Essen. Der „Mängelmelder“ der Stadt Essen wird eifrig genutzt. Doch Kontrollen an Hotspots der illegalen Müllentsorgung laufen meist ins Leere.

Es ist ein Aufruf und klingt doch wie ein Versprechen: „Essen bleib(t) sauber!“ – Unter diesem Motto hat Oberbürgermeister Thomas Kufen dem wilden Müll den Kampf angesagt. Gut eineinhalb Jahre sind vergangen, seit der OB seinen Aktionsplan der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Jeder kann dazu beitragen, dass die Stadt sauberer wird, lautet die Botschaft. Zum Beispiel, in dem Bürger illegal entsorgten Abfall melden.

Seit November 2018 können die Essener dafür den „Mängelmelder“ nutzen. Die Essener machen davon rege Gebrauch. 19.100 Meldungen gingen im ersten Jahr nach Einführung der App bei der Stadt ein. „Beim Thema Sauberkeit sind wir alle gefragt, und das erste Jahr Mängelmelder-App zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger aufmerksam durch ihre Stadt gehen und sich engagiert dafür einsetzen, Essen jeden Tag ein bisschen sauberer zu machen“, zog OB Kufen Bilanz.

Die Zahl der Meldungen steht in krassem Missverhältnis zur Zahl der ermittelten Täter

Im krassen Missverhältnis dazu stehen jene Zahlen, die Stadt jüngst zur Überwachung sogenannter Hotspots vorgelegt hat. Damit sind Standorte von Sammelcontainern für Altglas, Papier und Altkleider gemeint, die nach Erfahrung der Entsorgungsbetriebe besonders häufig als illegaler Müllabladeplatz missbraucht werden. Vier solcher Standorte waren an sechs Tagen im Dezember vergangenen Jahres von Mitarbeitern der städtischen RGE Servicegesellschaft kontrolliert worden. Unterstützt wurden diese vom Ordnungsdienst der Stadt und von der Polizei.

Das Ziel sei es gewesen, Personen, die verbotener Weise Müll entsorgen, auf frischer Tat zu ertappen. Die Bilanz liest sich eher bescheiden. Zwar wurden nach Angaben der Stadt 25 Verstöße festgestellt. In neun Fällen seien Bußgelder in Höhe von bis zu 100 Euro verhängt worden. In fünf Fällen jedoch musste die Stadt das Bußgeldverfahren wieder einstellen, da die Täterschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Das Problem aus Sicht der Stadt: Stoßen die städtische Kontrolleure im Unrat auf Briefumschläge mit Namen und Adresse und damit auf Hinweise auf den möglichen Täter, reicht dies als Beweismittel nicht aus.

Den Fall „Schellenberger Wald“ hat die Polizei zurück an die Stadt gegeben

In dem mehrere Kubikmeter großen Müllhaufen, den Unbekannte Ende Januar im Schellenberger Wald nahe der Heisinger Straße hinterlassen hatten, fanden sich auch adressierte Umschläge. Die Polizei, die zunächst wegen eines Umweltdeliktes ermittelte, hat den Fall zurück ans Ordnungsamt gegeben, da es sich bei dem Unrat nicht um Gefahrenstoffe handelte. Ohne konkrete Hinweise auf den oder die Täter, dürfte auch dieser Fall im Sande verlaufen.

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Der Schellenberger Wald ist bislang nicht als Hotspot bekannt. Laut EBE gilt dies aber für stadtweit 70 bis 80 Container-Standorte. „Es dauert nicht lange, dann liegt da wieder was“ – auch Gerd Hampel, Bezirksbürgermeister für Steele und Kray, hat diese Erfahrung nach eigener Anschauung gemacht. Angesichts der übersichtlichen Bilanz der städtischen Kontrolleure, fordert Hampel, eine schärfere Überwachung der Hotspots durch den städtischen Ordnungsdienst – praktisch als Ergänzung zum „Mängelmelder“. Nur so ließen sich potenzielle Müllsünder abschrecken.

Wer genau hinschaut, dürfte die Müllermittler als solche leicht erkennen

Mehr Kontrollen? Stadtsprecherin Jasmin Trilling verweist auf den hohen personellen wie finanziellen Aufwand und warnt vor zu hohen Erwartungen. Schließlich lege sich nicht der Secret Service auf die Lauer. Tatsächlich positionieren sich zwei Mitarbeiter in einem städtischen Dienstwagen in Blickweite eines Hotspots und warten darauf, dass etwas passiert. Oder auch nicht. Die Kontrolleure tragen weder Schlapphut noch Trenchcoat. Und wer genau hinschaut, dem dürften die Müllermittler als solche auch auffallen.

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Dass der „Mängelmelder“ potenzielle Müllsünder sogar dazu animieren könnte, zur Tat zu schreiten, im Wissen, dass der Unrat bald abgefahren wird, will Jasmin Trilling nicht ausschließen. Belege dafür, dass es so ist, gibt es allerdings nicht.

Beim „Mängelmelder“ geht es aber nicht mehr allein um Müll. Seit Mitte Januar hat die Stadt die Funktionen der App erweitert. Bürger können der Verwaltung seitdem auch Schlaglöcher und andere Straßenschäden melden. Die Essener machen davon rege Gebrauch, verdeutlicht eine erste Bilanz.

Binnen vier Wochen gingen demnach 460 Meldungen ein. Bei 193 davon ging es um Schäden an der Fahrbahn. 72 Mal meldeten Bürger defekte Straßenlaternen. Gefährliche Stellen auf Wegen, Plätzen und Straßen waren 67 Mal Anlass, den Mängelmelder zu nutzen.

Per Online-Formular gehen jeden Monat durchschnittlich 200 Schadensmeldungen ein

Nach Angaben der Stadtverwaltung konnten bereits 308 „Fälle“ abgearbeitet werden. Nicht immer war die Stadt zuständig. 68 Schadensmeldungen wurden an andere Stellen weitergereicht, etwa an den Landesbetrieb Straßen NRW oder an die Deutsche Bahn. Zum Vergleich: Per Online-Formular werden der Verkehrsleitstelle der Stadt durchschnittlich jeden Monat 200 Schäden gemeldet.

Anhand der beigefügten Fotos können sich die Mitarbeiter ein schnelles Bild machen

Weitere 360 Schadensmeldungen erreichten die Stadt per E-Mail oder Telefon. Der Vorteil des „Mängelmelders“ besteht aus Sicht der zuständigen Verkehrsleitstelle darin, dass sich die Mitarbeiter anhand der beigefügten Fotos schnell ein Bild vom jeweiligen Schaden machen können. Eine Karte zeigt zudem präzise an, um welche Stelle im Straßenraum es geht.

Die Schäden, so heißt es, werden nach Dringlichkeit abgearbeitet. Sollten Bürger einen akuten Schaden melden wollen, der die Verkehrssicherheit gefährdet, bitte die Stadt aber weiterhin um eine telefonische Mitteilung unter 88 66 766.