Essen. Die Stadt Essen muss 1000 Euro Zwangsgeld an die Landesjustizkasse zahlen. Sie konnte einer Familie keinen Kitaplatz anbieten.
Die Stadt Essen muss erstmals Strafe zahlen, weil es nicht genügend Kita-Plätze im Stadtgebiet gibt. Im Fall einer Familie aus dem Essener Süden, die einen Betreuungsplatz eingeklagt hatte, konnte die Stadt kein passendes Angebot machen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied deshalb in dieser Woche, dass die Kommune 1000 Euro an die Landesjustizkasse überweisen muss. Dieses so genannte „Zwangsgeld“ kann beliebig oft von einem Kläger beantragt werden und bis zu 10.000 Euro pro Zahlung betragen.
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2000 Betreuungsplätze in Essen fehlen
„Dass Essen tatsächlich Zwangsgeld wegen eines nicht erfüllten Rechtsanspruchs zahlen muss, hat es bislang noch nicht gegeben“, bestätigte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts am Freitag. In Essen fehlen etwa 2000 Betreuungsplätze für Kinder zwischen einem und sechs Jahren. Für Kinder in diesem Alter gibt es einen Rechtsanpruch, den Eltern geltend machen können.
Obwohl die Zahl der fehlenden Kitaplätze im Stadtgebiet relativ hoch ist, nehmen sich bislang nur relativ wenig Väter und Mütter einen Anwalt, um einen Betreuungsplatz einzuklagen. Die Zahl der Klagen, mit denen die Stadt in den letzten Jahren regelmäßig konfrontiert ist, liegt konstant im mittleren zweistelligen Bereich. Derzeit gebe es 67 Klagen von Eltern auf einen Betreuungsplatz, berichtet Stadt-Sprecherin Jasmin Trilling.
Eltern berichteten in der Vergangenheit, dass meistens die Ankündigung einer Klage reichte, um nach langer Suche doch einen Betreuungsplatz zu erhalten. „Wenn das nicht funktionierte, war bislang als letzter Schritt die Androhung des Zwangsgeldes erforderlich“, berichtet der Kölner Anwalt Felix Winkler, der für die Familie aus dem Essener Süden jetzt das Urteil des Verwaltungsgerichtes erstritt.
Wohnort, Alter, Zeitkontingent: Faktoren passten einfach nicht
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„Es ist uns in diesem Fall trotz intensivster Bemühungen nicht gelungen, ein passendes Angebot zu unterbreiten“, sagt Stadt-Sprecherin Jasmin Trilling. Nicht nur die Nähe der Einrichtung zum Wohnort – in der Regel nicht mehr als fünf Kilometer – sei entscheidend, sondern auch das passende Stunden-Kontingent und das Alter des Kindes seien die Faktoren, die zählten. „Wir suchen weiter für diese Familie“, betont Jasmin Trilling. „Von der Zahlung des Zwangsgeldes haben die Eltern keinen Vorteil.“ Anwalt Felix Winkler plant bereits, die Stadt Essen zu einer zweiten Zahlung zu verpflichten, die entsprechend höher ausfallen soll. Ob Essen künftig weitere Zwangsgelder zahlen muss, entscheidet jeweils das Verwaltungsgericht.
Im Sommer 2021 soll es nur noch 1000 fehlende Plätze geben
Die Zahl fehlender Kitaplätze soll bis Ende Juli 2021 auf unter 1000 sinken, heißt es beim Jugendamt. Allein im laufenden Kindergartenjahr, das im Juli 2020 endet, würden knapp 1000 Plätze geschaffen. Fünf Kitas seien derzeit im Bau; bis Ende 2026 sollen 26 neue Betreuungseinrichtungen entstehen.
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Um neue Kitas zu bauen, benötigt die Stadt nicht nur Flächen und Gebäude. Seit dem Frühjahr 2019 gibt es regelmäßige „Kitagipfel“-Treffen, in denen vor allem Gebäudeeigentümer dazu ermuntert werden sollen, ihre Häuser für Kitas oder die Einrichtung von Tagespflege-Stellen zu öffnen. Entsprechende Verfahren für amtliche Nutzungsänderungen seien zuletzt beschleunigt worden, heißt es.