Vorhang fällt und da steht er endlich: Vor klotzigen Buchstaben, die an der Decke hängen: ATZE. Dass er da an diesem Freitagabend in Essen seine Witze macht, war eigentlich gar nicht vorgesehen. Denn aktuell tingelt der Comedian mit seinem Bühnenprogramm „Echte Gefühle“ durch die Republik. Geseke, Gummersbach oder Aurich heißen die Stationen. Seine Heimatstadt hatte die Agentur zunächst nicht eingeplant, weswegen er drohte: „Dann werde ich die ganze Tournee absagen.“ So kann er an diesem Abend kokettieren: „Endlich bin ich wieder in der schönsten Stadt Deutschlands!“
Sehnsucht an die Ruhrmetropole habe er zuletzt in Stuttgart empfunden, eine der Tournee-Termine. Dort sah sich der Komiker mit dem rustikalen Ruhrpott-Charme einer schwäbischen Mentalität konfrontiert: alles ein bisschen spröder, alles ein bisschen langsamer. Zuhause ist er dort, wo die Leute etwa einen Gag verstehen, den er eigentlich aus dem Programm gestrichen hat. In Essen kann er ihn bringen. Dafür bittet er die Paare im Publikum, sich in die Augen zu schauen. Und kommentiert: „Mehr war nicht drin“. Der Saal lacht.
Atze Schröder: Ein softer Macker, eine Marke aus dem Ruhrgebiet
Ja, Atze erscheint wie einer von ihnen. Ein softer Macker, eine Marke aus dem Ruhrgebiet. Als prolliger Prototyp reißt er kernige Kalauer ohne Politisches oder Gesellschaftskritik. So kennt ihn das Publikum aus Fernsehshows oder der Sitcom „Alles Atze“. Dort gab der Comedian einen Krayer Kioskbesitzer, immer einen markanten Spruch auf den Lippen. Seine bürgerliche Identität will der Entertainer nicht preisgeben. Als die Bild-Zeitung ihn ohne Perücke fotografierte, klagte er. Mit Erfolg.
Erfundene Biografie
Markenzeichen Minipli: Der Mann hinter der Kunstfigur Atze Schröder hält seine Identität allerdings so gut es geht geheim.
Für seine Figur hat der Comedian eine Biografie erfunden, nach der Atze Schröder am 27. September 1965 als Thomas Schröder im Essener Stadtteil Kray geboren worden sei.
Während seiner Schulzeit habe Atze Schröder großes Talent als Kunstturner gezeigt und sei Jugendmeister geworden. Anschließend habe er eine Ausbildung zum Tanzlehrer absolviert, eine Zeit lang Soziologie studiert und sich Mitte der 1990er Jahre der Stand-up-Comedy zugewandt.
Es lohnte sich. Denn seine Fangemeinde liebt diese Kultfigur, die Bodenständigkeit und Authentizität versprüht. Daher auch der Titel seines Programms: „Echte Gefühle“. So ackert sich Atze am knapp zweistündigen Abend an den Gegenwartserscheinungen ab, die diese Echtheit vermissen lassen. Dazu zähle die Werbung, die uns Glück durch Duschgel verspricht. Am Ende werden wir mit Plastik zugedröhnt. „Wenn wir sterben, sind wir Sondermüll“, scherzt Atze Schröder. „Wenn man Pech hat, liegt man dann irgendwo in Bali neben einem Kühlschrank.“
Scherze über Mark Forster und Helicopter-Eltern
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Doch auch die Rockstars waren früher noch richtig harte Kerle wie etwa AC/DC-Frontmann Bon Scott, der sich noch Schnaps gönnte. „Er ist an seiner eigenen Kotze erstickt.“ Doch heute erscheinen ihm die Popsternchen viel zu soft. „Mark Forster kippt schon um, wenn keine laktosefreie Milch im Kaffee ist. Und der Mann ist Pole.“ Besser erscheinen ihm da auch nicht die Helicopter-Eltern, die sich mit ihren SUVs vor Kindergärten stauen, um ihre Kleinsten abzuholen. Ein Bild „wie ein Blauhelm-Einsatz im Irak“, ätzt der Komiker. „Alles so weichgespült“.
Als Kern-Asi vom Dienst sucht Atze Schröder nach den letzten Bastionen echter Gefühle. Er findet sie etwa in den Schlafzimmern von geerdeten Ehepaaren. Dort, wo sich die Frau im Bett räkelt. Während der Mann selbstzufrieden vor dem Spiegel steht, zärtlich über seinen „Hefe-Erkal“ streicht und sich sagt: „Das gönne ich Ihr!“ Der Saal bebt. Nur am Ende wird es ruhig. Als sich der Comedy-Star zu rührseliger Musik als langjähriger Freund verabschiedet. Und dann erklingen wieder laute Zugabe-Rufe.
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