Essen. Von „Katzenklo“ bis Konsumfragen: Helge Schneider lieferte in der Grugahalle das improvisierte Nonsens-Repertoire, das seine Fan-Gemeinde liebt.
Ein Mann sitzt auf einer Treppenstufe und sucht noch die richtige Haltung. Er bittet den Techniker um romantisches Dämmerlicht. Schließlich verrät der Kalender, dass heute Valentinstag ist. Eigentlich wäre diese alberne Angelegenheit nicht lustig. Aber sie ist zum Brüllen, wenn es Helge Schneider kalauert. Und so lachen die ersten in der rappelvollen Grugahalle in Essen, als diese Kunstfigur mit Vokuhila-Wuschel-Perücke und knallblauem Anzug sich noch zurechtrückt auf dieser rot glitzernden Show-Treppe – angeblich ein Geschenk von Karel Gott.
Schließlich singt Helge Schneider seinen romantischen Love-Song. Auch wenn keiner dieses Kauderwelsch versteht. Das Publikum lacht. Helge Schneider verrät, dass es sich um ein „türkisch-chinesisches Liebeslied“ handelt, letzte Woche aus dem Reich der Mitte mitgebracht. Das Lachen wird lauter. Helge Schneider hustest. Jetzt prusten alle los. Es ist diese Mischung aus Improvisation, Schabernack und viel Musik, vor allem Jazz, mit der Helge Schneider begeistert. Und diesen Stil pflegt er auch bei diesem Konzert im Rahmen der Tournee „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers!“.
Helge Schneider hat sich über Jahre zur Kult-Figur gemausert
Mit diesem bewährten Repertoire hat sich der gebürtige Mülheimer schließlich über Jahre zur Kult-Figur gemausert. Angefangen bei frühen Film-Projekten mit Regie-Ikonen wie Werner Nekes oder Christoph Schlingensief, schließlich kam der Durchbruch mit seinen Solo-Auftritten. Für den Erfolgt sorgten Hits wie „Katzenklo“ oder „Telefonmann“, absurde Titel, die auch an diesem Freitagabend zu hören sind.
Und was wäre eine Show mit Helge Schneider ohne Sergej Gleithmann, auch bekannt als „kleiner Meisenmann“? So darf der langjährige Wegbegleiter mit seinen Markenzeichen, dem langen zerzausten Bart, die Parodie eines Ausdruckstanzes zittern, die zu den Klassikern des Helge-Schneider-Kosmos gehört. Geballten Nonsens liefern beide bei dem Auftritt in Essen später auch in einem Duett: Der Komiker greift zur Elektrogitarre. Und findet zunächst nicht den Anschluss für den Stecker. Irgendwann passt es. Dann zückt Gleithmann eine Geige, die genauso zerfleddert ist wie sein Anzug. Dass er auf den Saiten eher sägt, gehört zum ironischen Spiel mit einer musikalischen Unfähigkeit.
Dreiköpfige Band begeistert mit Solo-Einlagen
Doch seine Auftritte sind natürlich immer ein Fest der Musik. So begeistert seine dreiköpfige Band mit Solo-Einlagen. Und auch der Entertainer selbst beherrscht Piano, Cello, Gitarre und andere Instrumente. Sein musikalisches Talent demonstriert er etwa am Klavier: mal einhändig, mal mit einem Fuß. Klamauk trifft hier können. Etwa wenn 64-jährige zusätzlich zu Rappel und Panflöte greift. Oder zu einem Heinrich-Heine-Band, der ziemlich zerfleddert aussieht, „kaputt gelesen“.„helgedelic“ auf der adler-bühne in rheinberg
Die Bühne ist hergerichtet als bunter Spielplatz mit Requisiten – für Musik und für Gags. Denn das Improvisationsprinzip des Jazz hat Schneider auf den Kabarett übertragen. Und da darf am Ende viel Nonsens herauskommen, selbst wenn der Unterhaltungskünstler ökologische Fragen des Konsums streift. So in einem Blues, der zunächst um den Verzicht auf Plastiktaschen geht: „Als ich dann ohne Tüte nach Hause ging, ging es mir gut.“ Denn er hatte nichts gekauft.