Essen. Carsharing-Anbieter sollen sich bei der Stadt Essen um Stellplätze bewerben können. Ein Anbieter hat bereits konkrete Stadtteile im Blick.

Wenn es um Carsharing geht, fährt Essen der Musik hinterher. Die spielt in Köln oder Düsseldorf. Nun will die Stadt aufholen und weitere feste Stellplätze für Carsharing-Mobile einrichten. Wo genau und wie viele – das hängt von den Anbietern ab. Das Unternehmen Stadtmobil, laut Geschäftsführer Matthias Kall mit 60 Fahrzeugen Marktführer in Essen, steht bereits in den Startlöchern und will Carsharing bald auch in Heisingen, Stadtwald, Kupferdreh und Huttrop anbieten.

Hintergrund des Vorstoßes der Verwaltung, über den die politischen Gremien des Stadtrates im kommenden Monat beraten, ist eine vom Landtag 2019 beschlossene Änderung des Straßen- und Wegegesetzes NRW. Diese erlaubt es den Kommunen, an allen öffentlichen Straßen Stellplätze fürs Carsharing auszuweisen. Grund genug für die Stadt Essen, die angesichts der bisherigen Rechtslage geübte Zurückhaltung abzulegen. Noch müssen sich Carsharing-Firmen private Flächen anmieten. Nun soll ihnen auch der öffentliche Straßenraum offen stehen.

Die Stadt Essen will auf 500 x 500 Metern maximal vier Carsharing-Plätze

Carsharing-Plätze will die Stadt nach demselben Verfahren anbieten, das sich nach Einschätzung der Verwaltung bereits bei der Auswahl von Standorten für Elektro-Ladesäulen bewährt hat. Dafür wird ein Raster aus 500 mal 500 Meter großen Quadraten über das Stadtgebiet gelegt. In jedem Quadrat soll es maximal vier Stellplätze für Carsharing-Mobile geben, davon nicht mehr als zwei von demselben Anbieter. Carsharing-Unternehmen sollen sich um eine Sondernutzungserlaubnis für maximal acht Jahre bewerben können. Sollte die Nachfrage weit größer sein als das Angebot, müsse es bei vier Stellplätzen nicht bleiben.

Matthias Kall von Stadtmobil hätte sich nach eigenen Worten gewünscht, die Stadt würde sich gerade für dicht besiedelte Viertel ambitioniertere Ziele setzen. Dennoch zeigt er Verständnis dafür, dass die Stadt Carsharing „in homöopathischen Dosen“ ausbauen möchte. Hat die Erfahrung doch gezeigt, dass in Quartieren, wo Parkplätze knapp sind, der Widerstand groß ist, wenn Stellplätze zugunsten von Carsharing-Fahrzeugen wegfallen sollen. Er habe das von der Verwaltung abgesteckte 500-Meter-Raster auch deshalb einmal über probeweise Rüttenscheid gelegt, berichtet Matthias Kall. Das Ergebnis: „Auf 1700 Pkw mit entsprechenden Parkmöglichkeiten kommen vier Carsharing-Plätze. Ich halte das für vertretbar.“

Essen und das Ruhrgebiet gelten als schwieriger Markt fürs Carsharing

Die Stadt setzt darauf, dass Anwohner auf ein eigenes Auto verzichten, wenn sie dafür ein Carsharing-Angebot in der Nähe nutzen können. Die Ausweisung von Stellplätzen sei auch ein Beitrag zur Mobilitätswende, betont Essens Umweltdezernentin Simone Raskob. Die Verwaltung verweist auf diverse Studien: Demnach ersetze ein Carsharing-Fahrzeug zwischen 8 und 14 Privatfahrzeuge. In Rüttenscheid, Holsterhausen, Frohnhausen und im Südviertel mag diese Rechnung aufgehen. Sonst gilt Essen wie das gesamte Ruhrgebiet als schwieriger Markt. Das hat zu einem sozio-ökonomische Gründe, weiß Kall. „Das eigene Auto ist für viele auch ein Statussymbol. Deshalb genießt es einen hohen Stellenwert.“ Zum anderen sei der Parkdruck in vielen historisch gewachsenen Siedlungen nicht so hoch, dass man keinen Parkplatz finden würde.

Stadt will Elektro-Fahrzeuge bevorzugen

Bei der Vergabe von Stellplätzen fürs Carsharing will die Stadt Anbieter mit Elektro-Autos gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren bevorzugen. die Stellplätze sollen aber nicht an einzelne bestimmte Fahrzeuge gebunden sein.

Für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis soll der Carsharing-Anbieter pro Stellplatz eine Gebühr von 20 Euro pro Monat zahlen. Stellplätze an Mobilstationen sollen gebührenfrei vergeben werden.

Der Bau- und Verkehrsausschuss entscheidet am 13. Februar.

Gleichwohl sieht Kall gute Chancen, dass Carsharing auch weniger dicht besiedelten Stadtteilen seine Nutzer finden wird. „In Kupferdreh eröffnen wir bald mit der Ruhrbahn eine Mobilstation.“ In Huttrop sei eine weitere in Planung. Auch in Heisingen und Stadtwald will Stadtmobil an den Start gehen. Schon im vergangenen Sommer habe er Anträge für rund zehn Stellplätze gestellt, berichtet Kall und freut sich, dass offenbar Bewegung in die Sache kommt.