Essen. In diesem Jahr wird Komiker Helge Schneider 65 Jahre alt und geht auf Tournee. In Mülheim sprach er über Altes, Neues – und Smaragdkäfer.

Helge Schneider hat die deutsche Comedy nachhaltig geprägt und wird im August 2020 tatsächlich schon 65 Jahre alt. Seine Geburtstagstournee, die Mitte Februar beginnt, trägt den Titel „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers“. Olaf Neumann traf Schneider im Mülheimer Hotel Handelshof. Helge kommt eine halbe Stunde zu spät: Er geht so gern zu Fuß...

Herr Schneider, Ihre Geburtstagstournee heißt „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers“. Denken Sie manchmal ans Aufhören?

Helge Schneider: Im August werde ich 65. Danach kriege ich Rente. (lacht) Ich habe ja immer eingezahlt. Vielleicht reicht das dann ja auch für die Miete. Ich kann aber jetzt noch nicht aufhören. Ich habe schulpflichtige Kinder und jede Menge Garagen gemietet.

Wie werden Sie Ihren 65. feiern?

Ich habe meinen 50. gefeiert. Das muss reichen. An meinem letzten Geburtstag war ich auf Tournee. Es ist immer schön, wenn ich dann arbeiten kann, weil ich nicht so gerne Geburtstag feiere. Man muss hinterher immer aufräumen.

Sie wollen wirklich bis zu Ihrem 100. Geburtstag auf Tour gehen?

Ja mindestens! Ich halte mich fit, indem ich spazieren gehe. Ich laufe unheimlich gerne. Eine Zeitlang war ich rudern, aber das Boot muss dringend gestrichen werden.

Sind Sie ein Getriebener?

Als Künstler hat man immer das Gefühl, noch etwas anderes machen zu müssen, zum Beispiel eine Schallplatte. Da sitze ich jetzt auch wieder dran. Ich habe schon ein paar schöne Songs fertig. Komischerweise fällt mir manchmal etwas ein.

In den Titel „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers“ lässt sich viel hineininterpretieren. Was haben Sie sich dabei gedacht?

Ich bemühe mich manchmal, vor der Tournee dem Motto auch gerecht zu werden. Ich habe ein Lied gemacht, das diesen Titel trägt. Es handelt vom Smaragdkäfer, der die Erde beherrschte, als die Menschen noch krochen. Dann wurde er von ihnen eliminiert, aber jetzt kommt er zurück. Er ist ein Hoffnungsträger, kann aber genauso gut das Gegenteil bedeuten.

Fühlen Sie sich manchmal wie ein vom Aussterben bedrohtes Insekt?

Ich habe mich schon gefragt, wo Leute sind, die so etwas machen wie ich. Als ich anfing, gab es noch viele Jugendclubs mit Live-Musik. Ich habe gehört, in Japan rasen die Leute inzwischen in Konzerthallen, in denen Avatare auf der Bühne stehen. Künstliche Figuren, die Musik machen. Ich finde nicht so gut, vor zu vielen Leuten zu spielen, zum Beispiel in einem Stadion, was ich auch schon mal mit Udo Lindenberg gemacht habe. Für mich kommen solche Auftritte nicht infrage. Ich kann in einem Stadion nicht das vermitteln, was ich in einem kleineren Rahmen tue.

Und Ihnen fallen immer wieder neue Lieder ein?

Ja. Bei einem Lied singe ich zum Beispiel immer nur „Yeah“. Zuerst habe ich nur Schlagzeug gespielt, und anschließend zwei Akkorde auf der Gitarre dazu erfunden. Unser Gitarrist Gottfried Puffotter aus Österreich meinte, das sei die Titelmelodie vom blaugrünen Smaragdkäfer. Jede Tour ist anders, aber manche Themen tauchen immer wieder auf. Zum Beispiel „Katzeklo“.

Bei Ihren letzten Tournee war „Katzeklo“ kaum wiederzuerkennen.

Ja natürlich, sonst wird es mir ja selbst langweilig. Ich singe doch nicht immer dieselben Texte.

Bekommen Sie noch häufig Anfragen von Firmen, die „Katzeklo“ gern als Werbemelodie haben möchten?

Das interessiert mich gar nicht. Angebote von Werbetypen habe ich immer abgelehnt. Es fragen auch nicht mehr viele, weil heutzutage ein anderer musikalischer Style vorherrscht. Die moderne Musik ist niederschmetternd. Ich habe das Gefühl, dass man heutzutage schnell aus dem Geschäft ist, wenn man den üblichen Anforderungen nicht genügt.

Qualität wird sich immer durchsetzen – stimmt das?

Wenn die Qualität durchhält, wird sie sich auch durchsetzen. Aber oft zerstören die modernen Zeiten die Qualität wieder. In unserer Billiglohnzeit können sich viele gar keine Qualität leisten. Dadurch spielt sie heute nicht mehr dieselbe Rolle wie früher. Aber irgendwann vielleicht wieder, wie der blaugrüne Smaragdkäfer.