Essen. Die Ruhrbahn will in Essen mit Bussen „on demand“ an den Start gehen. Fahrten werden per App gebucht. Die Fahrzeuge sollen ein Hingucker sein.
Michael Feller hört es immer wieder: Mit Bus und Bahn kommt man in Essen zwar überall hin, aber vielleicht nicht mehr zurück. Der Vorstand der Ruhrbahn rollt dann genervt mit den Augen, muss aber zugeben: Es gibt Lücken im Netz. Vor allem am späten Abend an Wochenenden, wenn die Leute ausgehen und aufs eigene Auto gerne verzichten würden. Die Ruhrbahn will diese Lücken nun schließen. Wie? Mit Kleinbussen „on demand“, die nicht nach Fahrplan fahren, sondern auf Abruf eben, wenn es die Kunden wünschen.
In zahlreichen Städten gibt es so etwas schon. In München fahren sie auf den „Isar-Tiger“ ab, in Berlin auf den „Berl-König“, und in Duisburg ist schlicht „My Bus“ unterwegs. Nun steht auch die Ruhrbahn in den Startlöchern. Das kommunale Verkehrsunternehmen möchte Busse „on demand“ in einem zweijährigen Pilotprojekt testen. Ein Konzept liegt vor, ein Antrag auf Fördergelder aus dem Bundesprogramm für saubere Luft wurde bereits im September vergangenen Jahres gestellt. Nun warten sie im Erzhof, dem Sitz der Ruhrbahn, nur noch auf grünes Licht aus Berlin. Dann könnte es auch schon bald losgehen, sagt Projektleiter Georg Grindau. Wenn auch nicht in der ganzen Stadt.
Busse on demand fahren zunächst nicht in der ganzen Stadt Essen
Für das Pilotprojekt hat die Ruhrbahn zunächst ein 37 Quadratkilometer großes Gebiet rund um den Großraum Rüttenscheid abgesteckt. Die Auswertung von Mobilfunkdaten ergab, dass Busse „on demand“ vor allem dort ihre Nachfrage finden dürften, was keine große Überraschung ist. Wo sonst sind so viele Nachtschwärmer unterwegs?
Und so funktioniert’s: Der Kunde bucht eine Fahrt über eine App auf dem Smartphone und erfährt, wann und wo der Bus abfährt. Rund 2300 virtuelle Haltestellen gibt es. Das können Straßenkreuzungen sein oder markante Orte. Die nächste Haltestelle ist nie weiter entfernt als 250 Meter. Maximal 25 Minuten nach der Buchung soll der Kunde im Bus sitzen. Dessen Fahrer sammelt bis zu sechs Passagiere ein und wählt die kürzeste Route. Das heißt: Wer als Erster zusteigt, steigt nicht unbedingt auch zuerst aus. „Wir bieten keine Einzelfahrten an. Wir wollen die Leute zusammenbringen auch aus Umweltgründen“, betont Ruhrbahn-Vorstand Feller. Jeder einzelne muss also Umwege durchaus in Kauf nehmen.
Das Pilotprojekt
Die Ruhrbahn beziffert die Kosten für das auf zwei Jahre angelegte Pilotprojekt auf 800.000 Euro. In Aussicht stehe eine finanzielle Förderung des Bundes zwischen 40 und 70 Prozent. Die Stadt muss dem Projekt noch zustimmen, ebenso die Bezirksregierung Düsseldorf.
Sollte Berlin wie erwartet grünes Licht geben, dürfte es nach Einschätzung der Ruhrbahn noch ein halbes Jahr dauern, bis Fahrten „on demand“ gebucht werden können. Die Fahrpreise gibt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vor.
Anders als ein Taxi fährt der „Bus on demand“ also nicht von Tür zu Tür, sondern immer nur zu der virtuellen Haltestelle, die dem gewünschten Ziel am nächsten liegt. Gezahlt wird auch nicht beim Fahrer, sondern mit der Buchung über die App. Kunden müssen sich deshalb vorher registrieren. Die günstigste Fahrt bis zwei Kilometer Luftlinie kostet laut Tarif 3,20 Euro.
Busse auf Abruf sollen auch ein Beitrag zur Verkehrswende sein
Die Ruhrbahn will zunächst mit fünf Fahrzeugen starten und denkt dabei an Elektro-Fahrzeuge. Favorit ist ein Modell, dass an die berühmten London-Taxis erinnert, ein echter Hingucker eben. Auch das ist erwünscht. Sie sollen zunächst nur freitags und samstags zwischen 19 Uhr und zwei Uhr nachts unterwegs sein. Aber dabei soll es nicht bleiben.
Laut Michael Feller soll das Angebot ein Beitrag zur Verkehrswende sein. Autofahrer sollen sich aus einem „Mobilitätsmix“ bedienen, sollen wählen können zwischen Bus, Bahn, Leihauto, Leihfahrrad und eben dem „Bus on demand“ auf Abruf. Bei der Ruhrbahn sind sie selbst gespannt darauf, ob die Essener sich darauf einlassen. „So richtig spannend“, sagt Feller, „wird es erst, wenn die Kisten auch noch autonom fahren“. Ein Bus auf Abruf, aber ohne Fahrer. Das klingt nach Zukunftsmusik. Noch.